Schavan will sich erklären Merkel vertraut der "Ministerin"
15.10.2012, 12:54 Uhr
Merkel und Schavan bei einem vertraulichen Gespräch im Bundestag.
(Foto: dapd)
Bundesbildungsministerin Schavan kann sich auf Rückendeckung auf dem Kanzleramt berufen, wenn es um ihre Arbeit als Ministerin geht. Zu den Plagiatsvorwürfen um die Doktorarbeit Schavans will sich Bundeskanzlerin Merkel indes nicht festlegen. Dies müsse die Uni Düsseldorf klären. Schavan will die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen und wehrt sich.
Inmitten der Plagiatsvorwürfe gegen die Doktorarbeit von Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat Bundeskanzlerin Angela Merkel der Ministerin ihr "volles Vertrauen" ausgesprochen. Die CDU-Politikerin Schavan sei eine "hervorragende und sehr erfolgreiche Ministerin", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Die Bundeskanzlerin hat volles Vertrauen zu ihr." Dieses Vertrauen gelte der Zusammenarbeit Merkels mit Schavan als Ministerin. Über die Doktorarbeit Schavans müsse der Promotionsausschuss der Universität Düsseldorf befinden. Der Vorsitzende dieses Gremiums hat Schavan in einem Gutachten laut Medienberichten eine leitende Täuschungsabsicht bei ihrer Doktorarbeit vorgeworfen.
Bei der Diskussion um die Plagiate in der Doktorarbeit von Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hatte Merkel lange Zeit zu ihrem Minister gestanden und musste später viel Kritik dafür einstecken. Dass Guttenberg seinen Doktor-Titel und das Ministeramt wegen erwiesener Schludrigkeiten in seiner Uni-Abschlussarbeit verlor, verdankte er auch seiner Kollegin Schavan, die sich öffentlich für ihn und sein Fehlverhalten "schämte". Nach dieser Kritik war dem Minister nur noch der Rücktritt geblieben.
Schavan sieht sich derzeit mit Täuschungsvorwürfen im Zusammenhang mit ihrer Doktorarbeit von 1980 konfrontiert. Die Philosophische Fakultät der Universität Düsseldorf leitete eine Prüfung der Vorwürfe ein - auch auf Bitte der Ministerin. Ein Gutachter stellte nun "eine leitende Täuschungsabsicht" fest, wie das Magazin "Der Spiegel" unter Berufung auf einen vertraulichen Entwurf berichtete. In Schavans Arbeit sei das "charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise" erkennbar.
Nicht mit Fall Guttenberg vergleichbar
Allerdings geht es diesmal nicht um die Übernahme kompletter Textstellen aus anderen Veröffentlichungen, wie im Fall Guttenberg. Schavan wird vor allem vorgeworfen, Quellen nicht vollständig aufgelistet und zum Teil auch "verschleiert" zu haben.
Schavan will das nicht auf sich sitzen lassen und geht in die Offensive. "Ich lasse mir das nicht bieten", sagte sie und kündigte eine umfassende Stellungnahme zu dem Fall an. Sie erhob schwere Vorwürfe gegen die Universität Düsseldorf.
Nachdem sie fünf Monate "eisern geschwiegen" habe, bleibe ihr nun nichts anderes übrig, als sich zu wehren, sagte Schavan der "Südwest Presse". "Das heißt, ich werde zu den Vorwürfen gegenüber der Universität Stellung beziehen." Sie zeigte sich zudem empört darüber, dass "ein Entwurf durchgestochen" werde, der noch nicht einmal im Promotionsausschuss besprochen worden sei. Sie bekräftigte erneut, dass sie in ihrer 1980 verfassten Arbeit "keine Quelle bewusst falsch angegeben" habe. Sie gehe daher davon aus, dass von den Vorwürfen "nichts übrig bleibt".
Anfang Mai waren auf der Internetseite schavanplag anonym Vorwürfe der Täuschung gegen Schavan im Zusammenhang mit ihrer Dissertation erhoben worden. Schavan sagte der "Rheinischen Post" dazu, sobald ihr der Promotionsausschuss der Universität Gelegenheit dazu gebe, werde sie "zu den Vorwürfen Stellung nehmen". Zugleich bezeichnete es die Ministerin als "bemerkenswerten Vorgang", dass ein vertrauliches Gutachten eines Hochschullehrers den Medien vorliege, bevor überhaupt die Betroffene von der Existenz des Gutachtens wisse. Erst auf Nachfrage habe die Universität Düsseldorf Schavan das 75-seitige Gutachten am Wochenende zugeschickt, berichtete die Zeitung.
Scharfe Reaktionen
Der FDP-Bildungsexperte Patrick Meinhardt erklärte, Schavan müsse "in vollem Umfang die Chance haben, sich zu den Vorwürfen fachlich zu äußeren". Das Verfahren müsse nun "absolut korrekt" zu Ende gebracht werden. Der SPD-Politiker Ernst Dieter Rossmann sagte, falls die Universität Düsseldorf Schavan den Titel "nicht belassen sollte", müsse sie ihr Amt als Ministerin niederlegen.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast sieht Schavan schon jetzt beschädigt: Noch habe diese ihr Amt formal inne, "aber die Glaubwürdigkeit, die sie für eine gute Amtsführung braucht, hat sie schon verloren." Es sei "beschämend, dass Schavan die Sache aussitzen will".
Die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität überprüft seit mehreren Monaten Schavans Doktorarbeit aus dem Jahr 1980 auf Plagiatsvorwürfe. Laut "Spiegel und "Süddeutsche Zeitung", hat der Gutachter Stefan Rohrbacher auf 60 von 351 Seiten Mängel gefunden. "Eine leitende Täuschungsabsicht ist nicht nur angesichts der allgemeinen Muster des Gesamtbildes, sondern auch aufgrund der spezifischen Merkmale einer signifikanten Mehrzahl von Befundstellen zu konstatieren", heißt es demnach in der Analyse.
Allerdings ist noch nicht sicher, ob Schavan ihren Doktortitel verliert. Die Entscheidung trifft nach Auskunft der Universität Düsseldorf in den kommenden Tagen der Fakultätsrat auf Grundlage des Berichts.
Quelle: ntv.de, AFP/rts