Online-Parteitag kommt nicht Piraten bleiben offline
12.05.2013, 17:30 Uhr
Müssen auch weiterhin manuell zur Urne gehen: Die Piraten
(Foto: dpa)
Eigentlich will eine Mehrheit der Piraten in Zukunft über das Internet ihr Programm weiterentwickeln. Doch der Streit um diese neue Möglichkeit stürzt den Parteitag ins Chaos. Am Ende entscheiden 23 Stimmen über die Partei-Revolution.
"Hasenfüßig" nennt Klaus Peukert seine eigene Partei. Seit Jahren arbeitet er daran, dass die Piraten einen mutigen Schritt gehen und verbindliche Beschlüsse üb er das Internet möglich machen. Acht Anträge wurden in der Partei dazu ausgearbeitet, sie boten verschiedene Nuancen in der Ausgestaltung an. Doch der Bundesparteitag in Neumarkt gab sich keinen Ruck.
Für die Piraten wäre der Online-Parteitag, genannt "Ständige Mitgliederversammlung" (SMV), extrem wichtig gewesen. Prominente Piraten wie Marina Weisband drohten, sich im nun eingetretenen Fall anderweitig umzusehen. "Finde die politische Ausrichtung der Piraten weiterhin goldrichtig", twitterte sie nun. "Wir müssen aber weiter versuchen, echte Beteiligung zu ermöglichen."
Bisher trifft sich die Partei zweimal im Jahr, um ihre Programme fortzuschreiben. Der Vorstand hat wenige Kompetenzen, ein starkes Zwischengremium gibt es nicht. Kein Delegiertensystem nimmt es den Mitgliedern ab, persönlich zum Parteitag zu fahren. Die angeblich so moderne Partei ist damit so schwerfällig wie keine andere. Auf aktuelle Entwicklungen reagieren kann sie nicht. Sieht so ein "Politik-Update" aus?
Obwohl sich in einem unverbindlichen Meinungsbild die Versammlung für verbindliche Online-Abstimmungen ausgesprochen hatte, scheiterte die digitale Demokratie an einer Grundsatzfrage: Müssen Wahlen auch innerhalb einer Partei geheim sein? Geheime Wahlen über das Internet sind kompliziert. Außerdem könnten sie gefälscht werden. Die Piraten vertrauen keiner Technik, die sie nicht vollständig nachvollziehen können. Die Alternative: Eine namentliche Abstimmung, doch das widerspricht dem Recht auf eine geheime Wahl.
Entscheidung am dritten Tag
Bis es zu einer endgültigen Entscheidung kam, musste sich die Versammlung allerdings durch einen Berg von Verfahrensfragen kämpfen. Nachdem zum ersten Mal über eine ganze Reihe von SMV-Anträgen abgestimmt worden war, forderten einige, über die am besten bewerteten Anträge neu abzustimmen. Zunächst war niemandem aufgefallen, dass die Geschäftsordnung das so vorsieht. "Ich habe mir etwas zu Essen geholt und beim Essen ist es mir aufgefallen", sagte Peukert zu n-tv.de.
Die zusätzlichen Wahlgänge und eine große Zahl an Verfahrensfragen zogen die Abläufe in die Länge. Schon am Samstag war ein Beschluss durch Geschäftsordnungsanträge verhindert worden. Obwohl für die SMV eigens am Freitag viel Zeit reserviert war, fiel die Endscheidung ganz am Ende des letzten Versammlungstags am Sonntag.
Und sie war denkbar knapp: Ganze 23 Stimmen verhinderten die Demokratie-Revolution.
Was bleibt, ist ein anderer Beschluss, von dem niemand weiß, was er genau bedeutet. Er könnte verbindliche Online-Abstimmungen möglich machen, sagt aber nicht, wie das gehen soll.
Außerdem soll es die Möglichkeit zu dezentralen Abstimmungen geben. Dabei werden Wahlurnen über Deutschland verteilt aufgestellt, was billiger sein soll als eine Abstimmung per Brief. "Das ist eine schöne Ergänzung unserer Satzung, aber natürlich kein Ersatz für eine SMV", sagte Klaus Peukert deutlich enttäuscht.
Quelle: ntv.de