Wieder Staatsstreich in Westafrika Militär in Guinea-Bissau putscht
13.04.2012, 07:36 Uhr
Vor drei Wochen hatte Carlos Gomes Junior noch Grund zur Freude. Seit 2009 ist der 62-Jährige Premierminister gewesen und hatte gute Chancen, Präsident zu werden. Jetzt hat das Militär ihn abgesetzt.
(Foto: AP)
Innerhalb weniger Wochen ereignet sich in Westafrika nach Mali der zweite Staatsstreich. In dem winzigen Land Guinea-Bissau setzt das Militär den Premierminister ab. In dem bitterarmen Land hat seit 40 Jahren kein Präsident eine volle Amtszeit überstanden.
Im westafrikanischen Guinea-Bissau haben Militärs einen Staatsstreich unternommen. Wie örtliche Medien berichten, wurde Ministerpräsident , der auch als Favorit bei den laufenden Präsidentenwahlen gilt, von Soldaten in seinem Haus festgenommen. Dabei wurde nach Informationen des Senders RDP mindestens ein Mensch getötet. Augenzeugen berichteten aus der Hauptstadt Bissau, dass Schüsse zu hören seien. Aus Furcht würden die Menschen in ihren Häusern bleiben.
Wie das portugiesische Fernsehen aus der früheren Kolonie berichtete, sei auch die Zentrale der Regierungspartei PAIGC unter Kontrolle der Militärs. Außerdem hätten Soldaten an strategisch wichtigen Punkten der Hauptstadt Stellung bezogen.
- Das kleine Land liegt an der Westspitze Afrikas. Nördlich grenzt der Senegal an den 1,5-Millionen-Einwohner-Staat, im Süden Guinea.
- Guinea-Bissau war bis 1974 portugiesische Kolonie, bis heute ist Portugiesisch Amtssprache.
- Obwohl das Land kleiner ist als die Schweiz, leben hier mehr als 25 verschiedene ethnische Gruppen, die meisten davon Balante und Fulbe.
- 50 Prozent der Einwohner sind Muslime, 40 Prozent folgen Naturreligionen, 10 Prozent sind zumeist katholische Christen.
Bei Präsidentenwahlen im März hatten weder Gomes Junior noch der zweitplatzierte Kumba Yala die erforderliche Mehrheit erhalten, um die Nachfolge des im Januar an Diabetes gestorbenen Staatschefs Malam Bacai Sanha zu übernehmen. Am 29. April sollte ein zweiter Wahlgang stattfinden. Yala hatte jedoch angekündigt, diesen wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten zu boykottieren. Yala soll enge Beziehungen zum Militär unterhalten.
In Ginea-Bissau ist es seit der Unabhängigkeit von Portugal 1974 immer wieder zu Aufständen und Staatsstreichen durch das Militär gekommen. Das Land am Atlantik, das zwischen Senegal und Guinea liegt, ist bitterarm. Es belegt auf dem Entwicklungsindex der Vereinten Nationen einen der letzten Plätze.
Guinea-Bissau ist bereits der zweite Staat in Westafrika binnen weniger Wochen, in dem Militärs die Macht an sich gerissen haben. Am 22. März hatten meuternde Präsident Amadou Toumani Touré gestürzt. Auf Druck der Nachbarländer und der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas machten sie inzwischen jedoch den Weg für eine zivile Übergangsregierung frei.
Quelle: ntv.de, dpa