Politik

Schicksalswoche einer Währung Merkozy bereiten Gipfel vor

Sie geben in der EU die Richtung vor: Sarkoy und Merkel.

Sie geben in der EU die Richtung vor: Sarkoy und Merkel.

(Foto: REUTERS)

Die Woche der Entscheidungen beginnt: Kanzlerin Merkel berät sich zur Stunde mit Frankreichs Staatspräsident Sarkozy. Ihr Ziel: Die Euro-Regelungen sollen strenger gefasst werden. Die Parlamentarier in Rom beraten derweil über neue Sparmaßnahmen. Warschau fürchtet die Spaltung Europas.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy in Paris zusammengekommen, um über gemeinsame Vorschläge zur Euro-Krise zu beraten. Nach einem Arbeitsessen wollen beide ihr Konzept der Öffentlichkeit präsentieren. Beide Seiten wollen die EU-Regelungen strenger fassen, damit Defizitsünder im Euro-Raum härter und automatisch bestraft werden können. Deutschland will auch, dass dazu ähnlich wie derzeit schon im Wettbewerbsrecht der Europäische Gerichtshof angerufen werden kann.

Laut Merkel sollen möglichst alle 27 EU-Staaten einbezogen werden. Falls dies nicht gelingt, sollen strengere Defizitregeln aber auch nur mit den 17 Euro-Ländern oder nur mit einer Gruppe von Ländern vorangetrieben werden. Frankreich will zudem, dass die Europäische Zentralbank (EZB) in der Krise stärker eingreift, was Berlin bisher strikt ablehnt. Doch haben sich beide Seiten bereits auf die Formel verständigt, dass die Zentralbank selbst entscheidet und keine öffentlichen Forderungen mehr an sie gestellt werden sollen. Dies wurde teilweise so interpretiert, dass Deutschland einen verstärkten Aufkauf von Schuldtiteln kriselnder Euro-Länder durch die EZB tolerieren könnte, falls die EZB dies will.

Die Treffen von Merkel und Sarkozy werden allmählich Routine.

Die Treffen von Merkel und Sarkozy werden allmählich Routine.

(Foto: dpa)

Einig sind sich beide Seiten darin, dass die von der EU-Kommission geforderten Eurobonds derzeit nicht eingeführt werden sollen. Auch Sarkozy hatte mehrfach darauf verwiesen, dass Eurobonds erst kommen könnten, wenn die Defizitvorgaben von den Euro-Staaten eingehalten werden. Durch Eurobonds sollen alle europäischen Staaten gemeinsam Schuldtitel ausgeben und entsprechend auch dafür haften.

IWF soll mehr eingebunden werden

Nach einem Bericht der Zeitung "Die Welt" ist zudem im Gespräch, den Internationalen Währungsfonds (IWF) stärker bei der Euro-Rettung einzubinden, indem die Zentralbanken der 17 Euro-Länder jeweils Gelder für einen Sonderfonds zur Verfügung stellen. EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte sich bereits dafür ausgesprochen, den IWF durch weitere finanzielle Mittel als Instrument im Kampf gegen die Krise zu stärken. Dazu waren bilaterale Kredite europäischer Länder im Gespräch.

Einschnitte im Eiltempo: Mario Monti.

Einschnitte im Eiltempo: Mario Monti.

(Foto: REUTERS)

Das Treffen von Merkel und Sarkozy in Paris dient auch der Vorbereitung des EU-Gipfels zur Euro-Krise am Donnerstag und Freitag. Rehn hatte vergangene Woche gesagt: "Wir erreichen nun die entscheidende Phase von zehn Tagen, um die Krisenreaktion der Europäischen Union fertigzustellen und zu beschließen."

Monti beruhigt die Märkte

In der Eurozone brodelt es unterdessen weiter: Parallel zu den deutsch-französischen Vorbereitungen stellt der italienische Regierungschef Mario Monti in Rom sein Spar- und Reformpaket dem Parlament vor.

Die drastischen Maßnahmen sehen Einschnitte in Höhe von 24 Milliarden Euro vor und waren von dem 68-jährigen früheren EU-Politiker und seinem Technokraten-Kabinett überraschend bereits am Sonntagabend - anstatt wie geplant am Montag - per Dekret verabschiedet worden.

Monti will mit dem Paket sein Land aus der Schuldenkrise und aus der Schusslinie der Finanzmärkte bringen. Dabei geht es nicht zuletzt darum, Italiens Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Vor seinem Auftritt im Abgeordnetenhaus um 16.00 Uhr und im Senat gegen 18.00 Uhr wollte der Premier daher sein "Dekret zur Rettung Italiens" der Auslandpresse in Rom gesondert vorstellen.

Irlands Premierminister Enda Kenny: "Wir befinden uns auf (dem) Weg zur Erholung."

Irlands Premierminister Enda Kenny: "Wir befinden uns auf (dem) Weg zur Erholung."

(Foto: AP)

Einsparungen in Milliardenhöhe zur Sanierung des Staatshaushalts sieht auch ein neues Maßnahmenpaket der irischen Regierung vor. In einer als historisch eingestuften Fernsehansprache warnte Premierminister Enda Kenny am Vorabend, Irland gebe 16 Milliarden Euro mehr aus, als es über Steuern einnehme. Im ersten Sparhaushalt seiner im März angetretenen Mitte-Links-Koalition will Christdemokrat Kenny im kommenden Jahr 3,8 Milliarden Euro einsparen. Irland bleibe in der Krise, sagte Kenny, fügte aber hinzu: "Wir befinden uns auf einem vier Jahre dauernden Weg zur Erholung."

Die Regierung in Polen befürchtet einem Pressebericht zufolge derweil eine Spaltung der Europäischen Union in eine eng verzahnte Eurozone und eine Rest-EU. Die Diskussion über eine Änderung der EU-Verträge im Zuge der Euro-Krise "sollte keine exklusiven Strukturen schaffen, die mögliche Spaltungen vertiefen könnten", zitierte die "Financial Times Deutschland" aus einem polnischen Vorbereitungspapier für den EU-Gipfel. Polen fordert das Recht für die zehn Nicht-Euro-Staaten der EU, an den Gipfeln der Euro-Zone und an den Euro-Finanzministertreffen (Euro-Gruppe) jederzeit ohne Stimmrecht teilnehmen zu dürfen.

Streitthema Eurobonds

Um das Thema Eurobonds wird hinter den Kulissen der deutschen Innenpolitik hart gerungen: CSU-Chef Horst Seehofer versuchte bis zuletzt, die Kanzlerin auf einem Nein zu Eurobonds festzunageln und einem befürchteten Nachgeben vorzubeugen. "Angela Merkel fährt mit den richtigen Konzepten zum EU-Gipfel: keine Eurobonds, keine Transferunion, Erhalt der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank", sagte der bayerische Ministerpräsident der "Süddeutschen Zeitung". Die sei, so Seehofer weiter, "der deutsche Stabilitätsweg, der Europa vor dem Abgrund einer Schuldenunion bewahren kann."

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigte seine Ablehnung von gemeinsamen europäischen Staatsanleihen ohne größeren haushaltspolitischen Zusammenhalt. "So lange wir keine Fiskalunion haben, wäre der Anreiz, Schulden zu günstigen Zinsen aufzunehmen, für die Andere mithaften, eine unüberwindliche Versuchung", sagte er in Budapest. Auch Maßnahmen, die dazu führten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) "unbegrenzt Geld druckt", seien aus diesem Grund abzulehnen. In der gegenwärtigen Euro-Finanzkrise gehe es darum, "wie wir der Währungsunion eine gemeinsame Fiskal- und Stabilitätsunion zur Seite stellen", sagte Schäuble.

Reformen nur im AAA-Club?

Paris und Berlin könnten Vertragsveränderungen für mehr zentrale Kontrolle der Haushalts- und Finanzpolitik zunächst nur im Kreis von Euro-Staaten verabreden, deren Bonität mit der Bestnote bewertet wird, berichtete der "Focus". Das wären demnach neben Deutschland und Frankreich noch Länder wie Österreich, die Niederlande und Finnland.

Wo liegt der "deutsche Stabilitätsweg, der Europa vor dem Abgrund einer Schuldenunion bewahren kann"?

Wo liegt der "deutsche Stabilitätsweg, der Europa vor dem Abgrund einer Schuldenunion bewahren kann"?

(Foto: REUTERS)

Wie verfahren die Situation ist, zeigt folgende Überlegung: Die Krisenländer der Eurozone könnten sich in der Hoffnung auf eine für sie günstigere Intervention der Europäischen Zentralbank (EZB) den Vorschlägen für strengere Haushaltskontrollen verweigern. Das europäische Rettungsgespann "Merkozy" müsste die gemeinsame Strategie auch auf diesen Ausweg hin abstimmen.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen