Weltmächte für Übergangsprozess Russland lässt Assad nicht fallen
30.06.2012, 19:11 Uhr
Lawrow blockierte alles, was nach einem Votum gegen Assad aussehen könnte.
(Foto: dpa)
Der internationale Vermittler Annan stellt die Syrien-Konferenz in Genf als Erfolg dar. In Damaskus soll eine Übergangsregierung aus Vertretern des bisherigen Regimes und der Opposition gebildet werden. Doch eine politische Lösung ist das nicht, die Ergebnisse bleiben weit hinter den Erwartungen zurück - und gleich danach bricht neuer Streit aus.
Die Syrien-Konferenz der fünf UN-Vetomächte und mehrerer Nahost-Staaten in Genf hat sich darauf verständigt, eine Übergangsregierung in Damaskus zu befürworten. Das sagte der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan in Genf.
Auf Verlangen Russlands soll jedoch der syrische Machthaber Baschar al-Assad nicht ausgeschlossen werden. Damit konnte der Westen das aus seiner Sicht wichtigste Element des neuen Friedensplans Annans nicht durchsetzen.
Die Regierung müsse "im gegenseitigen Einvernehmen gebildet werden", hieß es in der von Annan verlesenen Abschlusserklärung. Neben Oppositionsvertretern und Vertretern anderer Gruppen könnten auch Mitglieder der aktuellen syrischen Führung an einer Übergangsregierung beteiligt sein.
Unüberbrückbare Differenzen
US-Außenministerin Hillary Clinton bestand hingegen vor Reportern darauf, dass Assad "trotzdem verschwinden muss". Dass sein Ausschluss von einer Übergangsregierung auf Verlangen Russlands nicht mehr im Abschlussdokument enthalten sei, habe eigentlich nichts zu bedeuten. Es sei eine Illusion anzunehmen, dass "Leute mit Blut an den Händen bleiben können".
Clinton kündigte einen neuen Vorstoß im UN-Sicherheitsrat für eine Syrien-Resolution an. Sie solle auf Kapitel 7 der UN-Charta verweisen, wonach die Durchsetzung von Frieden erzwungen werden kann, falls das Assad-Regime nicht die Forderungen des in Genf verabschiedeten Plans für einen politischen Übergangsprozess erfülle.
Lawrow widersprach Clinton unmittelbar danach. Die an der Genfer Konferenz beteiligten Staaten könnten dem Sicherheitsrat in New York keine Vorschriften machen. Dieser habe seine eigenen Regeln, sagte Lawrow auf einer weiteren Pressekonferenz. Moskau hat bisher im Sicherheitsrat alle Zwangsmaßnahmen gegen Syrien mit seinem Veto verhindert.
Konkurrenz ist keine Lösung
Annan hatte bei den Verhandlungen an die Weltmächte appelliert, ihre Differenzen zu überwinden und gemeinsam den blutigen Konflikt in Syrien zu beenden. Andernfalls drohe ein Übergreifen auf die gesamte Nahost-Region und "eine neue Front für den internationalen Terrorismus", warnte Annan.
Annan rief die Minister der USA, Russlands, Chinas, Frankreichs und Großbritanniens sowie der Türkei und mehrerer Staaten der Arabischen Liga auf, sich energisch um eine Friedenslösung zu bemühen. "Jeder von Ihnen hat auf verschiedene Weise Einfluss auf den Konflikt", sagte er laut seinem in Genf veröffentlichtem Redetext bei dem Treffen hinter verschlossenen Türen.
"Vereint können Sie Bedingungen schaffen, die es den Syrern ermöglichen, eine friedliche Lösung zu finden", erklärte der frühere UN-Generalsekretär. Eindringlich warnte er vor einem "Szenario offener Konkurrenz zwischen äußeren Mächten", das nur zu einer Katastrophe führen könne.
Truppenverlegung keine Provokation
Das US-Verteidigungsministerium hat sich angesichts der türkischen Truppenbewegungen an der syrischen Grenze gelassen gezeigt. Man sollte in die Vorgänge nicht zu viel hineindeuten, sagte Verteidigungsminister Leon Panetta in Washington. Das Land habe schon zuvor Truppen an der Grenze stationiert gehabt. Generalstabschef Martin Dempsey sagte, er sehe die Truppenbewegungen in keiner Weise als Provokation und stehe mit den türkischen Streitkräften in Kontakt.
Nach dem Abschuss eines türkischen Kampfjets durch Syrien hatte die Regierung in Ankara weitere Truppen in die Grenzregion verlegt, darunter Einheiten mit Luftabwehrraketen. Experten sehen dies als Warnung an den syrischen Präsidenten Assad, der seit dem vergangenen Jahr gegen einen Aufstand in seinem Land vorgeht.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts