Kritische Minister entlassen Morawiecki geht einen Schritt auf EU zu
09.01.2018, 13:52 Uhr
Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki.
(Foto: AP)
Erst seit vier Wochen ist Polens neuer Ministerpräsident Morawiecki im Amt. Personelle Maßnahmen lassen aber nicht lange auf sich warten: Die Außen-, Verteidigungs- und Umweltminister müssen ihre Koffer packen - sie galten als besonders EU-kritisch.
Unmittelbar vor seinem Antrittsbesuch in Brüssel hat Polens neuer Ministerpräsident Mateusz Morawiecki der EU ein Zeichen der Annäherung gesandt und sein Kabinett umgebildet. Der polnische Präsident Andrzej Duda entließ auf Vorschlag Morawieckis mehrere Mitglieder der rechtskonservativen Regierung, die mit der EU in zahlreichen Bereichen überkreuz lagen.
Gegen Polen laufen verschiedene EU-Verfahren, darunter in Fragen der Rechtsstaatlichkeit und des Umweltschutzes. Im Laufe des Tages wurde Morawiecki dann in Brüssel erwartet. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, er hoffe auf ein Gesprächsklima, das ein Aufeinanderzugehen vereinfache.
Die umfassende Umbildung der polnischen Regierung dient offenbar auch dazu, vorab die Wogen im Streit mit der EU zu glätten. So entließ Duda unter anderem Außenminister Witold Waszczykowski, der die EU und Deutschland in mehreren Fällen scharf angegriffen hatte. Auch der ebenfalls entlassene Verteidigungsminister Antoni Macierewicz galt bei den EU-Institutionen und in anderen Mitgliedsländern als schwieriger Partner. Ihm werden in Polen Verzögerungen bei der Modernisierung der Streitkräfte und Streit mit hochrangigen Offizieren vorgeworfen. Darüber hinaus verlor Umweltminister Jan Szyszko seinen Job, der sich mit der EU wegen der Rodung eines Urwaldes in Polen angelegt hatte. Über den Fall wird mittlerweile vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verhandelt.
Keine schnelle Entspannung
Den Umbau des Kabinetts nahm der frühere Banker und Finanzminister Morawiecki in Angriff, nachdem er vorigen Monat zum Nachfolger der bisherigen Regierungschefin Beata Szydlo ernannt worden war. Seinen Job im Finanzministerium übernimmt die Ökonomin Teresa Czerwinska. In Polen stehen in diesem Jahr Kommunalwahlen sowie 2019 Parlamentswahlen an. Geführt wird die regierende PiS-Partei von Jaroslaw Kaczynski, der als starker Mann hinter der Regierung gilt. Kritiker werfen der PiS vor, Polen in einen autoritär geführten Staat zu verwandeln.
Morawiecki bemüht sich nun um eine Verbesserung der Beziehungen zur EU, nachdem die Gemeinschaft aus Protest gegen die umstrittene Justizreform in dem Land im Dezember ein Verfahren zum Stimmentzug des Landes in der EU eingeleitet hat. Dass Polen tatsächlich seine Stimme in der EU verliert, gilt als unwahrscheinlich, da Ungarn bereist sein Veto angekündigt hat.
EU-Kommissionschef Juncker dämpfte die Erwartung, dass dieser Streit schon beim Antrittsbesuch von Morawiecki entschärft werden kann. "Wir müssen auf Rechtsstaatlichkeit pochen, wir müssen auf Gewaltenteilung pochen, wir müssen auf Pressefreiheit pochen", sagte Juncker in einem ARD-Interview. Er sehe derzeit noch nicht, dass sich Polen im Streit über die Rechtsstaatlichkeit auf die EU-Kommission zubewege. Der Gesprächsfaden müsse aber wieder aufgenommen werden.
Quelle: ntv.de, mba/rts