Bewaffnet und gefährlich "Reichsbürger"-Bewegung größer als gedacht
10.07.2017, 21:59 Uhr
Der Reisepass eines "Reichsbürgers". Der Fantasiepass ist allerdings kein anerkanntes Ausweisdokument.
(Foto: dpa)
Sie lehnen das Grundgesetz ab, erkennen die Rechtsordnung nicht an und schrecken auch vor Gewalt nicht zurück. Die Zahl der "Reichsbürger" in Deutschland wächst - überraschende Zahlen kommen nun aus dem Südwesten.
Wie neue Erkenntnisse aus Baden-Württemberg bestätigen, ist die Zahl der "Reichsbürger" um einiges größer als zunächst geschätzt. Im November 2016 ist das Innenministerium des Landes noch von 650 Anhängern der teils militanten Bewegung ausgegangen. Die aktuelle Anzahl ist um ein vielfaches größer.
Nach einer neuen Zusammenstellung des baden-württembergischen Innenministers Thomas Strobl, die der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vorliegt, werden in dem Bundesland 1527 Personen entweder als "Reichsbürger" oder als "Selbstverwalter" eingestuft. Die Bewegung bestreitet die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als legitimer und souveräner Staat. Daher verweigern sie es auch, Steuern und Bußgelder zu zahlen. Auch Gerichtsbeschlüssen und Verwaltungsentscheiden kommen sie nicht nach. Der Name leitet sich aus der Tatsache ab, dass viele sich darauf berufen, das Deutsche Reich würde weiterhin bestehen.
Gefährdungspotenzial nicht zu unterschätzen
An die 12.000 "Reichsbürger" soll es bundesweit geben, aber nur fünf Prozent gelten als Rechtsextremisten. Und dennoch warnt der Verfassungsschutz in seinem letzten Bericht vor ihnen. Da die Anhänger dieser Bewegung ihre Situation oft als ausweglos empfinden, machen sie den Staat für ihre Probleme verantwortlich. "Das dabei entstehende Gefährdungspotenzial darf angesichts des Waffenbesitzes vieler 'Reichsbürger' nicht unterschätzt werden", heißt es im Verfassungsschutzbericht.
Dazu ist ein kleiner Teil der "Reichsbürger" legitim bewaffnet, wie aus der Zusammenstellung hervorgeht. Zwar haben nur 57 von 1527 einen Waffenschein, doch einige darunter scheinen echte Waffennarren zu sein. 28 dieser Personen besitzen 261 erlaubnispflichtige Waffen - im Schnitt also 9 Waffen pro Kopf.
Die "Reichsbürger"-Szene gilt als gewaltbereit und richtet sich oft gegen Gerichtsvollzieher und Polizisten. Die Ermordung eines bayerischen SEK-Beamten im Oktober 2016 durch einen "Reichsbürger" hatte die Bewegung dann auch verstärkt in den Fokus der Behörden gerückt.
Quelle: ntv.de, mba/AFP