Showdown in Lissabon Portugals Regierung vor dem Sturz
10.11.2015, 13:50 Uhr
Pedro Passos Coelho steht nach mehr als fünf Jahren im Amt vor dem Aus
(Foto: REUTERS)
Das Musterland der EU-Rettungspolitik steht vor einem Kurswechsel. Der für seine Sparpolitik abgestrafte Regierungschef Passos Coelho könnte noch am Nachmittag von der neuen Mehrheit linker Parteien aus dem Amt gejagt werden.
Das portugiesische Parlament ist in die entscheidende Debatte zum geplanten Misstrauensvotum gegen die konservative Minderheitsregierung gegangen. Der Chef der Sozialistischen Partei (PS), António Costa, rechnete damit, dass das Regierungsprogramm bei einer Abstimmung am Nachmittag abgelehnt wird, was automatisch den Sturz der Regierung zur Folge hätte. Bereits am Montag hatten sich die linken und rechtskonservativen Parteien im Parlament einen heftigen Schlagabtausch geliefert.
Die linken Oppositionsparteien aus PS, Linksblock (BE) und dem Wahlbündnis aus Kommunistischer Partei und Grünen (CDU) kündigten an, die bisherige strikte Sparpolitik der Regierung stoppen zu wollen. Das Dreierbündnis verfügt nach der Parlamentswahl vom 4. Oktober über 122 der 230 Mandate und damit über mehr als die zum Sturz der Regierung benötigte Mehrheit. Die rechtskonservative Wahlallianz des alten und neuen Regierungschefs Pedro Passos Coelho aus Volkspartei (CDS-PP) und Sozialdemokratischer Partei (PSD) hatte bei der Wahl ihre absolute Mehrheit im Parlament verloren.
Nervosität an den Aktienmärkten
Die Unsicherheit über die politische Zukunft gefährdet auch die wirtschaftlichen Perspektiven des Landes: Die Börse in Lissabon zeigte sich den zweiten Tag in Folge kräftig im Minus. Binnen sechs Tagen verlor der Aktienmarkt des Landes knapp 8 Prozent. Die Investoren sind offenbar unsicher, ob auch eine mögliche Links-Regierung den mit Portugals Gläubigern vereinbarten Weg des Schuldenabbaus beibehält.
Der Gouverneur der portugiesischen Zentralbank Carlos Costa sagte, er werde sich nicht zur Politik äußern, es sei aber für das Land von essentieller Bedeutung, dass es in der Eurozone bleibe und deren Haushalts- und Finanzregeln beachte: "Das ist wie im Fußball, wir müssen innerhalb der Grenzen des Feldes spielen."
Auch die portugiesischen Anleihen leiden unter der Unsicherheit. Die Commerzbank geht von weiter negativen Nachrichten aus und sieht dementsprechende Gefahr für Wertschwankungen. Portugal hat sich zwar aus dem Euro-Rettungsschirm verabschiedet. Umso mehr ist das Land aber auf günstige Staatsanleihen angewiesen, wofür Portugal Vertrauen schaffen muss.
Quelle: ntv.de, shu/AFP/DJ