"Legitime" Regierung der Krim Putin gibt sich unversöhnlich
09.03.2014, 16:48 Uhr
Demonstranten gehen in Kiew für eine unabhängige Ukraine auf die Straße.
(Foto: dpa)
Russlands Präsident Putin spricht erneut mit EU-Staatschefs und zeigt sich wenig verhandlungsbereit. Doch auch die EU-Sanktionen gegen Moskau stoßen bei immer mehr Politikern auf Ablehnung. Deutschland leistet der Ukraine humanitäre Hilfe.
Im Ukraine-Konflikt hat Russlands Staatschef Wladimir Putin erneut mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und auch dem britischen Premierminister David Cameron telefoniert. Dabei seien die jeweiligen "Standpunkte ausgetauscht" worden, teilte der Kreml im Anschluss mit. Putin habe bekräftigt, dass Russland die prorussischen Autoritäten auf der ukrainischen Halbinsel Krim am Schwarzen Meer als "rechtmäßig" betrachte.
Nach dem Umsturz in Kiew hatten Ende Februar prorussische Bürgerwehren sowie mutmaßlich russische Soldaten die Kontrolle über die Krim übernommen. Das dortige Parlament rief Putin am Donnerstag auf, die Halbinsel in die Russische Föderation aufzunehmen. Zugleich setzte die Regionalregierung, die von der Zentralregierung in Kiew nicht anerkannt wird, ein Referendum für den kommenden Sonntag an. Am Freitag sagte das russische Parlament seine Unterstützung zu.
Die ukrainische Übergangsregierung und der Westen wenden sich entschieden gegen eine Abspaltung der Krim von der Ukraine und halten das angesetzte Referendum für unrechtmäßig. Wegen der Entsendung russischer Truppen auf die Halbinsel verhängten die USA Einreiseverbote und froren Vermögen ein. Auch die Europäische Union beschloss erste Sanktionen. Russland drohte seinerseits mit Gegenmaßnahmen.
Mehr zur aktuellen Lage in der Ukraine finden Sie im Liveticker.
Zwiespältige Haltung zu Sanktionen
Allerdings werden die EU-Sanktionen gegen Russland in Deutschland zunehmend kritisch gesehen. "Putin ist äußerst machtbewusst, der lässt sich mit Sanktionen nicht an den Verhandlungstisch zwingen", sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) der "Wirtschaftswoche" zur Wirkung solcher Maßnahmen auf den russischen Präsidenten. Die EU müsse stattdessen einen Dialog der Konfliktparteien sicherstellen.
Die Bundesbürger sind bei dem Thema gespalten: Laut einer Emnid-Umfrage im Auftrag des "Focus" befürworten 45 Prozent von ihnen Sanktionen, 44 Prozent lehnen dies ab. Zwölf Prozent machten demnach keine Angaben.
Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) sieht das Vorgehen Russlands in der Ukraine kritisch. "Natürlich ist das, was auf der Krim geschieht, ein Verstoß gegen das Völkerrecht", sagte Schröder in Hamburg. Dennoch wolle er seinen Freund Putin nicht verurteilen. Er selbst habe als Kanzler beim Jugoslawienkonflikt ebenfalls gegen das Völkerrecht verstoßen. "Da haben wir unsere Flugzeuge nach Serbien geschickt, und die haben zusammen mit der Nato einen souveränen Staat gebombt - ohne dass es einen Sicherheitsratsbeschluss gegeben hätte." Insofern sei er mit dem erhobenen Zeigefinger vorsichtig, betonte Schröder.
China rief alle Seiten zur Mäßigung auf. "Es ist bedauerlich, dass es zu der heutigen Situation in der Ukraine gekommen ist, doch ist es kein Zufall, dass dieser Punkt erreicht wurde", sagte Außenminister Wang Yi. Die Krise sei "kompliziert". "Vorrang hat jetzt, dass Gelassenheit und Zurückhaltung geübt und verhindert wird, dass die Situation weiter eskaliert."
Deutschland nimmt Verletzte auf
In den kommenden Tagen sollen 40 bei den Straßenschlachten in Kiew verletzte Ukrainer zur Behandlung in Deutschland eintreffen. Ein Bundeswehr-Airbus wird die Verletzten nach Berlin bringen, von wo sie dann auf verschiedene Kliniken verteilt werden, wie Bundesverteidigungsministerium und Auswärtiges Amt am Sonntag in Berlin mitteilten. Darunter sind neben Demonstranten auch mehrere Polizisten.
Viele Teilnehmer der Proteste auf dem Kiewer Maidan hätten vor allem Schussverletzungen davongetragen, für die in hoch spezialisierten medizinischen Einrichtungen in Deutschland gute Behandlungschancen bestünden, erklärten die beiden Ministerien. Unter anderem sollen neun der Verletzten in der Berliner Charité behandelt werden. Dort wird derzeit auch die frühere ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko behandelt.
Nach Angaben von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bereiten Ärzteteams der Bundeswehr derzeit in Kiew den Abtransport der Verwundeten nach Deutschland vor. Es sei "eine Selbstverständlichkeit, dass Deutschland Solidarität mit den Menschen der Ukraine zeigt", erklärte die Ministerin.
Bei Straßenkämpfen in Kiew hatte es Ende Februar Dutzende Tote und hunderte Verletzte gegeben. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte am Sonntag in Berlin: "Was das für die Zukunft der Ukraine bedeutet, wissen wir noch nicht." Aber den Verletzten solle geholfen werden, "wieder ein gutes und möglichst normales Leben führen zu können".
Quelle: ntv.de, sab/dpa/AFP