Politik

"Schwere Zeiten stehen bevor" Rajoy hält seine Pläne zurück

Die Konservativen siegen bei den Parlamentswahlen in Spanien haushoch. Doch bei allem Jubel bereitet der Sieger Rajoy seine Landsleute schon einmal auf das Schlimmste vor. In Zeiten der Krise dürfe niemand ein Wunder erwarten, sagt er. Die absolute Mehrheit gibt Rajoy freie Hand, ein rigoroses Sparprogramm durchzusetzen.

Der designierte spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy hat nach dem seine Landsleute auf eine lange Durststrecke eingestimmt. Konkrete Schritte will der 56-Jährige aber erst nach seinem Amtsantritt im Dezember bekanntgeben. Dann werde er offenlegen, wie er die heraufziehende Rezession bekämpfen wolle, kündigte Rajoy an. Damit machte er allerdings Hoffnungen zunichte, eine rasche Bekanntgabe von Details könnte die nervösen Finanzmärkte beruhigen. Es wird damit gerechnet, dass Rajoy um den 20. Dezember seinen Amtseid ablegt und sein Kabinett benennt.

Rajoy will sich noch nicht zu seinen Maßnahmen äußern.

Rajoy will sich noch nicht zu seinen Maßnahmen äußern.

(Foto: REUTERS)

Rajoys Partei erreichte bei der Parlamentswahl am Sonntag mit 44,6 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit. Die bislang regierenden Sozialisten fuhren dagegen ihr schlechtestes Ergebnis seit Wiedereinführung der Demokratie nach dem Ende der Franco-Diktatur 1975 ein. Der bisherige Premier José Luis Rodríguez Zapatero hatte auf eine Kandidatur für eine dritte Amtszeit verzichtet. Spaniens sozialistisches Kabinett ist die fünfte Regierung der Eurozone, die in diesem Jahr im Zuge der Schuldenkrise weichen musste. Zuvor hatte es bereits in Griechenland, Italien, Portugal und Irland Regierungswechsel gegeben.

"Teil der Lösung sein"

Trotz der langen Übergangszeit bis zum Amtsantritt wird Rajoy wegen der drängenden wirtschaftlichen Probleme und der mit 21 Prozent höchsten Arbeitslosigkeit in der EU kaum Zeit bleiben, seinen Wahlsieg zu genießen. Die unruhigen Finanzmärkte warten auf Hinweise, , um Spanien aus der Schuldenkrise herauszuführen. Der Chef der Volkspartei hat bislang nur allgemein angekündigt, die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen und den Arbeitsmarkt zu reformieren. Im Wahlkampf hatte Rajoy Einschnitte in allen Bereichen mit Ausnahme der Renten angekündigt.

Die Konservativen jubeln.

Die Konservativen jubeln.

(Foto: dpa)

Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte Rajoy in einem Telefonat zu seinem Wahlsieg. Laut Regierungssprecher Steffen Seibert bot sie eine "enge und gute Zusammenarbeit bei der Bewältigung all der großen Probleme" an, denen sich Spanien derzeit gegenüber sehe. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker sagte, es sei nun an der neuen Regierung, eine glaubhafte Konsolidierung zu verfolgen. Der Wahlsieg der Konservativen sei an den Märkten bereits seit Wochen eingepreist gewesen. Die spanische Regierung hat versprochen, das Haushaltsdefizit von 9,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2010 auf drei Prozent im Jahr 2013 zu senken. Die Bank von Spanien und die Europäische Kommission bezweifeln allerdings, ob das gelingen wird.

"Ich bitte Euch alle, mir weiterhin zu helfen. Schwere Zeiten stehen uns bevor", sagte Rajoy am Sonntagabend vor jubelnden Anhängern in der Parteizentrale in Madrid. "46 Millionen Spanier werden gegen die Krise ankämpfen." Im Kampf gegen die Schuldenkrise dürfe niemand Wunder erwarten. Als Ministerpräsident wolle er aber alles daran setzen, Spanien wieder zu mehr Ansehen in Europa zu verhelfen. "Spaniens Stimme muss wieder respektiert werden in Brüssel und Frankfurt", sagte Rajoy. "Wir werden aufhören, Teil des Problems zu sein, und werden Teil der Lösung sein." Der Wahlsieger kündigte an, mit allen Regionen des Landes nun rasch darüber zu beraten, wie die Wirtschaftskrise am besten bekämpft werden kann.

Auch kleine Parteien profitieren

Die Generalsekretärin der Partido Popular (PP), María Dolores de Cospedal, erklärte, Rajoy habe ein Mandat für harte Sparmaßnahmen. Er werde den Spaniern die Wahrheit über die wirtschaftliche Lage des Landes sagen. In diesem Jahr gab es in Spanien Massenproteste in großen Städten gegen Armut und Arbeitslosigkeit. Die Aktionen der "Indignados" (die Empörten) ließen vor der Wahl zwar nach. Die Besetzungen von zentralen Plätzen könnten aber nach Einschätzung von Beobachtern durchaus wieder aufgenommen werden. Die Arbeitslosenrate in Spanien liegt amtlichen Angaben zufolge bei 21,5 Prozent, unter Jugendlichen sogar bei 45,8 Prozent.

Ein Obdachloser in Madrid.

Ein Obdachloser in Madrid.

(Foto: AP)

Bei der Wahl fuhr Rajoys Partei einen klaren Sieg ein: Die PP sicherte sich im Parlament eine absolute Mehrheit von 186 der insgesamt 350 Sitze, 32 mehr als 2008. Die derzeit regierenden Sozialisten mit ihrem Spitzenkandidaten, dem bisherigen Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba, verloren massiv an Zustimmung. Die Partei des scheidenden Regierungschefs Zapatero erhielt knapp 28,7 Prozent der Stimmen und stellt nur noch 110 Abgeordnete. Trotz des Wahldebakels will Zapatero vorerst Chef der Sozialisten (PSOE) bleiben. Ein Parteitag solle dann Anfang Februar 2012 über die neue PSOE-Führung entscheiden, erklärte Zapatero in Madrid. "Für die Partei beginnt dann eine neue Etappe."

Die Vereinigte Linke (Izquierda Unida, IU) kam auf knapp sieben Prozent (11 Sitze) - ein gewaltiger Sprung für diese Gruppierung, die bisher nur über zwei Abgeordnete verfügte. Das katalanische Bündnis Convergencia i Unio (CiU) kam auf gut vier Prozent (16 Sitze). Das baskische Bündnis Amaiur, hervorgegangen unter anderem aus der als ETA-nah geltenden Batasuna-Partei, erreichte knapp fünf Prozent und zieht erstmals mit sieben Abgeordneten ins Parlament ein. Die Wahlbeteiligung war mit 71,7 Prozent deutlich geringer als bei der vorigen Wahl 2008. Insgesamt waren 35,8 Millionen Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen.

Die Finanzmärkte zeigten sich vom Erfolg der Konservativen nur wenig beeindruckt. Die Renditen der Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren sanken am Montag nur minimal, die Aktienkurse an der Madrider Börse gingen leicht zurück.

Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa

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