Zwei Ex-Senatoren darunter Namhafte Berliner Abgeordnete verlassen Linkspartei
23.10.2024, 16:03 Uhr Artikel anhören
Verlässt die Linke: Klaus Lederer gehörte zu den bekanntesten Gesichtern der Partei in Berlin.
(Foto: dpa)
Nach einem Antisemitismus-Eklat beim Landesparteitag ziehen mehrere Mitglieder der Linken in Berlin Konsequenzen: Sie verlassen die Partei. Darunter sind ehemalige Mitglieder der Landesregierung.
Im Streit um den richtigen Weg im Kampf gegen Antisemitismus haben fünf Berliner Abgeordnete die Linkspartei verlassen. Es handelt sich um die früheren Senatoren Elke Breitenbach und Klaus Lederer, den früheren Fraktionsvorsitzenden Carsten Schatz sowie Sebastian Scheel und Sebastian Schlüsselburg. Das teilte die Linke-Fraktion im Abgeordnetenhaus mit.
Alle fünf Politiker hätten sich auf vielen Ebenen und in unterschiedlichen Funktionen für die Partei, die Fraktion und die Stadt verdient gemacht, erklärten die Fraktionsvorsitzenden Anne Helm und Tobias Schulze. "Die Ankündigung des Austritts aus unserer gemeinsamen Partei bedauern wir sehr."
In einer gemeinsamen Erklärung, die von Lederer im sozialen Netzwerk Instagram veröffentlicht wurde, begründeten die Politikerinnen und Politikern ihre Entscheidung damit, dass es ihnen "immer weniger möglich" sei, sich im Berliner Landesverband für "unsere inhaltlichen Positionen und unsere strategischen Orientierungen einzusetzen". Das hätten sie etwa beim Ringen um eine klare Positionierung gegen Antisemitismus sowie auch bei der Frage der Solidarität mit der von Russland angegriffenen Ukraine erlebt.
Laut eigener Erklärung sind die fünf Abgeordneten des Landesparlaments der Hauptstadt trotz ihres Parteiaustritts weiterhin bereit, "auf Grundlage des von uns getragenen Wahlprogramms" in der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus mitzuarbeiten. Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus zählt derzeit 21 Mitglieder und ist Teil der Opposition. Bis 2023 regierte die Linke mit einer Koalition mit der SPD und Grünen. Politisch findet sich die Partei bundesweit derzeit in der Defensive. Sie wurde unter anderem durch die Abspaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) geschwächt und verlor bei jüngsten Wahlen massiv.
Innerparteilicher Konflikt schwelt seit Langem
Am 11. Oktober war es bei einem Landesparteig zu einer heftigen Auseinandersetzung über einen Antrag zur Ablehnung von Antisemitismus gekommen, der auch Judenhass von links thematisierte. Nachdem es keine Einigung gab, verließen etliche Delegierte, darunter Lederer und die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, die Versammlung.
Nach dem Parteitag hatten bereits der frühere Linke-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, und Pankows Ex-Bezirksbürgermeister Sören Benn ihren Parteiaustritt erklärt. Der Landesvorstand der Berliner Linken bemühte sich anschließend um eine Aufarbeitung. Am Dienstag verabschiedete er nach eigenen Angaben eine Resolution. Darin bekannte er sich zum Schutz von Parteimitgliedern vor internen Anfeindungen und "grenzüberschreitenden Anschuldigungen". Darüber hinaus kündigte er unter anderem einen Dialog mit jüdischen Gemeinden an. Lederer, Breitenbach und die anderen Abgeordneten kritisierten die Reaktion des Landesvorstands in ihrer Rücktrittserklärung als ungenügend.
In der Linken schwelt seit einiger Zeit ein innerparteilicher Konflikt um den Umgang mit Antisemitismus insbesondere vor dem Hintergrund des Kriegs im Nahen Osten. Auf dem Bundesparteitag am vergangenen Wochenende wurde dazu nach intensiven Kompromissverhandlungen ein Konsensantrag verabschiedet, der unter anderem auch einem sofortigen Waffenstillstand fordert. Der Konsensantrag wird aber intern heftig kritisiert.
Bereits am Dienstag erklärte die Linken-Landtagsabgeordnete Henriette Quade aus Sachsen-Anhalt unter Verweis auf den Bundesparteitag ihren Parteiaustritt. Kompromissloser Kampf gegen Antisemitismus sei ihr "in und mit dieser Partei" nicht mehr möglich. Der Konsensantrag erwähne mit keinem Satz den seit dem Tag der Staatsgründung gegen Israel gerichteten "mörderischen Antisemitismus".
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP