Politik

"Außerordentlich erfreuliche Sitzung" FDP stärkt Westerwelle

Rösler möchte einen Schlussstrich unter die Debatte ziehen.

Rösler möchte einen Schlussstrich unter die Debatte ziehen.

(Foto: dapd)

Beim Fraktionstreffen der Liberalen spricht Parteichef Rösler ein Machtwort. Er halte die Debatte um Außenminister Westerwelle für beendet, sagt er. In der Sitzung halten führende FDP-Mitglieder zu ihrem ehemaligen Parteichef. Westerwelle zeigt sich danach erfreut über den Zuspruch. Grünen-Chef Özdemir hält ihn allerdings für eine "lame duck" - und fordert den Rücktritt.

FDP-Chef Philipp Rösler hat mit einem Machtwort die Rücktrittsdebatte um Außenminister Guido Westerwelle für beendet erklärt. Das Führungsteam der FDP bestehe aus den Spitzen von Partei und Fraktion sowie den aktuellen Ministern. "Und das wird auch in Zukunft so bleiben", sagte Rösler am Rande der FDP-Fraktionsklausur in Bergisch Gladbach. Wirbel gab es dort um eine Vertrauensfrage, die Westerwelle in der Fraktion angeblich stellen wollte.

In der Fraktionssitzung selbst sei Solidarität mit Westerwelle bekundet worden, hieß es von Teilnehmern. "Ich habe eine außerordentlich erfreuliche Sitzung erlebt. Viel Rückendeckung. Da freue ich mich drüber", sagte der Außenminister nach dem Treffen.

Rösler hatte die Diskussion über Westerwelles politische Zukunft selbst mit angefacht. Noch am Montag hatte er deutlich gemacht, der 49-Jährige sei ein Minister auf Bewährung. Aus dem Umfeld des Parteichefs war zu erfahren, Rösler habe Westerwelle deutlich signalisiert, dass ein Vertrauensvotum während der Klausur unerwünscht sei. In Westerwelles Umgebung hieß es dazu: "Diese Frage stellt sich nicht, weil der Außenminister davon ausgeht, dass er das Vertrauen der Fraktion besitzt."

Zuvor hatten Medienberichte von einer Vertrauensfrage Westerwelles die Runde gemacht. Es müsse eine "klare Entscheidung" geben, ob die Partei ihn noch im Amt haben wolle, berichtete die "Rheinische Post" unter Berufung auf Vertraute des Außenministers. Westerwelle wolle um sein Amt kämpfen. Von der Partei- und Fraktionsführung hieß es aber, sie wüssten nichts von solchen Überlegungen.

Röslers Autorität steht auch zur Diskussion

Westerwelle, der sich in Bergisch Gladbach zunächst nicht öffentlich äußerte, war wegen seiner starren Libyen-Haltung in der FDP heftig unter Druck geraten. Nach dem Fall des Gaddafi-Regimes hatte er lange gezögert, dies auch als Erfolg der Nato-Strategie zu würdigen. Rösler hatte sich in diesem Punkt klar vom Außenminister distanziert. Für Rösler geht es in der Diskussion auch um seine Autorität als Parteichef. Zu seinem Amtsantritt hatte er seine Mannschaft inklusive Westerwelle als bestes Team für die Führung der FDP bezeichnet. Ein Rückzug Westerwelles würde den von ihm proklamierten Neuanfang gefährden.

Westerwelle freut sich in Bergisch-Gladbach über die Rückendeckung aus der Partei.

Westerwelle freut sich in Bergisch-Gladbach über die Rückendeckung aus der Partei.

(Foto: AP)

Wirtschaftsminister Rösler betonte erneut, er habe mit seinem Lob für die NATO-Partner als Parteivorsitzender die Linie der FDP in der Außenpolitik aufgezeigt. Westerwelle sei dieser Linie am Wochenende dann klar gefolgt. "Ich halte deswegen auch die öffentliche Debatte in dieser Frage für beendet", sagte der FDP-Chef. Westerwelle hatte lange nur auf die Erfolge auch der deutschen Sanktionspolitik beim Gaddafi-Sturz verwiesen. Erst am Wochenende hatte er den NATO-Kräften Respekt gezollt.

Westerwelle selbst sagte beim Wirtschaftstag der Botschafter-Konferenz in Berlin mit Blick auf die Debatte über die deutsche Enthaltung beim Libyen-Einsatz: "Die Autorität unseres Landes in der Welt hängt eben nicht zuerst damit zusammen, dass wir besonders stark wären mit Armeen oder militärischer Ausrüstung, sondern dass wir mit einem besonders stark sind: mit Wirtschaft."

Keine "Endlosschleife" über Westerwelle

Der Außenminister erhielt in der Partei viel Rückendeckung. Fraktionschef Rainer Brüderle sagte in der ARD auf die Frage, ob der Minister im Amt bleiben solle: "Ich bin der Auffassung, das kann er sehr wohl." Entwicklungsminister Dirk Niebel, der als einer der möglichen Nachfolger gilt, sagte, er stehe "ausdrücklich mit und auch zu meinem Kollegen Guido Westerwelle". Als Favorit für eine Nachfolge wird vor allem Westerwelles Staatsminister Werner Hoyer gehandelt.

Nachfolger seines Chefs? Hoyer gilt als außenpolitisch kompetent.

Nachfolger seines Chefs? Hoyer gilt als außenpolitisch kompetent.

(Foto: dapd)

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr nannte Rücktrittsforderungen der Opposition an Westerwelle in der "Westdeutschen Zeitung" eine "parteitaktische Phantomdebatte". Der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Lasse Becker, warnte im Deutschlandradio, "in Endlosschleife" über Westerwelle zu reden. Ein Bericht der "Leipziger Volkszeitung", die FDP-Spitze wolle endgültig nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 18. September über Westerwelles Zukunft entscheiden, wurde in FDP-Kreisen zurückgewiesen.

Özdemir: Westerwelle ist eine "lame duck"

Die SPD rief Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, ihre Richtlinienkompetenz wahrzunehmen und die Debatte über Westerwelle zu stoppen. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Gernot Erler warnte in den "Kieler Nachrichten", Deutschland könne sich keinen Außenminister auf Abruf leisten.

Die Grünen nannten die Ablösung Westerwelles unvermeidlich. Parteichef Cem Özdemir forderte einen klaren Schnitt, nachdem Rösler seinen Parteikollegen "vollständig demontiert" habe. Deutschland habe nur noch eine "lame duck" (lahme Ente) als Außenminister, den keiner mehr ernst nehme. "Das kann sich die Bundesregierung nicht leisten."

Der außenpolitische Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion, Wolfgang Gehrcke, sagte: "Die Diskussion um Guido Westerwelle entbehrt nicht einer gewissen Tragik." Dem Außenminister werde zum Vorwurf gemacht, dass er sich mit seiner Libyenpolitik "einigermaßen im Rahmen des Völkerrechts bewegt hat".

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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