Politik

USA haben angeblich den Giftgas-Beweis Obama will gegen Assad rüsten

Nach einem Angriff der syrischen Armee auf Aleppo.

Nach einem Angriff der syrischen Armee auf Aleppo.

(Foto: REUTERS)

Die USA beseitigen alle Zweifel am Einsatz tödlicher Giftgase durch das syrische Regime. Gleichzeitig kündigt das Weiße Haus militärische Unterstützung für die Aufständischen an. Diese begrüßen den Wandel. Der ehemalige Bundesaußenminister Steinmeier bleibt skeptisch und die Russen sprechen von einer Fälschung der Fakten.

Die US-Regierung hält den Einsatz von Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg für erwiesen und verspricht den Gegnern von Staatschef Baschar al-Assad offen "militärische Unterstützung". Nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste hätten Assads Truppen im vergangenen Jahr mehrfach "in geringem Umfang" Chemiewaffen eingesetzt, teilte das Weiße Haus mit. Nicht nur in den Augen einiger Republikaner ist damit die Vorbedingung für eine Intervention im Syrien-Konflikt erfüllt. Die syrische Opposition begrüßte die Pläne.

Bei den teils mit dem Nervengas Sarin geführten Angriffen seien "100 bis 150 Menschen" getötet worden, sagte der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, Ben Rhodes. Eben solche Chemiewaffenangriffe hatte Obama in der Vergangenheit als "rote Linie" für ein Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg bezeichnet. "Der Präsident hat gesagt, dass der Einsatz von Chemiewaffen sein Kalkül ändern würde, und das ist passiert", sagte Rhodes.

Flugverbotszone nicht ausgeschlossen

Obama habe zusätzliche Unterstützung der Rebellen mit "nicht-tödlichen" Hilfsmitteln angeordnet. Wie genau der Oppositionsbewegung "militärisch" geholfen werde, ließ Rhodes offen. Die Bewaffnung von Rebellen und die Einrichtung einer Flugverbotszone schloss er nicht aus. "Den Vereinigten Staaten und der internationalen Gemeinschaft stehen eine Reihe von rechtlichen, finanziellen, diplomatischen und militärischen Antworten zur Verfügung", erklärte Rhodes. Nach Angaben westlicher Diplomaten könnten diese entlang der Grenze zu Jordanien gelten. Die Zone solle zeitlich und geografisch begrenzt werden. Weitere Einzelheiten nannten die Diplomaten nicht.  "Wir sind für alle Fälle vorbereitet und werden die Entscheidung nach unserem eigenen Zeitplan treffen", entgegnete Rhodes.

Deutschland liefert keine Waffen

Deutschland wird keine Waffen an die syrische Opposition liefern. Bei dieser Position bleibe es, Deutschland dürfe schon aus "rechtlichen Gründen" keine Waffen in ein Bürgerkriegsgebiet ausführen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Ein Sprecher des Außenamtes ergänzte, die deutsche Regierung habe keine eigenen Erkenntnisse, was den Einsatz tödlicher Giftgase durch das Assad-Regime angehe. Man sei hierzu in engem Kontakt mit den USA. Deutschland dränge auf eine Befassung des UN-Sicherheitsratens, mit dem Ziel, zu einer gemeinsamen Position zu gelangen, machte der Sprecher deutlich.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sieht das Vorhaben der US-Regierung kritisch. "In Syrien gibt es viel Mangel. Es gibt an einem keinen Mangel, und das sind Waffen", sagte Steinmeier im RBB. Er sei vorsichtig, was die US-Haltung angehe. Es brauche eine Syrien-Konferenz, die eine politische Lösung vorbereite.

Syrische Opposition will jetzt Taten sehen

Die syrischen Rebellen verfügen meist nur über sehr einfache Waffen.

Die syrischen Rebellen verfügen meist nur über sehr einfache Waffen.

(Foto: AP)

Die syrische Opposition begrüßte die Pläne. Der Generalstabschef der von Deserteuren gegründeten Freien Syrischen Armee (FSA), General Salim Idriss, erwartet jetzt, dass es nicht nur bei den Plänen bleibt, sondern "dass sie so schnell wie möglich auch umgesetzt würden". Der Interimsvorsitzende der Oppositionsplattform Nationale Koalition, George Sabra, sprach von einem "positiven Schritt". Er hoffe aber, dass es nicht zu Verzögerungen komme, die es dem Regime von Baschar al-Assad ermöglichten, weiterzutöten, sagte er wie auch Idriss dem Nachrichtensender Al-Arabija.

Moskau spricht von einer "Fälschung"

Derweil hat ein führender russischer Außenpolitiker den USA Lügen vorgeworfen. Die Informationen stammten aus der gleichen Ecke wie die Lügen über irakische Massenvernichtungswaffen, erklärte der Chef des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma, Alexej Puschkow, über Twitter. US-Präsident Barack Obama beschreite damit den gleichen Weg wie sein Vorgänger George W. Bush vor dem Irak-Krieg. Russland als UN-Vetomacht versteht sich als Partner Assads.

Es geht um die "Glaubwürdigkeit der USA"

"Die rote Linie des Präsidenten ist überschritten worden", erklärten die republikanischen Senatoren John McCain und Lindsey Graham in einer gemeinsamen Stellungnahme. "Die Glaubwürdigkeit der USA steht auf dem Spiel." Es sei nun "Zeit für entschlossenere Aktionen". McCain, der bei den Präsidentschaftswahlen 2008 gegen Obama unterlag, forderte "schwere Waffen, und zwar solche, die auf Panzerangriffe antworten können und Boden-Luft-Raketen, die den Luftraum sichern." Zudem sollten die US-Streitkräfte auch direkt eingreifen können, um bespielsweise Sicherheitszonen zu verteidigen. Dafür sei auch ein Handeln ohne UN-Mandat wie im Kosovo-Konflikt gerechtfertigt.

Die Rebellen-Hochburg Deir al-Zor ist total zerstört.

Die Rebellen-Hochburg Deir al-Zor ist total zerstört.

(Foto: REUTERS)

Das "Wall Street Journal" meldete sogar, dass Obama Waffenlieferungen an "moderate Rebellen" bereits genehmigt habe. Dabei könne es sich um panzerbrechende Waffen handeln. Bislang stand die US-Regierung diesem Schritt skeptisch gegenüber, weil sie fürchtet, dass die Waffen in die Hände von Islamisten fallen könnten. Doch Rhodes zufolge hat neben dem Einsatz von Chemiewaffen auch die zunehmende Verwicklung der libanesischen Hisbollah-Miliz und des Irans in den Syrien-Konflikt die Sicht Washingtons auf den Bürgerkrieg verändert. Der Syrische Nationalrat als Zusammenschluss der Aufständischen begrüßte "den Ausbau der US-Hilfen inklusive militärischer Unterstützung".

USA lassen F-16 vor Ort

Wie die Nachrichtenagentur AFP aus US-Sicherheitskreisen erfuhr, werden die USA zudem mehrere F16-Kampfjets und Luftabwehrraketen des Typs Patriot auch nach Abschluss einer gemeinsamen Militärübung mit Jordaniens Streitkräften Ende Juni in dem syrischen Nachbarstaat stationiert lassen. Außerdem solle eine Einheit mit Amphibienschiffen weiterhin vor der Küste bereit gehalten werden, um Ammans Sorge vor einem Überschwappen des Bürgerkriegs zu begegnen.

Bei den Kämpfen zwischen Assads Truppen und den Rebellen sind seit März 2011 nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 93.000 Menschen getötet worden. Angesichts des Blutvergießens rief die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay die Konfliktparteien zu einer "sofortigen Waffenruhe" auf.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP/rts

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