Reformprogramm für Italien Renzi übersteht die Vertrauensfrage
09.10.2014, 07:12 Uhr
Es kann weitergehen: Renzi übersteht die Vertrauensfrage.
(Foto: imago/Italy Photo Press)
Kündigungsschutz lockern, Bürokratie abbauen, Steuern reformieren - Italiens Ministerpräsident will Italien auf Trab bringen. Gewerkschaften und Teile seiner Partei laufen Sturm, nun stellt Renzi die Vertrauensfrage - und gewinnt in einer dramatischen Nachtsitzung.
Er ist jung, wirkt dynamisch und besteht nun auch seine Feuertaufe: Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi hat am Morgen die Vertrauensfrage zur umstrittenen Arbeitsmarktreform im Senat überstanden. Bei der Abstimmung stärkten ihm um 1.00 Uhr morgens 165 Abgeordnete den Rücken, 111 votierten gegen das Vorhaben des 39-Jährigen. Die Arbeitsmarktreform verfolgt unter anderem das Ziel, den Kündigungsschutz zu lockern.
Die Regierung in Rom will mit der Neuregelung gegen die hohe Arbeitslosigkeit vorgehen. Sie liegt bei über zwölf Prozent. Bei den Jugendlichen liegt die Quote derzeit bei 44 Prozent. Das Gesetz soll es ermöglichen, die Schutzklauseln für Beschäftigte mit Festanstellung zu lockern. Die Vollmacht dafür wird mit dem Gesetz zum Teil an die Regierung delegiert. Ferner soll es möglich werden, Beschäftigten bei gleichbleibender Bezahlung eine andere Arbeit zuzuweisen.
Renzi will mit dem Schritt die Wirtschaft ankurbeln. Die verkrusteten Strukturen am Arbeitsmarkt in Italien gelten als eine der Gründe für die konjunkturelle Schwäche des Landes, das nicht aus der Rezession herausfindet. Die Reform stieß bei den Gewerkschaften und auch in Teilen von Renzis Demokratischer Partei (PD) auf erbitterten Widerstand.
Wirtschaft dümpelt vor sich hin
Kritiker werfen Renzi vor, seine Pläne würden zu spät greifen oder seien zu vage. Der ehemalige Bürgermeister von Florenz will auch das Steuersystem umkrempeln und die überbordende Bürokratie abbauen. Er hat sich dafür eine Frist bis Mitte 2017 gesetzt. Vor kurzem hatte Italien seine Prognosen für die Wirtschaftsleistung in diesem und im kommenden Jahr gesenkt.
Die Regierung geht nun davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt 2014 um 0,3 Prozent schrumpfen werde. Im April war sie noch von einem Zuwachs um 0,8 Prozent ausgegangen. Für 2015 wurde die Vorhersage auf ein Wachstum von 0,6 Prozent von zuvor 1,3 Prozent zurückgenommen. In den ersten sechs Monaten rutsche die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone wieder in die Rezession. Es ist die dritte innerhalb von sechs Jahren.
Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich am Mittwoch zu einem EU-Beschäftigungsgipfel in Mailand aufhielt, äußerte nach Angaben von Teilnehmern bei der Gelegenheit anerkennende Worte für das Reformvorhaben Renzis. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte, er begrüße die Gesetzesinitiative, die einen "starken Einfluss" auf die Wettbewerbsfähigkeit Italiens haben könne.
Quelle: ntv.de, vpe/rts/AFP