Neue Proteste in Hongkong Polizei räumt Tunnelblockade
15.10.2014, 03:01 Uhr
Tumulte unter Wolkenkratzern: Die umstrittene Wahlrechtsreform gewählt Peking mehr Einfluss.
(Foto: REUTERS)
Das Wirtschaftszentrum im Süden Chinas kommt nicht zur Ruhe. Mit Steinen, Eisenstangen und Absperrgittern riegeln prodemokratische Demonstranten eine Hauptverkehrsader im Finanzviertel ab. Die Sicherheitskräfte greifen zum Tränengas.
Bei einem gewaltsamen Einsatz der Polizei gegen Demonstranten in Hongkong sind in der Nacht auf Mittwoch 45 Personen festgenommen worden. Vier Beamte wurden nach Polizeiangaben bei den Zusammenstößen verletzt. Lokale Medien sprachen auch von verletzten Demonstranten.
Die Hongkonger Polizei war demnach angetreten, den am Vorabend von Aktivisten überraschend blockierten Tunnel der Lung Wo Road nahe des Regierungssitzes im Zentrum der dicht besiedelten Millionenmetropole wieder für den Verkehr zu öffnen. Bei der Aktion hätten die Sicherheitskräfte Pfefferspray eingesetzt, hieß es.
Augenzeugen berichteten von chaotischen Szenen, als Polizisten Demonstranten zu Boden rangen. Unter den Festgenommenen sind 37 Männer und 8 Frauen. Einige hundert Demonstranten verbrachten die Nacht unter freiem Himmel an den Protestzentren Admiralty und Causeway Bay auf der Insel Hongkong sowie im belebten Geschäftsviertel Mong Kok auf der Halbinsel Kowloon.
Wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete, gingen hunderte Beamte gegen Protestierende vor, die auf der Lung Wo Road nahe dem Sitz der Stadtverwaltung neue Barrikaden errichtet hatten. Es soll Verletzte auf beiden Seiten gegeben haben. Binnen einer Stunde habe die Polizei die viel befahrene Hauptstraße wieder unter Kontrolle gebracht, hieß es. Die Aufräumarbeiten dauern an. Protestierende erklärten, die Blockade sei als Vergeltung für die Räumung eines anderen Protestortes durch die Polizei geplant gewesen.
"Sie haben mir nicht zugehört"
Die Beamten gingen dabei offenbar auch gewaltsam gegen Journalisten vor. Ein Reporter erklärte, er sei von mehreren Polizisten festgehalten und geschlagen worden. "Ich habe versucht, ihnen zu sagen, dass ich ein Reporter bin, aber sie haben mir nicht zugehört", sagte er. Demnach erlitt er Schnittwunden und Verletzungen an Nacken und Rücken. Erst als es ihm später gelang, seinen Presseausweis zu zeigen, sei er freigelassen worden.
Die Demokratiebewegung fordert die Änderung einer von Peking beschlossenen Wahlreform für Hongkong. Diese sieht vor, dass die Bürger Hongkongs im Jahr 2017 erstmals direkt einen Verwaltungschef wählen, die chinesische Staatsführung jedoch die Kandidaten vorab auswählt.
Die Proteste in der früheren britischen Kronkolonie, die seit 1997 als autonom regierte Sonderverwaltungsregion zu China gehört, dauern seit mehr als zwei Wochen an. Bislang haben die Demonstranten weder aus Peking noch von der Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone Zugeständnisse erreicht. Die Regierung von Hongkong hatte auch einen geplanten Dialog mit den Studenten zur Lösung der politischen Krise wieder abgesagt.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa