Politik

"Teppich ist noch nicht geklopft" Opposition knüpft sich Niebel vor

Teppichhändler in Kabul. Vor Ort gibt es tolle handgeknüpfte Teppiche zu günstigen Preisen.

Teppichhändler in Kabul. Vor Ort gibt es tolle handgeknüpfte Teppiche zu günstigen Preisen.

(Foto: dapd)

Die Geschichte ist zu schräg, um sie ernst zu nehmen. Doch auch zu schräg, um sie zu ignorieren. So wird die "Teppich-Affäre" von Entwicklungsminister Niebel zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Unangenehm für die Regierungskoalition, Steilvorlage für die Opposition. Niebel bleibt nur, sich reuig zu zeigen.

Einig waren sich die Redner in der Aktuellen Stunde des Bundestages immerhin darüber, dass sie eigentlich Besseres zu tun hätten, als über den Teppichkauf eines Ministers zu debattieren. Aber sie taten es trotzdem, in einer eigens von der SPD anberaumten Aktuellen Stunde im Parlament. Zu verlockend ist die des Entwicklungsministers Dirk Niebel, um nicht einmal grundsätzlich dessen Eignung für das Amt in Frage zu stellen.

So ist Niebel gern im Ausland unterwegs: Leger mit alter Bundeswehr-Mütze. Das Accessoire findet die Linke für dieses Amt höchst unpassend.

So ist Niebel gern im Ausland unterwegs: Leger mit alter Bundeswehr-Mütze. Das Accessoire findet die Linke für dieses Amt höchst unpassend.

(Foto: dpa)

Niebel hat sich bei einem Besuch in Afghanistan in der Deutschen Botschaft von einem Teppiche vorführen lassen. Einen davon hat er gekauft. Später muss ihm aufgefallen sein, dass er das 30 Kilogramm schwere Stück gar nicht selbst transportieren konnte. Am Ende nahm der BND-Präsident den Teppich in seiner Maschine mit und ging davon aus, Niebel habe diesen geschenkt bekommen. Am Flughafen Berlin-Schönefeld holte Niebels Fahrer den Teppich ab und brachte ihn zu dessen Haus - unverzollt. Seitdem drischt nicht nur der politische Gegner, auf den Minister ein.

Niebel hat Angst

Welch große Angst der Minister hat, dass die Sache mit dem Teppich für ihn noch böse ausgehen könnte, ist seiner Stellungnahme im Bundestag anzumerken. "Niemand ärgert sich mehr als ich über diesen Vorgang", gibt der FDP-Mann zu Protokoll. Er wäre ja so gern auf den Basar gefahren, aber die Botschaft hätte ihm aus Sicherheitsgründen davon abgeraten. Also kaufte er den Teppich von dem Händler, der ihm die Ware hinter den sicheren Mauern der Botschaft präsentierte. Der offizielle Teil der Reise sei ja auch schon beendet gewesen.

Selbst die SPD, aus deren Reihen bereits worden war, bezeichnet den Anlass als zu nichtig, um dahinter schon Vetternwirtschaft und Korruption zu vermuten. Aber peinlich sei es, wettert der SPD-Entwicklungspolitiker Sascha Raabe. Und dann wisse man noch nicht einmal, ob nicht Kinder an dem rund 1000 Euro teuren Stück aus Kabul gearbeitet hätten. Und gleichzeitig verkünde der Minister "tränenreich" am Welttag der Kinderarbeit, wie schlimm dies doch sei. Die Grünen-Abgeordnete Ute Koczy droht unverhohlen: "Dieser Teppich ist noch nicht geklopft!"

Döring verteidigt lautstark

Die Geschichte ist vielleicht eine zuviel für den schlecht gelittenen Entwicklungsminister. Nicht nur er, auch seine Parteifreunde und der Koalitionspartner CDU wirken nervös. Also verweisen sie auf die angeblichen Errungenschaften des Ministers in seinem Ressort ("Er hat die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit zu einem Global Player gemacht") und heben hervor, wie sehr er mit dem Teppichkauf den Mittelstand in Afghanistan gefördert hat. Niebel gibt sich reuig ("Ich bedaure, das alles nicht besser organisiert zu haben") und überlässt die Attacke später FDP-Generalsekretär Döring, die allerdings bis auf die Lautstärke wenig zur Verteidigung taugt.

Steilvorlage für die Opposition. Sie kann generös sagen, der Skandal sei ja gar nicht die "Teppichnummer", sondern Niebels Entwicklungspolitik an sich. "Ihnen fehlt generell das Gespür dafür, was man macht und was nicht", schimpft die Linken-Abgeordnete Heike Hänsel. Ob mit der Bundeswehrkappe in Afrika oder arrogante Freiheitsreden schwingend in Lateinamerika - ein weiterer Beweis für das fehlende Gespür Niebels in der Entwicklungspolitik sei der Schnäppchenkauf in der Kabuler Botschaft.

Die Teppichnummer könnte für Niebel tatsächlich noch unangenehm enden. Die Fragen, die die Opposition stellt, sind von grundsätzlicher Natur. Etwa: Taugt eine Dienstreise in ein Kriegsgebiet dazu, nebenbei noch Souvenirs für die heimischen vier Wände einzukaufen? Als Botschafter für gute Regierungsführung in seiner Meinung nach unfreien Staaten muss sich Niebel diese Einwände in der Tat gefallen lassen, auch wenn die fehlende Verzollung - dumm genug! - vermutlich wirklich eher Schlamperei als Geiz geschuldet war.

Quelle: ntv.de

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