"Schande und Demütigung" Papst geißelt Missbrauch
18.09.2010, 14:35 Uhr
Der Papst in der Kathedrale von Westminster.
(Foto: AP)
Papst Benedikt XVI. zeigt sich beschämt und findet klare Worte. Der Missbrauch von Kindern durch Priester sei ein "unbeschreibliches Verbrechen, sagt er bei seinem Besuch in London. Neben einer Heilung der Opfer sei nun auch die Läuterung der Kirche notwendig.
Papst Benedikt XVI. hat den Missbrauch von Kindern als "unbeschreibliches Verbrechen" gegeißelt und die Verfehlungen von katholischen Priestern tief bedauert. In seiner Predigt in der Londoner Westminster Kathedrale sprach der Papst von dem ungeheuren Leiden, "das durch den Missbrauch von Kindern verursacht wurde, besonders, wenn es in der Kirche und durch ihre Diener geschah."
Gemeinsam mit den unschuldigen Opfern gestehe er die Beschämung und Demütigung ein, "unter der wir alle wegen der Sünden einer geringen Zahl von Priestern gelitten haben." Notwendig sei neben einer Heilung der Opfer die Läuterung der Kirche. Benedikt dankte allen, die das Problem verantwortungsvoll in Angriff genommen hätten.
Benedikt XVI. hatte schon zum Auftakt seines Besuchs am Donnerstag der Kirchenführung im Umgang mit den Missbrauchsfällen eingeräumt. Diese sei "nicht wachsam genug" gewesen. Ende 2009 war bekannt geworden, dass katholische Würdenträger in jahrzehntelang Vergewaltigungen und Misshandlungen von Minderjährigen vertuscht hatten. Auch in Deutschland und zuletzt Belgien wurden zahlreiche Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern durch katholische Geistliche bekannt.
Tausende Gläubige
Vor der Kathedrale von Westminster hatten sich tausende Gläubige versammelt, darunter viele junge Leute, die dem Papst zujubelten. Ein junger Mann aus Ost-London sprach von "einer wirklich lebendigen Kirche". In seinem "Gruß an die Jugend" warnte der Papst nach einer Messe vor den Gefahren von Neid, Selbstsucht und Stolz. "Auch inmitten der Geschäftigkeit und des Alltagsstresses müssen wir Raum schaffen für Stille, denn in der Stille geschieht es, dass wir Gott finden, und in der Stille geschieht es, dass wir unser wahres Selbst entdecken." Am Abend werden 100.000 Gläubige im Hyde Park erwartet, wenn der Papst eine Gebetswache für Kardinal John Henry Newman halten wird, den er am Sonntag in Birmingham selig sprechen will.
Papstgegner planen für den Nachmittag eine große Demonstration durch die Straßen der Londoner Innenstadt, bei der es auch um den Missbrauchsskandal gehen sollte. Unter anderem sollten Opfer sexueller Übergriffe durch Priester zu Wort kommen. Die Gegner kritisieren aber auch die Haltung des Vatikans zur Rolle der Frau in der Gesellschaft, zu den Rechten Homosexueller und zur Geburtenkontrolle.
Terror-Verdächtige in Haft
Vor der einzigen Messe mit dem Pontifex in London war Benedikt zunächst zu einem kurzen Gespräch mit dem britischen Premierminister David Cameron zusammengekommen. Es folgten Begegnungen mit Camerons Vize Nick Clegg und mit Oppositionsführerin Harriet Harman von der Labour-Partei. Dabei dürfte auch die Festnahme mehrerer am Freitag angesprochen worden sein. Die sechs Nordafrikaner sollen Anschläge im Zusammenhang mit dem Papst-Besuch geplant haben.
Die Verdächtigen blieben auch am Samstag in Polizeigewahrsam. Sie stünden unter dem Verdacht der "Anstiftung, Vorbereitung und Beauftragung terroristischer Taten", teilte die Londoner Polizei mit. Die britische Zeitung "Guardian" berichtete am Samstag, die sechs Straßenkehrer - darunter mehrere Algerier - seien nur vorsichtshalber festgenommen worden, weil sie berufsbedingt Zugang zur Wegstrecke des Papstes gehabt hätten.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa