Anti-Terror-Einsatz gegen IS Obama schickt seine Soldaten in den Krieg
11.09.2014, 10:14 Uhr
"Die Flut des Krieges verebbt", sagte Obama früher gerne. Jetzt schickt er Kampfflugzeuge nach Syrien und noch mehr Soldaten zurück in den Irak. In seiner Rede an die Nation kann er diesen Widerspruch kaum verhehlen.
Seit 13 Jahren sind die USA im Krieg. Nach einer Ankündigung von US-Präsident Barack Obama dürften es noch viele Jahre mehr werden. "Wir stehen weiterhin einer terroristischen Bedrohung gegenüber", begann der US-Präsident seine Ausführungen in der mit Spannung erwarteten Rede an die Nation. Die Ansprache endet mit der Erkenntnis, dass die Amerikaner bald auch in Syrien Luftangriffe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) fliegen. Zudem kündigt Obama an, dass die Zahl amerikanischer Militärangehöriger im Irak auf 1500 steigt. US-Soldaten würden künftig auch syrische Regimegegner ausbilden und mit Waffen ausrüsten. Ziel sei es, den IS letztlich zu zerstören.
Ein Kommentator des Senders CNN sagte: "Es ist die Rede, die Obama nie halten wollte." In den fast sechs Jahren im Weißen Haus hatte Obama stets betont, dass "die Flut des Krieges verebbt". Im Kampf um seine Wiederwahl betonte er immer wieder, den von seinem Vorgänger George W. Bush geerbten "dummen Krieg" im Irak beendet zu haben, er habe das Land "stabil und selbstständig" hinterlassen. Den Kampfeinsatz in Afghanistan hatte er ebenso abgewickelt. Er wollte mit einer weißen Weste das Weiße Haus verlassen.
In seiner TV-Ansprache am Mittwochabend wies der Friedensnobelpreisträger auf die Änderung der Realitäten hin. "Wir können nicht jede Spur des Bösen von der Welt tilgen, und kleine Gruppen von Killern haben die Möglichkeit, großen Schaden anzurichten", sagte Obama. IS habe "keine andere Vision als jeden zu schlachten, der ihm im Weg steht". Er sei eine Ansammlung aus Vergewaltigern, Sklavenhaltern und Völkermördern.
IS als starke Bedrohung anerkannt
Zugleich macht Obamas Rede deutlich, wie stark die Regierung in Washington die Extremistengruppe mittlerweile auch als Bedrohung für die eigene Sicherheit ansieht. In den vergangenen Wochen hatte die IS-Miliz Videos veröffentlicht, auf denen die Hinrichtung von zwei verschleppten US-Journalisten zu sehen war. "Dieser Anti-Terror-Feldzug wird mit einem dauerhaften, unnachgiebigen Einsatz geführt werden, um IS zu zerstören - wo auch immer sie sich aufhalten - unter Verwendung unserer Luftwaffe und mit unserer Unterstützung der Bodentruppen befreundeter Staaten", kündigte Obama an.
US-Regierungsvertreter sagten, Obama habe damit deutlich gemacht, dass er künftig auch Luftschläge gegen die Islamisten auf syrischem Boden genehmigen werde. Bisher ist die US-Luftwaffe nur im Irak gegen IS-Kämpfer vorgegangen. Nach mehr als 150 Bombardements im vergangenen Monat konnten irakische und kurdische Soldaten den Vormarsch der Islamisten in dem Golfstaat stoppen.
Zudem würden weitere 475 Militär- und Sicherheitsberater in das Land entsandt, um die irakische Armee im Kampf gegen die Extremisten zu unterstützen. Vor Ort sind bereits mehr als 1000 US-Soldaten und Geheimdienstmitarbeiter. Die Frauen und Männer würden aber nicht in Kampfeinsätze im Irak verwickelt, betonte Obama. Insofern unterscheide sich die Strategie gegen IS deutlich von den früheren US-Einsätzen im Irak oder auch Afghanistan.
Das Präsidialamt teilte weiter mit, Obama habe 25 Millionen Dollar Soforthilfe zur Unterstützung der irakischen Zentralregierung und der kurdischen Regionalregierung im Norden des Landes im Kampf gegen IS freigegeben. Damit soll die Ausbildung der irakischen Streitkräfte verbessert werden.
Aus US-Regierungskreisen verlautete außerdem, dass sich Saudi-Arabien dazu bereiterklärt habe, auf seinem Gebiet ein von den USA geleitetes Trainingslager für gemäßigte Rebellen aus Syrien zu unterstützen. Dies setze aber voraus, dass der Kongress in Washington 500 Millionen Dollar für die Ausbildung und Bewaffnung der Aufständischen gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad genehmige.
Vorsichtige Zustimmung
Im Kongress stießen Obamas Pläne auf vorsichtige Zustimmung. Abgeordnete beider Parteien erklärten, man unterstütze den Kampf gegen den IS. Er sei oft anderer Meinung als der Präsident bei der Außenpolitik, sagte der Republikaner Luke Messer aus Indiana. Gegen die Islamisten müsse man jedoch "als eine Nation zusammenstehen". Die führende Demokratin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, verwies auf Umfragen, denen zufolge 70 Prozent der Amerikaner Angriffe gegen die IS-Miliz befürworten.
Uneinigkeit gab es allerdings bei der Frage, wie mit der vom Präsidenten beantragten Genehmigung von einer halben Milliarde Dollar für die Ausbildung und Bewaffnung gemäßigter syrischer Rebellen umgegangen werden soll. Insbesondere einige Republikaner forderten eine umfassendere Abstimmung zu den Angriffen.
Dagegen verlautete aus Kreisen der Demokraten, einige ihrer Abgeordneten wollten ein solches "Kriegsvotum" vor der Kongresswahl Anfang November vermeiden, um ihre pazifistischen Wähler nicht vor den Kopf zu stoßen. Obamas Berater sollen jetzt hinter verschlossenen Türen mit den Spitzen des Kongresses das weitere Vorgehen diskutieren.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/rts