Konstruktiv, glaubwürdig, versöhnlich Lob für Obamas Kairo-Rede
04.06.2009, 19:11 Uhr
Überall in der Welt wurde Obamas Rede verfolgt.
(Foto: AP)
Die mit Spannung erwartete Grundsatzrede Obamas in Kairo erntet in der arabischen Welt größtenteils Lob. Der US-Präsident habe eine "historische Friedensbotschaft" ausgesandt, heißt es. Israel begrüßt die Rede, betont aber, "an erster Stelle" stehe die Sicherheit des Landes. Rechtsgerichtete Rabbiner üben scharfe Kritik an Obamas Forderung nach einem Stopp des Siedlungsbaus.
US-Präsident Barack Obama ist mit seiner weltweit beachteten Rede an die muslimische Welt auf ein überwiegend positives Echo gestoßen. In der ägyptischen Hauptstadt Kairo rief Obama die Muslime zu einem Neuanfang in gegenseitigem Respekt. Vor seinem Besuch in Deutschland, wo Obama das ehemalige KZ Buchenwald besuchen will, sprach er sich für eine entschlossene Ablehnung von Antisemitismus aus.
Die USA und der Islam schlössen sich nicht gegenseitig aus, vielmehr hätten sie gemeinsame Grundsätze wie Gerechtigkeit, Toleranz und die Würde jedes einzelnen Menschen, sagte Obama vor etwa 3000 geladenen Gästen in der Universität von Kairo. Zugleich betonte er, die USA würden Gewalt niemals hinnehmen, und erinnerte an die islamistischen Terror-Anschläge in den USA vom 11. September 2001.
Obama machte sich in seiner Ansprache für einen eigenständigen Palästinenserstaat stark. Israel forderte er erneut auf, den Siedlungsbau in den Palästinensergebieten zu stoppen. Zugleich bekräftigte der US-Präsident, die Verbindungen zwischen den USA und Israel seien "unverbrüchlich".
Sicherheit "an erster Stelle"
Die israelische Regierung erklärte, sie hoffe nach Obamas Rede auf eine "Versöhnung zwischen der arabisch-muslimischen Welt und Israel". Für Israel stünde aber die Sicherheit des Landes "an erster Stelle". Israelische Experten vermissten eine "klare These". Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erklärte, der US-Präsident habe mit der bisherigen "parteiischen" Politik zugunsten Israels gebrochen. Die im Gazastreifen herrschende Hamas kritisierte hingegen "Widersprüche" in Obamas Rede.
Rechtsgerichtete Rabbiner in Israel übten scharfe Kritik an Obamas Aufruf zu einem Siedlungsstopp in den Palästinensergebieten. Das ultrarechte Eretz-Israel-Komitee teilte mit: "Wer dem Land Israel schadet, gefährdet seine Zukunft." Das Komitee unter Leitung von Rabbi Schalom Dov Wolfa tritt für die Interessen israelischer Siedler ein. "Der Versuch, dem Land Israel zu schaden, wird Unglück über Amerika bringen."
Obamas Äußerungen seien keine Lösung für Frieden und Sicherheit, hieß es nach israelischen Medienberichten in der Mitteilung. "Ein palästinensischer Staat und die Räumung von Siedlungen in Judäa und Samaria (Westjordanland) widerspricht dem göttlichen Gebot, dass das Land Israel nur dem Volk Israel gehört."
Grundlage gemeinsamer Werte und Interessen
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier begrüßte die Ansprache als wichtigen Beitrag zur Verständigung mit der muslimischen Welt. Obama habe sich "eindeutig und mit großer persönlicher Glaubwürdigkeit für einen Dialog mit der muslimischen Welt auf der Grundlage gemeinsamer Werte und Interessen ausgesprochen". Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana erklärte, mit Obamas Rede werde "eine neue Seite in den Beziehungen zur arabisch-muslimischen Welt" aufgeschlagen.
Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte die Bemühungen Obamas um bessere Beziehungen zur islamischen Welt. "Sein Erfolg wäre ein Erfolg für den Weltfrieden, würde das Verhältnis zwischen islamischen Ländern und dem Okzident stabilisieren und läge im Interesse Europas, Deutschlands und der jüdischen Gemeinden rund um den Globus. Als Juden teilen wir die Vision einer Welt, in der die Menschen Demokratie und Religionsfreiheit genießen", sagte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer, der "Rheinischen Post".
Paradigmenwechsel der US-Politik
"Wir danken Obama für diese historische Friedensbotschaft", sagte der Mufti von Syrien, Scheich Ahmed Badreddin Hassun, in Damaskus. Vor allem, dass Obama das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat betont habe, sei wichtig.
Der syrische Politologe Sami Mobeid erklärte: "Diese Rede stellt einen Paradigmenwechsel in der amerikanischen Politik dar." Obama habe, im Gegensatz zu seinem Vorgänger George W. Bush, nicht die Absicht, den Völkern der Welt die Demokratie mit Gewalt aufzuzwingen.

... und in der israelischen Siedlung Ofra im Westjordanland wurde die Grundsatzrede verfolgt.
(Foto: AP)
Der Assistent der Generalsekretärs der Arabischen Liga für palästinensische Angelegenheiten, Mohammed Sobeih, sagte, Obama habe eine "Rede der Versöhnung" gehalten. Die Araber und die Muslime seien gut beraten, diese Chance zu ergreifen. Dazu gehöre auch, dass sich die Palästinenser, die Araber und die Muslime jeweils um eine gemeinsame Haltung zu den wichtigen Fragen bemühten.
Der irakische Parlamentarier Jonadam Kana sprach von einer "positiven und umfassenden Rede". Obama werbe für mehr Sicherheit und Stabilität in der Welt. "Wir begrüßen, dass der US-Präsident zu einem Truppenabzug gemäß dem (noch unter seinem Vorgänger Bush unterzeichneten) Sicherheitsabkommen mit dem Irak aufgerufen hat", fügte der christliche Politiker hinzu.
"Konstruktiver" Präsident
Der türkische Staatschef Abdullah Gül lobte Obama als "konstruktiven" Präsidenten, mit dem die muslimischen Länder eine Partnerschaft für Frieden und Stabilität eingehen könnten. Sein afghanischer Kollege Hamid Karsai bezeichnete die "Gesamtaussage" der Rede als "sehr wichtig". Unter Obamas Vorgänger George W. Bush war das Ansehen der USA in der islamischen Welt durch den Irak-Krieg und die Einrichtung des US-Gefangenenlagers Guantanamo erheblich gesunken.
Vor seinem Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald am Freitag rief Obama zudem zur entschlossenen Ablehnung von Antisemitismus auf. Versuche zur Leugnung des Holocaust seien "grundlos, ignorant und hasserfüllt", sagte Obama in seiner Ansprache.
Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa