Politik

Promi-Talk über das Quadrell "Man hat irgendwie die Entscheidung zwischen Pest und Cholera"

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Bei RTL und ntv kamen Friedrich Merz, Olaf Scholz, Robert Habeck und Alice Weidel zusammen.

Bei RTL und ntv kamen Friedrich Merz, Olaf Scholz, Robert Habeck und Alice Weidel zusammen.

(Foto: IMAGO/Sven Simon)

Nach dem Quadrell am Sonntagabend lädt sich Moderatorin Frauke Ludowig prominente Gäste ein. Sie haben eine schwere Aufgabe, denn sie sollen die Wahldiskussion bewerten.

Er kann es noch immer: Günther Jauch. Nach zehn Jahren kehrt er in den Politikjournalismus zurück. Seine Stimme ist hörbar angegriffen: Eine Erkältung hat ihn erwischt, wie viele von uns in diesen Tagen. Doch Kollegin Pinar Atalay und Jauch moderieren gemeinsam dieses erste Fernseh-Quadrell so routiniert, als hätten sie das schon jahrelang miteinander gemacht.

Wie also haben sich die vier Kandidaten Friedrich Merz, Olaf Scholz, Robert Habeck und Alice Weidel geschlagen? Das Meinungsinstitut Forsa hat Zuschauer befragt. Das Ergebnis: Friedrich Merz liegt ganz vorn mit 32 Prozent Zustimmung. 42 Prozent der Befragten trauen ihm auch zu, Deutschland führen zu können. Dahinter liegt Olaf Scholz mit 25 Prozent, Habeck und Weidel erreichen je 18 Prozent Zustimmung. Das sei so ziemlich das Bild der Parteien aus den letzten Umfragen, sagt der ehemalige RTL-Journalist und RTL-News-Frontmann Peter Kloeppel.

Recht gut kommt Bundeskanzler Olaf Scholz bei RTL- und ntv-Politikchef Nikolaus Blome an. "Er war vielleicht nicht der Beste am Abend", sagt er, doch Scholz sei aus sich herausgegangen, habe auch mal angegriffen und sogar ab und zu ein wenig gelacht. "Vielleicht ist er auch einfach nur befreit, weil er ahnt, dass es nichts mehr werden wird mit seiner Kanzlerschaft", mutmaßt Blome.

Das Quadrell im Liveticker hier

"Mir hat es nicht gereicht", sagt Moderatorin Ruth Moschner. Irritiert sei sie von Friedrich Merz gewesen. "Ich habe immer das Gefühl, dass er sich sehr zusammenreißt in den Sendungen und dass da schon auch ein kleiner Choleriker in ihm steckt, was man auch in den Reden im Bundestag sieht", so Moschner. Sie findet das unangemessen für einen Staatsmann, der auch Gespräche mit einem US-Präsidenten Donald Trump führen muss. "Ich glaube, dass man gerade auch bei einem Trump einen anderen Ton finden muss, um überhaupt einen kleinen Fuß in die Tür zu bekommen."

Moderatorin Panagiota Petridou sieht das völlig anders. Sie mag Menschen mit Ecken und Kanten und findet Merz nicht schlecht. Er habe das berühmte Kanzlerformat, sagt auch Moderator Micky Beisenherz. Robert Habeck dagegen habe weniger Vertrauen bei den Zuschauern, weil er das Gesicht einer schwachen Wirtschaftsleistung sei. "Er hat offenbar nicht die Rhetorik, dass es bei vielen Leuten zu Hause so ankommt, dass sie das Gefühl haben, der reißt jetzt das Ruder rum."

Kloeppel spielt auf die unentschlossenen Wähler an. Er sieht die Leistung des amtierenden Bundeskanzlers positiv und kann sich vorstellen, dass sich der eine oder andere dazu entschlossen haben könnte, seine Stimme für die SPD von Scholz zu geben. Er spricht von einem "Kanzler, der auch kämpfen möchte". Doch auch er glaubt, genau wie Blome, der Kampf sei aussichtslos. "Er kommt zu spät", so Blome.

Angesichts der aktuellen Krisen hält Tänzer und "Let's Dance"-Juror Joachim Llambi Friedrich Merz für die bessere Wahl. Merz kenne die USA und habe dort die größte Möglichkeit, etwas zu bewirken. Grade in den wirtschaftlichen Fragen und dem Standing sei er der einzige der vier Kandidaten, der US-Präsident Trump die Stirn bieten könne.

An jungen Menschen vorbeigeredet?

Eine interessante Diskussion beginnt, nachdem kurz Lili-Mari, die Tochter von Schauspielerin Janin Kunze, zugeschaltet wird. Die 22-Jährige ist von dem Quadrell nicht so begeistert gewesen, vergleicht die Diskussion an einigen Stellen mit einem "Streit auf dem Schulhof". Sie weiß nicht, wen sie wählen soll. "Man hat irgendwie die Entscheidung zwischen Pest und Cholera", sagt sie.

Auch Joachim Llambi hört jungen Menschen ganz besonders zu. Vor allem seiner Tochter Katharina, die sich ihre Informationen bei den gängigen Social-Media-Netzwerken beschafft. Dort sei die AfD sehr dominant und die Linke, sagt Llambi. Mit ihrem lauten und fordernden Auftreten könne sie die jungen Zuschauer überzeugen. "Das ist das, was die jungen Leute wollen", so Llambi. Er fordert: "Wir müssen dazu kommen, dass wir über Inhalte reden. Auch die jungen Leute müssen sich die Inhalte anschauen."

"Ich glaube, dass da die jungen Leute eher enttäuscht aus der Sendung herausgegangen sind", kritisiert Peter Kloeppel. "Die interessieren sich für Klimawandel, für Ausbildung und Bildung, für Jobs und für Wohnungsbau." Gesprochen worden sei an dem Abend jedoch über die Zusammenarbeit mit der AfD, Wirtschaft, Schuldenbremse, Rente. "Wenn wir junge Menschen für Politik interessieren wollen, müssen wir sie mit den Themen kriegen, für die sie sich jetzt interessieren, weil sie davon betroffen sind."

Blome weist darauf hin, dass auch das Thema AfD für junge Leute wichtig sei. Die hätten zum ersten Mal das Gefühl, dass in diesem Land etwas kippen könne. "Die jungen Leute fragen sich, ob die CDU die Mauer zur AfD hält."

Promis bewerten Sympathie

Ein interessantes Ergebnis kommt heraus, wenn man nach den sympathischsten Politikern des Abends fragt. RTL und ntv haben auch das getan. Laut einer Blitzumfrage des Meinungsforschungsinstitutes Forsa hat Robert Habeck mit 34 Prozent die höchsten Sympathiewerte. Friedrich Merz erreicht 23, Scholz 19 und Weidel 17 Prozent. Panagiota Petridou kann das bestätigen. Für sie hat Sympathie viel mit Körpersprache zu tun, und sie habe festgestellt, dass Habeck oft sehr mimikreich zugehört habe. Beisenherz ist sein süffisantes Lächeln aufgefallen. Panagiota Petridou kritisiert das "Zuhörgesicht" von Scholz, das auf sie wegen der hängenden Unterlippe sehr traurig wirkt.

Dabei sei Sympathie für die Wahlentscheidung sehr wichtig, sagt Blome. "Sympathie ist die Vorstufe von Vertrauen." Bei dieser Wahl sei das jedoch anders, so Llambi. Der Wahlkampf sei sehr kurz und viele Menschen seien es leid, was in den letzten drei Jahren passiert sei. "Die Leute wollen nicht vier weitere Jahre so ein Rumstrampeln, wie die Ampel das gemacht hat", so Llambi. Die Wähler erwarteten jetzt eine Ansage. "Am Ende des Tages werden die Parteien gewählt und nicht die Kandidaten, weil die Parteien den Kanzler erst wählen."

Beisenherz bringt es dann auf den Punkt: "Aber wir dürfen alle gottfroh sein, dass die AfD kreuzunsympathisches Spitzenpersonal hat. Denn eine Person, die gewinnend, sympathisch und witzig wäre, da würden wir hier über ganz andere Prozentzahlen reden."

"Und die Gefahr ist, dass sie bei der nächsten Wahl so jemanden haben", wirft Kloeppel ein. "Aber das Wichtigste heute Abend ist, dass die Demokratie gestärkt wird", sagt Kinderpsychologin Katharina Saalfrank, die kurz in die Sendung geschaltet wird. Und wer wollte ihr da widersprechen.

Quelle: ntv.de

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