Politik

Geisel-Coup mit Schröders Hilfe Putins diplomatischer Bluff

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(Foto: REUTERS)

Es gibt Schampus und Kaviar, Wladimir Putin und Gerhard Schröder feiern zusammen in St. Petersburg. Verhandeln die beiden auch über die OSZE-Geiseln? Selbst wenn das stimmt: Ein Friedenspatron wäre Putin auch dann nicht.

Wenn Wladimir Putin etwas hofft, muss es in seinem Sinne sein. Im Fall der festgehaltenen Militärbeobachter "hofft" der russische Präsident nach eigenem Bekunden, dass diese die Ukraine bald ungehindert verlassen können. Kurz darauf erklärt Wjatscheslaw Ponomarew, der selbst ernannte "Bürgermeister" von Slawjansk, die OSZE-Beobachter würden "binnen kürzester Zeit" freigelassen werden. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, soll Putin sich auch auf Drängen von Altkanzler Gerhard Schröder für die Geiseln eingesetzt haben.

Genügte wirklich ein Anruf aus Moskau, um Ponomarew zum Einlenken zu bewegen? Ob Schröders umstrittene Feier in St. Petersburg also doch ihr Gutes hatte oder es nur Zufall ist, sei mal dahingestellt. Die Erzählung setzt Schröder und Putin in ein positives Licht. Sollten die Geiseln freikommen, können die beiden Freunde sich als Krisen-Vermittler feiern.

Mit Hilfe des deutschen Altkanzlers stünde Putin dann als einer da, der sogar dort Verhandlungserfolge erzielt, wo der Westen überfordert ist. Aber macht Putin Ernst und schlägt im Ukraine-Konflikt einen neuen Ton an, oder blufft er nur?

Zugegeben: Es wäre nicht Putins erstes diplomatisches Ausrufezeichen in den vergangenen Tagen. Überraschend hat Moskau die Manöver an der Grenze zuletzt für beendet erklärt. Aber die vermeintlichen Zeichen der Entspannung sind trügerisch. Wenn Putin die Separatisten zur Freilassung der Geiseln drängen kann, warum hat er ihnen dann nicht schon früher Druck gemacht? Die prorussischen Separatisten haben die Forderungen des Friedensgipfels in Genf schließlich noch immer nicht erfüllt. Sie haben weder ihre Waffen abgegeben noch die besetzten Gebäude verlassen.

Ein kompromissloser Machtpolitiker

Putin löst möglicherweise Probleme in diesen Tagen, er hält allerdings auch Konfliktherde aufrecht. Nach Donezk, Charkiw und Slawjansk stürmten prorussische Rebellen in dieser Woche auch Regierungsgebäude in Kostjantyniwka, Lugansk und Horliwka - ganz offensichtlich mit der Duldung Moskaus. Ponomarew bestreitet zwar, dass er auf Putin hört. Dennoch zeigt das Beispiel der OSZE-Beobachter: Offenbar hat der Präsident sehr wohl Einfluss auf die Aufständischen, er übt ihn jedoch nur willkürlich aus. Putin bleibt ein kompromissloser Machtpolitiker, dessen Handeln nur schwer zu durchschauen ist.

Wie sehr Russland auf Eskalation setzt, zeigt auch eine Mitteilung, die das Außenministerium am Montag verbreitete. Darin heißt es, Kiew baue Sammelpunkte für illegale Migranten, die Konzentrationslagern aus der Nazizeit ähnelten. Was auch immer Putin vorhat: Zum Bild des Friedenspatrons passt dies nicht.

Quelle: ntv.de

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