Politik

Weitere Nowitschok-Vergiftung May: "Kein Stein bleibt auf dem anderen"

Ein Paar ist im britischen Amesbury scheinbar zufällig Opfer des Nervengifts Nowitschok geworden.

Ein Paar ist im britischen Amesbury scheinbar zufällig Opfer des Nervengifts Nowitschok geworden.

(Foto: REUTERS)

Ein britisches Paar liegt mit einer lebensgefährlichen Vergiftung im Krankenhaus. Wie schon im Fall des Ex-Doppelagenten Skripal soll der Stoff Nowitschok schuld daran sein. Die britische Premierministerin nennt den neuen Fall "beunruhigend" - und fordert Aufklärung.

Nach den zwei weiteren Nowitschok-Vergiftungsfällen in England flammt der Streit zwischen Großbritannien und Russland wieder auf. Die britische Premierministerin Theresa May kündigte eine umfassende Untersuchung an. "Die Polizei, das weiß ich, wird keinen Stein auf dem anderen lassen", sagte May zum Auftakt ihres Treffens mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Der neue Fall sei "zutiefst beunruhigend".

Schon zuvor hatte die britische Regierung Moskau aufgefordert, Details über den Einsatz des Nervengiftes gegen den früheren Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter Julia im März zu übermitteln. Offenbar will sie dadurch klären, ob das am Samstag nahe der Stadt Salisbury, wo die Skripals attackiert wurden, entdeckte vergiftete Paar zufällig mit der Substanz in Berührung kam. Russland hat wiederholt erklärt, nichts mit dem Angriff auf Skripal und dessen Tochter Julia zu tun zu haben.

Bei den neuen Vergiftungsopfern handelt es sich den Behörden zufolge um einen 45-jährigen Mann und eine 44-jährige Frau, die britische Staatsbürger seien. Sie werden in einer Klinik behandelt. Britischen Angaben zufolge kam dieselbe Zusammensetzung des Nervengiftes Nowitschok zum Einsatz wie beim Anschlag auf Skripal. Ob es sich um dieselbe Charge handele, sei noch nicht geklärt, sagte Innenminister Sajid Javid. Der Fall Skripal hatte schwere diplomatische Spannungen zwischen Russland und Großbritannien ausgelöst, das von seinen Verbündeten Rückendeckung erhielt.

Kein gezielter Anschlag

Sicherheitsminister Ben Wallace sagte der BBC, Russland könnte einige der Wissenslücken schließen, an denen die Behörden arbeiteten: "Die Russen können alle Hinweise ergänzen, um die Sicherheit der Menschen zu bewahren." Das mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftete Paar aus Amesbury ist vermutlich nicht Opfer eines gezielten Anschlags geworden, so Wallace weiter. Experten halten es für möglich, dass der Mann und die Frau mit einem kontaminierten Gegenstand in Kontakt kamen, der beim Anschlag auf die Skripals genutzt worden war.

"Das damals verwendete Nowitschok war sehr rein - und das erhöht die Lagerfähigkeit", sagte der Chemiewaffenexperte Ralf Trapp. Die bei den Skripals verwendete Substanz war Trapp zufolge ein hochgereinigter Kampfstoff aus einem Labor, der noch viele Jahre wirksam sein könnte. Daher sei es durchaus denkbar, dass im neuen Fall das Paar etwa mit Nowitschok-Resten an einem Transportgefäß unabsichtlich in Berührung gekommen sei.

May spricht mit Merkel

"Bislang ist das aber nur ein Szenario. Es fehlen noch Fakten", betonte der Toxikologe und Chemiker, der als unabhängiger Berater unter anderem für die Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) und die Vereinten Nationen arbeitete. Für Panik in der südenglischen Region gebe es keinen Grund. Der vor dem Anschlag auf die Skripals verwendete Behälter zur Aufbewahrung des Nervengifts sei bis heute nicht gefunden worden, berichtete die Nachrichtenagentur PA unter Verweis auf eine Regierungsquelle.

Premierministerin Theresa May wird am Nachmittag zu einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin erwartet. Die russische Botschaft in den Niederlanden schrieb auf Twitter, die britische Regierung sei "dumm", wenn sie glaube, dass Russland während der Fußball-WM einen erneuten Nervengiftangriff starten würde. Die britische Polizei hat vorsorglich mindestens fünf verschiedene Zonen abgesperrt, darunter einen Park und ein Grundstück in Salisbury, eine Apotheke und ein Gemeindehaus der Baptisten in Amesbury.

Quelle: ntv.de, fzö/jug/rts/dpa/AFP

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