Koalition zieht letzten Trumpf Merkel setzt auf Soli-Senkung
31.10.2011, 20:58 Uhr
Das Geld fließt nicht in notleidende Regionen im Osten, wie der Name suggeriert, sondern in den allgemeinen Haushalt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die schwarz-gelbe Koalition erwägt offenbar eine Senkung des Solidaritätszuschlags. Dafür braucht sie keine Zustimmung der Länderkammer. Die Senkung dieser Zusatzsteuer, die schon lange nicht mehr in den Osten, sondern in den allgemeinen Haushalt fließt, würde die Bürger entlasten und dem Koalitionspartner FDP wieder auf die Beine helfen.
In der Debatte über steuerliche Entlastungen der Bürger geraten Änderungen am Solidaritätszuschlag immer stärker in den Fokus. Der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter kündigte in Berlin an, beim Koalitionsausschuss am 6. November würden Alternativmodelle zum Konzept von Wirtschaftsminister Philipp Rösler und Finanzminister Wolfgang Schäuble beraten. Dieses sieht eigentlich eine Minderung der kalten Progression durch Veränderungen im Tarifverlauf vor. Auch Rösler und die FDP zeigten sich offen für andere Modelle zur Entlastung der Bürger.
Die für 2013 geplante Steuerentlastung der Bürger kann der Staat nach eigener Einschätzung ohne neue Schulden stemmen. Die Spielräume in den Haushalten von Bund und Ländern ließen eine Entlastung um sechs bis sieben Milliarden Euro im Jahr zu, hieß es in Regierungskreisen. Genaue Daten liefert am Freitag der Arbeitskreis Steuerschätzung, der eine neue Einnahmeprognose bis 2016 abgibt. Sollte sich die Koalition wegen des Widerstandes im Bundesrat nur auf Änderungen am Solidaritätszuschlag festlegen, dürfte die Entlastung mit 3,5 bis vier Milliarden Euro deutlich geringer ausfallen.
Einen Bericht der "Bild"-Zeitung, wonach Kanzlerin Angela Merkel eine Senkung des Solidaritätszuschlags favorisiert, bestätigte Vize-Regierungssprecher Streiter nicht. Das Blatt hatte berichtet, Merkel wolle damit eine Blockade durch den Bundesrat verhindern. Auf dem Koalitionsgipfel am kommenden Sonntag werde sie für die Senkung des Zuschlags eintreten. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte dem "Tagesspiegel", er werbe weiterhin für den Abbau der kalten Progression. Geprüft werde aber auch eine Absenkung des Solidaritätszuschlags, durch die der Solidarpakt Ost unverändert erfüllt werden solle. Durch die sogenannte kalte Progression müssen Arbeitnehmer nach Lohnerhöhungen automatisch höhere Steuern zahlen.
"Nicht das Instrument, das Ziel ist entscheidend"
FDP-Chef Rösler sagte, am Ende zähle die Entlastung. "Dabei ist nicht entscheidend, ob wir diese über die Einkommensteuer, eine Absenkung des Solidaritätszuschlags oder eine Kombination aus beidem schaffen", sagte er dem "Hamburger Abendblatt" vom Dienstag laut Vorabbericht. Er gehe davon aus, dass sich die Koalition in der Steuerfrage am Sonntag abschließend verständigen wird. FDP-Generalsekretär Christian Lindner unterstrich, für seine Partei sei nicht das Instrument, sondern das Ziel entscheidend. Durch Freibeträge und technische Ausgestaltungen beim Soli könne sichergestellt werden, dass eine Reduzierung der Steuerlast kleinen und mittleren Einkommen zugutekomme und höhere Einkommensbezieher nicht zusätzlich belastet würden.
CSU-Chef Horst Seehofer hatte betont, er werde kein Modell unterstützen, das im Bundesrat keine Chance hat. Hintergrund ist der Widerstand nicht nur von SPD und Grünen, sondern auch aus CDU-regierten Ländern gegen die von Schwarz-Gelb favorisierten Änderungen bei der Einkommensteuer. Der CSU-Chef stellte ein eigenes Steuersenkungsmodell vor, das einen Freibetrag bei Soli in Höhe von 200 Euro vorsieht. Demnach kann der Bund Korrekturen beim Soli, die also auch Seehofer befürwortet werden, ohne die Länderkammer durchsetzen. Allerdings regt sich auch dagegen Widerstand einiger unionsgeführter Regierungen, da sie um Projekte in Ostdeutschland fürchten.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts