Politik

Bundeswehr in der Ausgabenfalle Neuer Hubschrauber erzeugt Kostenschleppe

Knapp 16 Meter lang und bis zu elf Tonnen schwer: Der "Sea Lion" ist die maritime Variante des NH90 (Archivbild).

Knapp 16 Meter lang und bis zu elf Tonnen schwer: Der "Sea Lion" ist die maritime Variante des NH90 (Archivbild).

(Foto: picture alliance / dpa)

Operation "Sea Lion" sollte eigentlich viel Geld einsparen. Doch die Einführung des neuen Hubschraubers für die Marine wird sehr viel teurer als geplant. Ein neues Schriftstück weist einen dramatischen Anstieg der erforderlichen Ausgaben aus.

Für den Umstieg auf das seetaugliche Hubschraubermodell des Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus muss die Bundeswehr offenbar mehr Geld aufbringen als ursprünglich geplant. Die Kosten für die Umstellung auf den "Sea Lion" erhöhten sich um knapp 430 Millionen Euro auf 1,38 Milliarden Euro, heißt es in einer Vorlage des Finanzministeriums für den Haushaltsausschuss.

Mit etwaigen Mängeln oder Verfehlungen bei Airbus hat der Kostensprung nichts zu tun: Grund für die drastische Steigerung sei, so heißt es in der Vorlage, dass nunmehr auch die indirekten Kosten der Bundeswehr für die Umstellung auf das neue Hubschraubermodell - etwa neue Hangars - und von den Streitkräften gewünschte spezielle Änderungen veranschlagt worden seien. Diese Kosten seien in der alten Berechnung von 2013 noch nicht ausgewiesen worden.

Umstrittene Rahmenvereinbarung mit versteckten Kosten: Ein Transporthubschrauber NH90 im Hangar des Militärflughafens Köln-Wahn.

Umstrittene Rahmenvereinbarung mit versteckten Kosten: Ein Transporthubschrauber NH90 im Hangar des Militärflughafens Köln-Wahn.

(Foto: picture alliance / dpa)

Aufwändig angepasste Ersatzlösung

Der Kauf der 18 Marine-Hubschrauber vom Typ "Sea Lion" beruht auf einer Art Tauschgeschäft: Im Gegenzug nimmt die Bundeswehr für den unmittelbaren Einsatz nur 40 statt 80 Kampfhubschrauber des Typs Tiger und 80 statt 122 Transporthelikopter des Typs NH-90 ab. 22 weitere Tiger werden noch vor ihrem ersten Einsatz stillgelegt und zur Ersatzteilgewinnung genutzt. Zwei zusätzliche NH-90 dienen der Ausbildung.

Ursprünglich wollte der Bund durch das Tauschgeschäft nach Angaben aus Sicherheitskreisen rund 200 Millionen Euro sparen. Verrechnet man diese Einsparung jedoch mit den höheren Kosten von 430 Millionen Euro, erhöht sich der Preis für die Umstellung real um gut 200 Millionen Euro.

"Nicht optimal"

"Die mit der Rahmenvereinbarung gefundene Regelung ist aus Sicht des Ministeriums nicht optimal, aber die beste Lösung, die auf Basis der ungünstigen alten Vertragsposition verhandelt werden konnte", erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Käme es zu keiner Einigung mit der Industrie, drohe der automatische Rückfall in den alten Vertrag. Dies gelte es aus Sicht des Ministeriums zu verhindern.

Der Grünen-Haushaltsexperte Tobias Lindner kritisierte den geplanten Deal. "Ob die Bundeswehr mit dieser Vereinbarung wirklich ein gutes Geschäft macht, lässt sich doch sehr bezweifeln", erklärte er. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen habe das Abkommen nicht wesentlich verbessert.

Wahre Kosten verschleiert?

"Wer die Rahmenvereinbarung vor zwei Jahren schlecht fand, sollte ihr auch heute nicht zustimmen". Nach Einschätzung von Insidern hätten die 430 Millionen Euro schon von Anfang an bei der Einigung der Vorgängerregierung mit der Industrie im März 2013 in den Berechnungen veranschlagt werden müssen. Dies sei nur deshalb nicht geschehen, um die wahre Höhe der Kosten zu verschleiern, warf ein Insider dem Ministerium vor.

Mit den Angaben aus dem Finanzministerium dürfte die Debatte um Rüstungsgroßprojekte der Bundeswehr neue Nahrung erhalten. Der Haushaltsausschuss stimmt voraussichtlich Ende des Monats über das Projekt ab. Bei der Bundeswehr wird der neue Transporthubschrauber schon sehnlichst erwartet.

Das Modell NH90 NTH "Sea Lion" ist eine speziell an die Bedingungen und Anforderungen bei Einsätzen über dem Meer ausgelegte Version des Mehrzwecktransporthubschraubers NH90, der beim Heer in ersten Vorserienmodellen seit 2006 im Einsatz ist.

"Wir brauchen den 'Sea Lion'"

Der neue Hubschrauber soll bei der Marine unter anderem die über dreißig Jahre alten MK 41 "Sea King" aus US-Produktion ablösen. "Wir brauchen den 'Sea Lion', weil der 'Sea King' abgeflogen ist", erklärte zum Beispiel Vizeadmiral Andreas Krause Ende Oktober vergangenen Jahres.

Zwar gelinge es der Marine bis heute, alle Aufträge, wie etwa Flüge im Rahmen des Such- und Rettungsdienstes, mit den bisherigen Hubschraubern zu erfüllen. Angesichts der langen Nutzungsdauer des "Sea King" und den damit verbundenen Problemen sei dies jedoch "keine einfache Aufgabe" und verlange "von allen großes Engagement und Flexibilität", wie es in einer Mitteilung der Bundeswehr heißt.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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