CDU soll konservative Heimat sein Merkel: Rechte Partei verhindern
12.09.2010, 16:37 Uhr
Auf dem richtigen Weg? Merkel wird von einer Bewohnerin in Diedersdorf begrüßt.
(Foto: dpa)
Vertriebenen-Präsidentin Steinbach zwingt Kanzlerin Merkel zu einer Kampfansage: Es dürfe keine Partei rechts von der Union geben, "die einen radikalen Charakter trage", betont Merkel in Anspielung auf Strauß. Die CDU-Chefin will konservativen Wählern eine Heimat bieten. Einen Streit über das Profil der Union kann Merkel aber nicht verhindern.
CDU-Chefin Angela Merkel will die Entstehung einer Partei rechts der Union verhindern. Es gebe dafür überhaupt keinen Bedarf, sagte die Kanzlerin zum Auftakt der CDU-Präsidiumsklausur in Diedersdorf bei Berlin. Sie sehe sich dabei in der Tradition des ehemaligen CSU-Vorsitzenden Franz-Josef Strauß, der es immer als Aufgabe betrachtet habe, dass es keine Parteien rechts der Union geben dürfe, "die einen radikalen Charakter trage".
Zu partei-internen Klagen, die Union verliere zusehends ihr konservatives Profil, erklärte die CDU-Chefin: "Ich will noch einmal betonen, dass wir eine Partei mit drei Wurzeln sind: liberal, christlich-sozial und konservativ." Keine dieser Wurzeln sei vernachlässigbar. "Alle drei machen die Kraft der Volkspartei aus." Es sei aber gut, dass es eine Diskussion darüber gebe, wie die CDU aufgestellt sei. "Ich denke, wir müssen von Zeit zu Zeit in einer Volkspartei auch aushalten, dass es unterschiedliche Richtungen gibt." Ihre Aufgabe sei es, dafür zu sorgen, dass sich alle in der Partei zu Hause fühlten.
Integration als Schwerpunkt
Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sieht angesichts der Diskussion über das konservative Profil der Union keinen Anlass für eine Kursänderung der Parteispitze. "Da werden wir uns von außen keine Kursdebatte aufzwingen lassen." Gröhe räumte ein, man müsse genauer sagen, "dass viele konservative Überzeugungen - Wertschätzung für Ehe und Familie, klarer Einsatz für innere und äußere Sicherheit - uns allen gemeinsam am Herzen liegen". Die CDU sei die Heimat für Menschen mit politischen Überzeugungen, die sich als konservativ verstehen. Das bleibe auch in Zukunft so, und "da hat keine Einzelperson ein Monopol darauf", sagte er, ohne Steinbach beim Namen zu nennen. Die Parteispitze sei froh, "dass wir markante konservative Stimmen in den Reihen unserer Parteiführung haben".
Die CDU werde in den kommenden Monaten das Thema Integration stärker als bisher zum Schwerpunkt machen, kündigte Merkel weiter an. Man wisse um die vielen Defizite in diesem Bereich. Es reiche aber als Partei mit Regierungsverantwortung nicht aus, auf die Probleme hinzuweisen. Die CDU müsse die Probleme auch lösen.
Steinbach legt nach

Steinbach hat mit ihrem Rückzug aus dem CDU-Vorstand die Debatte um das Profil der CDU verschärft - sehr zum Ärger Merkels.
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Auslöser der Debatte über den Kurs der CDU ist die Ankündigung der Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, sich aus dem Vorstand der CDU zurückzuziehen. Sie zog damit unter anderem die Konsequenzen aus dem ihrer Ansicht nach schwindendem Gewicht des konservativen Flügels. Steinbach räumte einer neuen konservativen Partei gute Chancen ein. Auch CSU-Chef Horst Seehofer hatte sich besorgt gezeigt, dass das Gewicht des konservativen Flügels in der CDU schwinde. Merkel sagte mit Blick auf Steinbach, sie werde alles dafür tun, dass die Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" schnell vorankomme.
In der "Welt am Sonntag" warf Steinbach Merkel vor, die Partei auf einen strategisch falschen Weg geführt zu haben. Sie sehe durchaus Chancen für eine neue konservative Partei rechts von der Union. Wenn jemand "mit etwas Charisma und Ausstrahlung" eine solche Partei gründen würde, käme diese bei Wahlen "spielend" über die Fünf- Prozent-Hürde. Steinbach machte aber deutlich, dass sie selbst nicht daran denkt.
Streit um Kurs entbrannt
Wie Seehofer warnten mehrere Unionspolitiker vor dem Verlust des konservativen Profils. Es werde viel zu wenig über die christlichen Wurzeln diskutiert, über das, was ein Land zusammenhalte. Der CSU-Chef selbst geht nach eigenen Worten aber nicht von einer drohenden Konkurrenz durch eine neue Partei aus: "Ich sehe diese Dramatik, dass da eine neue Parteiengründung bevorstünde, nicht." Im Gegensatz zu Steinbach vermied Seehofer Kritik an Merkel. Er verwies bei der BdV-Tagung aber auf den früheren CSU-Vorsitzenden Franz-Josef Strauß, und erklärte: "Ich achte Politiker, die in großen Fragen nicht mit der Strömung schwimmen, sondern selbst Strömung machen."
Führende Vertreter des rechten Parteiflügels beklagten, dass sie in der CDU keine Heimat mehr hätten. Der ehemalige brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm kritisierte im RBB, Konservative spielten nach Steinbachs Rückzug in der Partei "praktisch keine Rolle mehr".
Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Annette Schavan forderte mehr Kommunikation über den Kurs der Partei. Der Modernisierungsprozess bei vielen Themen erzeuge bei vielen Mitgliedern und Anhängern so etwas wie "Abschiedsschmerz", sagte sie dem "Tagespiegel". Die hessische CDU nominierte Landeschef Bouffier am Samstag für die Parteispitze. Dabei versicherte der Ministerpräsident, die Union sei die Heimat der Konservativen, und diese Position werde er auch im Bundesvorstand vertreten.
CSU spricht von Linksruck
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt machte in der Schwesterpartei einen Linksruck aus: "Bei manchen in der CDU kann man schon das Gefühl haben, dass sie die Mitte des Spielfelds in der linken Hälfte verorten", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Er kritisierte Defizite bei konservativen Themen: "Da muss auch von der CDU mehr kommen."
Der CSU-Innenpolitiker Norbert Geis warnte im "Hamburger Abendblatt", es gebe ein Potenzial für eine neue Partei am rechten Rand. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach erklärte dazu, es gebe keine politischen Persönlichkeiten, die erfolgreich eine Partei rechts der Union gründen könnten. Er räumte jedoch ein, immer mehr Konservative würden sich in der Union heimatlos fühlen.
Bei den Gesprächen des mehr als 20-köpfigen CDU-Präsidiums werde es vor allem um die Gestaltung der Hartz-IV-Reformen und die Pläne zum Umbau der Bundeswehr gehen, sagte Merkel. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg werden die Klausurteilnehmer über ihre Pläne informieren. Die Klausurtagung wird am Montag in der Berliner CDU-Zentrale fortgesetzt werden. Im Anschluss soll der Bundesvorstand der Partei zusammentreten.
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Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP