Politik

Janukowitschs Gegner besetzen Staatsgebäude Klitschko-Opposition plant Blockade in Kiew

Vitali Klitschko ist Chef der oppositionellen Udar-Partei.

Vitali Klitschko ist Chef der oppositionellen Udar-Partei.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ab dem frühen Morgen soll in Kiew die staatliche Verwaltung lahmgelegt werden. Mehrere tausend Regierungsgegner um Boxweltmeister Vitali Klitschko haben die Nacht auf dem Unabhängigkeitsplatz verbracht. Die Polizei bereitet sich auf Zusammenstöße vor.

Tausende Oppositionsanhänger fordern bei erneuten Demonstrationen im Regierungsviertel von K iew den Rücktritt von Ministerpräsident Nikolai Asarow. Ein Amtsverzicht des engen Vertrauten von Staatschef Viktor Janukowitsch wäre ein "erster wichtiger Schritt", sagte Arseni Jazenjuk von der Vaterlandspartei der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko. Hunderte Demonstranten halten weiter die Gewerkschaftszentrale und das Rathaus besetzt. Die Polizei hat die Oppositionsanhänger aufgerufen, die Gebäude unverzüglich zu räumen.

Beobachter zählen momentan allerdings deutlich weniger Demonstranten als am Vortag. Hunderttausende Menschen hatten am Wochenende in Kiew den Rücktritt von Asarow und Janukowitsch sowie einen Westkurs ihres Landes gefordert. Nach den Massenprotesten campierten etwa 5000 Menschen auch über Nacht im Zentrum von Kiew. Sie errichteten auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz (Maidan) Zelte und auch Barrikaden. Bei leichtem Regen und plus vier Grad Celsius wärmten sich viele Gegner von Präsident Viktor Janukowitsch an kleineren Feuern.

Größte Demonstration seit 2004

Ein Sprecher der Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko hatte eine Blockade von Gebäuden der staatlichen Verwaltung ab dem frühen Morgen angekündigt. Der Chef der rechtspopulistischen Partei Swoboda, Oleg Tjagnibok, rief einen landesweiten Generalstreik aus.

Am Sonntag hatten in der ukrainischen Hauptstadt schätzungsweise bis zu 500.000 Menschen Janukowitschs Rücktritt sowie einen Westkurs ihres Landes gefordert. Es war die größte Demonstration seit der Orangenen Revolution 2004. Allerdings kam es am Rande der Kundgebung zu schweren Zusammenstößen von Randalierern mit der Polizei. Der für die Nachbarschaftspolitik zuständige EU-Kommissar Stefan Füle forderte einen sofortigen Dialog für eine friedliche Lösung.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasm ussen forderte von Regierung und regierungskritischen Demonstranten, auf Gewalt zu verzichten. "Gewalt und Macht sind in einer demokratischen Gesellschaft keine Wege zur Beendigung politischen Streits", heißt es in einer Erklärung. Rasmussen betonte, es sei "das Recht des Volkes, überall seine Ansicht in demokratischer Weise auszudrücken".

150 Verletzte bei Polizeieinsatz

Sicherheitskräfte hatten massiv Tränengas und Blendgranaten eingesetzt. Dabei seien insgesamt mindestens 150 Menschen verletzt worden, darunter auch Journalisten, teilten die Behörden der Ex-Sowjetrepublik mit. Fast 50 Sicherheitskräfte und zahlreiche Protestierer mussten in Kliniken behandelt werden. Mindestens 22 Menschen wurden festgenommen.

Parlamentspräsident Wladimir Rybak bot den Fraktionen einen Runden Tisch an. Mitglieder sowohl der Regierung als auch der Opposition sollten den brutalen Polizeieinsatz aufklären, bei dem eine Sondereinheit friedliche EU-Befürworter auf dem Unabhängigkeitsplatz niedergeknüppelt hatte. Das Vorgehen hatte nach Ansicht von Beobachtern die Proteste noch angeheizt.

Putin schüchtert Janukowitsch ein

Entzündet hatten sich die Demonstrationen daran, dass Präsident Janukowitsch auf dem EU-Gipfel zur Östlichen Partnerschaft die Unterschrift unter ein weitreichendes Abkommen mit der EU verweigert hatte. Zuvor hatte Russland dem Nachbarland mit massiven Handelssanktionen gedroht. Regierungschef Nikolai Asarow verteidigte die Entscheidung. Die Ukraine hätte große wirtschaftliche Verluste zu befürchten gehabt, sagte er.

Auch in zahlreichen anderen Städten gab es Proteste, meist im proeuropäisch geprägten Westen. Im russischsprachigen Süden und Osten der Ukraine hingegen beriefen mehrere Gebietsparlamente außerordentliche Sitzungen ein. Dabei wollten sie Janukowitsch ihre Unterstützung aussprechen. Die ehemalige Sowjetrepublik ist in der Frage einer EU-Annäherung tief gespalten.

Quelle: ntv.de, nsc/ave/dpa

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