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Wahlen frühestens in 18 Monaten Oberst Randrianirina nach Putsch in Madagaskar als Präsident vereidigt

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Oberst Michael Randrianirina ist neuer Staatschef von Madagaskar und spricht von einem historischen Wendepunkt für das Land.

Oberst Michael Randrianirina ist neuer Staatschef von Madagaskar und spricht von einem historischen Wendepunkt für das Land.

(Foto: AFP)

Wochenlange Proteste vor allem junger Menschen auf Madagaskar münden in einen Militärputsch. Der Präsident flieht aus dem Land. Der Chef einer Elit-Einheit übernimmt die politische Führung. Bis zu zwei Jahre will er nun durchregieren.

Nach der Machtübernahme durch eine Elite-Einheit des Militärs in Madagaskar ist deren Anführer Michael Randrianirina als Präsident vereidigt worden. Randrianirina legte bei einer Zeremonie im Verfassungsgericht in der Hauptstadt Antananarivo seinen Eid ab. Der in zivil auftretende 51-Jährige sprach von einem "historischen Wendepunkt" für das ostafrikanische Land. Er kündigte an, "mit allen treibenden Kräften" im Land eine "gute Verfassung" und neue Wahlgesetze auszuarbeiten. Randrianirina hatte zuvor Neuwahlen in 18 bis 24 Monaten in Aussicht gestellt. Eine Forderung des Gerichts nach Wahlen binnen 60 Tagen lehnte er ab und verwies auf nötige Reformen.

Die "große Präsenz der internationalen Gemeinschaft hier zeigt, dass sie die nationale Souveränität respektiert", sagte der frisch vereidigte Präsident. An der Zeremonie in Antananarivo nahmen Militärangehörige, Politiker und Vertreter der von Jugendlichen angeführten Protestbewegung teil. Auch mehrere ausländische Delegationen waren anwesend, darunter aus den USA, der EU, Russland und der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Medienberichten zufolge hatte Randrianirina bereits am Donnerstag eine russische Delegation getroffen. Die EU erklärte, sie verfolge die Ereignisse aufmerksam. Zugleich rief sie zum Dialog auf, um die Rückkehr zur Demokratie in Madagaskar zu fördern.

Das Parlament in Madagaskar hatte am Dienstag für die Absetzung von Präsident Andry Rajoelina votiert. Daraufhin beanspruchte Randrianirina, der Chef der Elite-Militäreinheit Capsat, die Macht im Land. Zudem stellte das Verfassungsgericht die "Vakanz" des Präsidentenamtes fest und forderte Randrianirina auf, die Aufgaben des Staatschefs auszuüben.

Medienberichten zufolge soll sich Rajoelina in Dubai aufhalten. Seine Vertreter beharren darauf, dass er weiterhin im Amt ist. Rajoelina hatte sich selbst 2009 an die Macht geputscht und Madagaskar zuletzt seit 2019 als Präsident regiert. Der riesige Inselstaat vor der Südostküste Afrikas ist doppelt so groß wie Italien, zählt aber mit rund 30 Millionen Menschen nur etwa die Hälfte der Einwohner. Das Land ist weltweiter Hauptexporteur von Vanille. 80 Prozent der Einwohner leben der Weltbank zufolge unter der Armutsgrenze.

Die Proteste in Madagaskar hatten am 25. September begonnen. Randrianirinas Einheit Capsat stellte sich am vergangenen Wochenende auf die Seite der Demonstranten und verkündete am Dienstag, sie habe die Macht in dem ostafrikanischen Land übernommen.

Auslöser der Proteste waren regelmäßige Stromausfälle von mehr als zwölf Stunden pro Tag sowie Probleme bei der Wasserversorgung. Die mit Blick auf das junge Alter der meisten Protestierenden unter dem Namen "Gen Z" zusammengeschlossene Protestbewegung hatte unter anderem Rajoelinas Rücktritt gefordert. Nach UN-Angaben wurden seit Beginn der Proteste mindestens 22 Menschen getötet und rund 100 weitere verletzt.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa

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