Ausweg aus der Schuldenkrise? Merkel lobt die Kanadier
16.08.2012, 01:04 Uhr
Der Sonne hinterher: Die "Theodor Heuss" - eine Airbus A340 - vor dem Abflug in Tegel.
(Foto: dapd)
Zu nachtschlafender Zeit betritt die deutsche Regierungschefin fern der Heimat kanadischen Boden und nutzt die Gelegenheit, ihre erste Dienstreise nach dem Urlaub mit einer Botschaft an die Europäer zu eröffnen: Der "Weg Kanadas" sei beispielhaft - und auch "die richtige Lösung" für Europa.

Gut sieben Stunden später: Angela Merkel erreicht Ottawa. In Deutschland herrscht bereits tiefe Nacht.
(Foto: dapd)
Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht in der strikten Haushaltsdisziplin der kanadischen Regierung verbunden mit einem klaren Wachstumskurs ein Vorbild für die Lösung der Eurokrise.
Sie glaube, sagte Merkel zum Auftakt ihres zweitägigen Kanada-Besuchs, "dass der Weg Kanadas - große Haushaltsdisziplin, mit sehr großer Konzentration auf Wachstum und Überwindung der Krise, und nicht auf Pump zu leben - ein Beispiel dafür sein kann, wie (...) die Probleme angegangen werden. Und das halte ich auch für die richtige Lösung in Europa."
Merkel traf am Mittwochabend (Ortszeit) in der kanadischen Hauptstadt Ottawa ein und gab dort eine kurze Erklärung ab. Im Anschluss kam Merkel zu einem informellen Meinungsaustausch im Rahmen eines Abendessens mit Premierminister zusammen.
Deutschland und Kanada unterhalten vergleichsweise enge Beziehungen. Beide Länder sind unter anderem Mitglieder der Nato sowie der G8-Gruppe der wichtigsten Industrienationen. Kurz vor dem Treffen hatte Merkel betont, sie werde Harper "natürlich auch berichten über unseren politischen Willen, die zu überwinden und unsere Entschlossenheit, (...) in Europa zusammenzustehen für eine gemeinsame Währung".
Bohrende Fragen beim Abendessen
Harper und sein Finanzminister drängen Deutschland seit langem, eine führende Rolle bei der Lösung der Schuldenkrise einzunehmen. Den Euro-Staaten wirft er vor, selbst nicht genug gegen die Krise zu tun. Kanada hat sich von den weltweiten Erschütterungen der Finanzkrise ab 2007/08 gut erholt und nimmt gemessen an den üblichen Wirtschaftsdaten einen Spitzenplatz unter den führenden Industrienationen ein.
Neben der Lage in den Euro-Krisenländern Griechenland, Spanien und Italien wollen die beiden konservativen Regierungschefs über die Situation in Syrien, im Iran und in Afghanistan sowie über den Klimawandel sprechen. Beide Länder streben zudem einen Ausbau der Zusammenarbeit auf dem Rohstoff- und dem Energiesektor an. Der Abend mit Harper velief offenbar harmonisch.
Merkel sagte Harper zu, sich auf europäischer Ebene für einen schnellen Abschluss der seit 2009 laufenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada einzusetzen. Dabei geht es um den Abbau von Handelsschranken, der nach Einschätzung der Kanadier ihrem Land Zigtausende neue Arbeitsplätze bringen könnte.
Die deutsche Seite hatte hier unmittelbar vor der Reise Merkels auf die Bremse getreten: Auf kanadischer Seite seien Nachbesserungen vor allem bei Fragen des geistigen Eigentums, bei öffentlichen Aufträgen und im Dienstleistungsbereich nötig. Geplant ist eine Unterzeichnung des Abkommens bis Ende des Jahres.
Die Kanzlerin unterstrich, sie wolle sich für eine Vertiefung der Beziehungen beider Länder in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft einsetzen. Gerade auf dem Rohstoffsektor und bei den erneuerbaren Energien "haben wir noch viel Spielraum, unsere Beziehungen zu intensivieren". Bei den erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz sollen nach dem Willen der Bundesregierung vor allem kleine und mittlere Unternehmen gefördert werden.
Es ist der erste bilaterale Besuch Merkels im zweitgrößten Staat der Erde. Kanada ist . Auf der Rangliste der größten Erdgasförderländer liegt es hinter den USA und Russland auf Platz drei. Bei der Erdölförderung liegt Kanada weltweit auf Platz sechs - vor allem wegen riesiger Vorkommen an . Deren Ausbeutung bringt allerdings Umweltprobleme wie etwa Wasserverschmutzung mit sich.
Am zweiten Tag ihres Aufenthalts wollte die Kanzlerin die Dalhousie Universität in Halifax besuchen, an der es eine enge Kooperation mit deutschen Forschungseinrichtungen gibt. Dort wollte sich Merkel über die Meeres- und Polarforschung informieren.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa