Politik

Kleine Gruppe ohne Abzeichen ISW: Auftauchen russischer Soldaten an Estlands Grenze ist "Phase null"

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Grenzpfahl an der estnisch-russischen Grenze am sogenannten Saatse-Stiefel.

Grenzpfahl an der estnisch-russischen Grenze am sogenannten Saatse-Stiefel.

(Foto: IMAGO/Scanpix)

An der estnischen Grenze vollzieht Russland möglicherweise den nächsten Akt seiner psychologischen Kriegsführung. Ähnlich wie in der Ukraine 2014 tauchen bewaffnete Militärangehörige ohne Abzeichen auf - allerdings nur sieben Mann. Estlands Außenminister beschwichtigt, der Grenzschutz sieht eine Bedrohung.

Das Institut für Kriegsstudien (ISW) bezeichnet das Auftauchen einer kleinen Gruppe russischer Militärangehöriger an einer sensiblen Stelle der russisch-estnischen Grenze als Teil von Russlands psychologischer Kampagne zur Vorbereitung eines möglichen Krieges mit der Nato in der Zukunft. Es sei das erste Mal, dass "kleine grüne Männchen" nahe einem Nato-Staat operierten. Das ISW spricht von einer "Phase null", in der Russland kürzlich seine verdeckten und offenen Angriffe gegen Europa verstärkt habe.

Die estnischen Behörden hatten am Freitag eine Gruppe russischer Soldaten ohne Abzeichen am sogenannten Saatse-Stiefel registriert. Dabei handelt es sich um ein spezielles Gebiet, in dem Auffälligkeiten besonders schnell entdeckt werden – und deswegen möglicherweise als Teil der psychologischen Kriegsführung auch durch russische Verantwortliche angeordnet wurden.

Am Saatse-Stiefel ragt das russische Territorium ein Stück nach Estland herein. Zwischen den estnischen Dörfern Värska und Saatse führt eine Straße teilweise durch dieses Gebiet. Sie darf auch von Esten befahren werden, das Halten ist allerdings verboten.

Vorübergehende Sperrung

Nach dem Auftauchen der Soldaten hatten die estnischen Behörden den Straßenabschnitt vorübergehend gesperrt. Margus Tsahkna, der Außenminister Estlands, teilte am Sonntag auf X mit, Berichte, wonach sich die Lage an der estnisch-russischen Grenze zuspitze, seien übertrieben. Tsahkna schrieb, man habe die Straße vorübergehend gesperrt, um mögliche Zwischenfälle zu vermeiden.

Langfristig sei geplant, die Verbindung ganz stillzulegen. Eine alternative Route, die russisches Gebiet umgeht, sei bereits verfügbar, so Tsahkna - und eine neue befinde sich im Bau. "Die derzeitige Regelung ist eine historische Anomalie. Um es klar zu sagen: An der Grenze gibt es keine akuten Vorkommnisse. Die Russen agieren etwas selbstbewusster und sichtbarer als zuvor, aber die Lage bleibt unter Kontrolle", so der Außenminister.

Estnischer Grenzschutz: "Bedrohungslage"

Meelis Saarepuu, Leiter des Grenzschutzbüros der Südpräfektur, sprach gegenüber dem öffentlichen Rundfunk ERR von einer "eindeutigen Gefahrensituation". Der estnische Grenzschutz habe bei der russischen Seite nach Informationen gefragt, was in dem Gebiet vor sich gehe. "Die Antwort lautete, dass dort nichts geschehe, es handele sich um ganz normale Vorgänge."

Am 7. und 19. September hatten russische Flugzeuge den Luftraum von Estland verletzt. Im Land herrscht die Sorge vor einem Angriff - möglicherweise unter dem Vorwand, die russischsprachige Minderheit zu schützen. Mit einer ähnlichen Begründung hatten russische Soldaten ohne Abzeichen im Jahr 2014 den Osten der Ukraine angegriffen. Diese wurden als "grüne Männchen" bezeichnet und arbeiteten mit ukrainischen Separatisten zusammen.

Quelle: ntv.de, rog

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