Frank Henkel im Interview Nur keine Hektik
28.05.2011, 10:31 Uhr
Frank Henkel ist Vorsitzender der Berliner CDU und Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl am 18. September 2011.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Berliner CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel lacht, wenn man ihn auf grün-schwarze Koalitionen anspricht. Seine Erfolgsformel lautet: Die Union kämpft "für einen Politikwechsel in Berlin". Sauberkeit und Sicherheit bleiben zentrale Themen. Hektische Debatten würden nicht helfen.
Der Berliner CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel lacht, wenn man ihn auf grün-schwarze Koalitionen anspricht. Seine Erfolgsformel lautet: Die Union kämpft "für einen Politikwechsel in Berlin". Sauberkeit und Sicherheit bleiben zentrale Themen. Doch die Zeiten der Law-and-Order-Wahlkämpfe sind ganz offensichtlich vorbei.
n-tv.de: Nach der Bremen-Wahl hat in der CDU eine Debatte über ihre Chancen bei städtischen Wählern begonnen. Welche Diskussionsbeiträge haben Ihnen besonders gut gefallen?
Frank Henkel: Ich bin eher jemand, der davor warnt, jetzt in hektische Großstadtdebatten zu verfallen. Als Berliner Union haben wir solche Debatten bereits geführt und wir haben sie auch vorweggenommen. Ich habe schon im Jahr 2009 in einer meiner ersten Jahresauftaktpressekonferenzen als Fraktionsvorsitzender formuliert, die Union müsse Innovationsmotor in Berlin werden. Wenn ich jetzt zurückblicke, dann stelle ich schon mit Stolz fest, dass wir die Partei in Berlin sind, die am meisten bewegt hat.
Bislang scheint der Wähler das noch nicht zu honorieren. Haben Sie nicht Angst, dass die Grünen Sie bei der Abgeordnetenhauswahl am 18. September überholen?
Ich schaue im Augenblick nicht so sehr auf Umfragen, sondern kämpfe für einen Politikwechsel in Berlin. Die Bürger wollen klare Positionen und Lösungen. Deshalb haben wir die Menschen aktiv an der Erstellung unseres Wahlprogramms beteiligt. Dieser Weg ist als innovativster aller Berliner Parteien bezeichnet worden. Zudem sprechen wir Probleme an, die bei anderen Parteien weggeschwiegen werden - etwa in den Bereichen Innere Sicherheit und Integration.
Wie lief das bei Ihrem Wahlprogramm?
Die Berliner CDU hat sehr stark auf Bürgerbeteiligung gesetzt. Wir haben die Berlinerinnen und Berliner gefragt, was die 100 drängendsten Probleme unserer Stadt sind und was dagegen getan werden soll. Die Resonanz war gewaltig. Bei der Aktion hatten wir 40.000 Seitenaufrufe und 1000 ganz konkrete Lösungsvorschläge. Das ist gut gelaufen, darauf bin ich sehr stolz. Daraus ist ein Programm unter dem Titel "Das muss sich ändern" geworden.
Die ganze Debatte findet ja vor dem Hintergrund der Modernisierung statt, die die Union schon seit ein paar Jahren durchläuft. Was halten Sie von Aufrufen, sich stärker auf konservative Wurzeln zu besinnen?
Ich kann mit diesen Etikettierungen nicht so viel anfangen. Die Frage ist doch, wie eine Partei das Lebensgefühl der Menschen anspricht. Mit Blick auf Berlin sage ich: Es widerspricht nicht dem Lebensgefühl der Menschen, wenn sich eine Partei für Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit einsetzt - denken Sie an die brutalen Übergriffe auf den U-Bahnhöfen und jetzt gerade an den terroristischen Anschlag auf die S-Bahn als Lebensader der Stadt. Es widerspricht auch nicht dem Lebensgefühl der Menschen, wenn wir gegen Unterrichtsausfall und Lehrermangel kämpfen.
Junge-Union-Chef Philipp Mißfelder, der ja ein erklärter Konservativer ist, hat daran erinnert, dass die CDU in Berlin unter Richard von Weizsäcker "extremst breit aufgestellt" war - sie habe "im konservativen Bereich gefischt" und sich an anderer Stelle sehr liberal präsentiert. Fehlt der CDU - nicht nur in Berlin - diese Vielfalt?
Es ist immer gut, wenn Parteien sich personell und inhaltlich breit aufstellen. Die CDU muss modern sein, aber sie muss vor allem auch verlässlich sein und einen Wiedererkennungswert haben. Das ist bei der Berliner CDU der Fall, aber das sehe ich auch bei der Union im Bund. Wir hatten mit Ursula von der Leyen eine sehr moderne Familienministerin und wir haben mit Hans-Peter Friedrich einen sehr konsequenten Innenminister. Bei der Union wird die ganze gesellschaftliche Breite abgedeckt.
Die Erosion der Volksparteien als Folge einer Auflösung von Milieus ist eine uralte Diagnose - wie stark sehen Sie das als Grund für das schlechte Abschneiden in Bremen und die mäßigen Umfragewerte in Berlin?
Natürlich ist das Parteienspektrum in Bewegung geraten. Bei der Wahl in Bremen hat es die FDP nicht ins Parlament geschafft, wie das in Berlin aussehen wird, vermag ich im Moment nicht zu sagen. Klar, das stellt Parteien vor Herausforderungen.
Wie wollen Sie diesen Herausforderungen inhaltlich begegnen?
Die Schwerpunkte der Berliner Union sind bessere Bildung, Wirtschaft und Arbeitsplätze sowie Ordnung und Sicherheit im öffentlichen Raum.
Der "taz" haben Sie Ende 2009 gesagt, es gebe "ungeschriebene Gesetze in der Politik, und eines davon lautet, dass die stärkste politische Kraft den Regierungschef stellt". Das war damals so verstanden worden, als würden Sie auch als Juniorpartner in eine grün-schwarze Koalition eintreten. Wie ist die Stimmung jetzt?
(lacht) Worum es geht, ist doch etwas ganz anderes. Es gibt ungeschriebene Gesetze in der Politik, aber es geht darum, eine andere, eine bessere Politik in dieser Stadt zu machen, die derzeit unter ihren Möglichkeiten bleibt. Für uns wird es in einem faktischen Vier-Parteien-System darauf ankommen, dass wir als einzige bürgerliche Kraft genügend Unterscheidungsmerkmale haben, um uns von der Konkurrenz abzugrenzen. Ich möchte das Potenzial der verschiedenen Verbände, der Think Tanks, der vielen Experten und engagierten Bürger in Berlin zu einer gesellschaftlichen Allianz für Berlin schmieden. Dieses Zusammenspiel von Politik und Gesellschaft ist die einzige Koalition, über die ich in diesem Wahlkampf sprechen werde.
Die Grünen erleben derzeit einen ziemlichen Höhenflug. Gibt es etwas, wofür Sie die Grünen beneiden?
(überlegt)
Vielleicht die starke Verankerung in städtischen Milieus?
Nein… höchstens um ihren derzeitigen Höhenflug (lacht).
Mit Frank Henkel sprach Hubertus Volmer
Quelle: ntv.de