Ermittler durchstöbern Rechner Razzia erhöht Druck auf Wulff
30.01.2012, 11:34 Uhr
Jahrelang waren Wulff und Glaeseker ein Gespann. Jetzt will der Präsident von seinem Ex-Sprecher nichts mehr wissen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Noch prüft die Staatsanwaltschaft, ob bei der Razzia im Präsidialamt etwas Verwertbares aufgetaucht ist, um Wulffs Ex-Sprecher Glaeseker der Bestechlichkeit zu überführen. Doch fernab von der juristischen Aufarbeitung der Affäre fragt die Opposition, ob der Bundespräsident nicht langsam politische Konsequenzen ziehen sollte.
Nach den Durchsuchungsaktionen in Räumen des Ex-Sprechers von Bundespräsident Christian Wulff, Olaf Glaeseker, wertet die Staatsanwaltschaft Hannover das sichergestellte Material aus. "Mit dem Landeskriminalamt sichten und untersuchen wir derzeit insbesondere die beschlagnahmten Computerdateien", sagte Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Lendeckel.
Wann erste Ermittlungsergebnisse vorliegen, könne er nicht sagen. "Das wird noch eine Weile dauern." Lendeckel geht zudem davon aus, dass bis Mitte der Woche Unterlagen aus der niedersächsischen Staatskanzlei eingehen werden. "Noch ist nichts da, aber wir erwarten die Akten in Kürze."
Ermittler hatten nach Privat- und Geschäftsräumen Glaesekers in Niedersachsen auch sein früheres Büro im Bundespräsidialamt nach Beweisen für den sich erhärtenden Korruptionsverdacht untersucht. Die Razzia, die bereits am vergangenen Donnerstag durchgeführt worden war, wurde erst am Wochenende bekannt.
Nach der Razzia forderte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, Wulff zum Rücktritt auf. "Die Frage ist, wie lange Wulff uns allen das noch zumuten will", sagte Lischka der "Berliner Zeitung". Die Opposition könne den Bundespräsidenten zwar nicht zum Rücktritt zwingen. "Aber ich halte einen Rücktritt mittlerweile für überfällig."
Eine Durchsuchung im Bundespräsidialamt habe es in der Geschichte der Bundesrepublik bisher noch nicht gegeben. "Das ist eine ganz neue Dimension", sagte Lischka. Überdies sei Glaeseker der engste Vertraute Wulffs. "Und es geht um handfeste Vorwürfe, nämlich Korruption."
Ähnlich hatte sich zuvor bereits SPD-Chef Sigmar Gabriel geäußert. Von Drohungen der CDU, die Regierungsjahre der Sozialdemokraten in Niedersachsen unter die Lupe zu nehmen, zeigte er sich unbeeindruckt. "Von uns hat niemand ein solches System aufgebaut. Niemand hat versucht, sich wie Wulff Niedersachsen zur Beute zu machen", sagte Gabriel dem "Tagesspiegel". Gabriel war vier Jahre Ministerpräsident in Niedersachsen bevor er 2003 von Wulff abgelöst wurde.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts der Bestechlichkeit gegen den langjährigen engen Vertrauten Wulffs. Konkret prüft die Staatsanwaltschaft, ob Glaeseker in seiner Zeit als niedersächsischer Regierungssprecher den Eventmanager Manfred Schmidt "gefällig gefördert" hat. Bei Glaeseker gebe es einen "qualifizierten Tatverdacht", sagte der Hannoveraner Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Lendeckel. Glaeseker soll mehrere kostenlose Urlaube in Feriendomizilen von Schmidt verbracht haben.
Im Zentrum der Vorwürfe gegen Glaeseker steht der "Nord-Süd-Dialog", eine private Lobby-Veranstaltung, die insgesamt drei Mal stattfand. Die Schirrherrschaft hatten Wulff und der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger übernommen. Offiziell war der Sinn der Großparty, die Zusammenarbeit von Unternehmen aus Niedersachsen und Baden-Württemberg zu fördern.
Quelle: ntv.de, jog/AFP/dpa/rts