Staatsfinanzen in Gefahr Regierung empfiehlt sparsames Wirtschaften
17.02.2016, 16:29 Uhr
Der Tragfähigkeitsbericht dürfte die Position von Finanzminister Schäuble festigen, sparsam zu bleiben.
(Foto: picture alliance / dpa)
2015 hat der Bund 12 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben. Trotzdem sind die deutschen Finanzen in den Augen von Experten nicht in gutem Zustand. Im schlimmsten Fall könnten sich die Staatsschulden bis 2060 mehr als verdreifachen.
Die öffentlichen Finanzen drohen möglicherweise aus dem Ruder zu laufen. Der neue Tragfähigkeitsbericht des Bundesfinanzministeriums empfiehlt sparsames Wirtschaften, um den Kollaps zu verhindern. Werde nicht gegengesteuert, drohe der Staat bis zum Jahr 2060 nicht mehr alle seine finanziellen Verpflichtungen erfüllen zu können.
In dem Bericht heißt es demnach konkret: "Um die Tragfähigkeit des gesamtstaatlichen Haushalts zu gewährleisten, sind (…) substanzielle Konsolidierungsmaßnahmen erforderlich." Im Klartext sind damit Ausgabenkürzungen oder Einnahmeverbesserungen gemeint. Nach Angaben aus Regierungskreisen hat das Bundeskabinett den Bericht am heutigen Mittwoch verabschiedet.
Der Bericht gilt als ein Frühwarnsystem für die Staatsfinanzen. Die Ergebnisse der Modellrechnungen sind keine Prognosen, sie veranschaulichen eine Entwicklung der Staatskassen unter der Annahme, dass die bisherige Politik nicht verändert wird.
Schuldenstand könnte sich mehr als verdreifachen
Konkret beschreiben die Experten aus dem Haus von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble darin eine "Tragfähigkeitslücke" in den öffentlichen Haushalten - also in den Haushalten von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen zusammengenommen. Diese wird mit Blick auf das Jahr 2060 unter eher günstigen Bedingungen auf 1,2 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung veranschlagt, im ungünstigsten Fall auf 3,8 Prozent. Ursache ist die deutsche Bevölkerungs- und Alterungsentwicklung.
Wird so weiter gehandelt wie derzeit, droht dem Bericht zufolge in einem ungünstigen Szenario ein Schuldenstand von rund 220 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2060. Das wäre mehr als das Dreifache des aktuellen Standes. Unter günstigen Annahmen würde die Schuldenstandsquote bis dahin immer noch auf 76 Prozent klettern. Zurzeit steuert der Staatshaushalt auf eine Quote unter 70 Prozent zu.
Aktuell läuft das Verfahren zur Aufstellung des Bundeshaushalts 2017 an. Schäuble sieht sich dabei regelmäßig Ausgabenwünschen seiner Kollegen ausgesetzt. Zuletzt hatte Bundesbauministerin Barbara Hendricks 1,3 Milliarden Euro mehr für ihr Ressort gefordert - zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms auf dem Wohnungsmarkt.
Quelle: ntv.de, chr/rts