Vorreiter Ostdeutschland? SPD erlaubt linke Regierungschefs
09.02.2014, 14:38 Uhr
Bodo Ramelow könnte im September in die Staatskanzlei in Thüringen einziehen - mit der SPD als Juniorpartner.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach dem SPD-Chef gibt auch die Generalsekretärin den ostdeutschen Landesverbänden Rückendeckung: Sie dürften in eine Koalition unter Führung der Linken gehen. Zumindest für Thüringen ist das eine realistische Option.
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hat den ostdeutschen Landesverbänden bei der möglichen Wahl eines linken Ministerpräsidenten freie Hand zugesichert. Zuvor hatte dies bereits SPD-Chef Sigmar Gabriel getan. "Da ist der Landesverband völlig autonom", sagte sie dem "Spiegel". Bereits im Januar hatte auch Gabriel betont: "Das entscheiden die Landesverbände."
Bislang ist die SPD Koalitionen mit der Linken auf Landesebene nur dann eingegangen, wenn sie selbst als größerer Partner den Regierungschef stellte - etwa in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.
Thüringen als erstes links-geführtes Bundesland?
Konkret könnte sich die Frage nach der Landtagswahl im Herbst in Thüringen stellen, wenn die Linke dort vor der SPD landet. Dann könnte der dortige Fraktionschef Bodo Ramelow bei Zustandekommen eines entsprechenden Bündnisses Ministerpräsident werden.
Thüringens SPD-Landeschef Christoph Matschie hatte zuletzt nicht mehr ausgeschlossen, dass die SPD unter einem Ministerpräsidenten der Linken als kleinerer Partner in eine Koalition - möglicherweise plus Grüne - geht. Damit würden die Sozialdemokraten politisches Neuland betreten. "Die Parteienlandschaft hat sich verändert. Es macht keinen Sinn mehr, vor Wahlen irgendwelche Optionen auszuschließen", hatte Matschie erklärt. SPD-Ziel sei jedoch, "stärker als die Linke zu werden". Am 14. September wählt Thüringen einen neuen Landtag. Am selben Tag wird zudem in Brandenburg über ein neues Parlament abgestimmt.
Bei der Landtagswahl 2009 waren die Sozialdemokraten mit 18,5 Prozent der Stimmen deutlich hinter der CDU (31,2 Prozent) und der Linken (27,4 Prozent) gelandet. Fünf Jahre zuvor hatte die SPD sogar nur 14,5 Prozent der Stimmen errungen - über zehn Prozentpunkte weniger als die damalige PDS.
Zwei Frauen ringen um Regierungsführung
Matschie allerdings hat nach zwei erfolglosen Anläufen eine erneute Kandidatur als Spitzenkandidat ausgeschlossen. 2009 hatte er die Sozialdemokraten in eine große Koalition unter Führung der CDU geleitet. In den Koalitionsverhandlungen war zuvor allerdings auch über ein rot-rotes Bündnis gesprochen worden. Der damalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hatte eine linke Führungsrolle noch strikt abgelehnt - auch Matschie lehnte dies letztlich ab. Im Landesverband war die Entscheidung nicht unumstritten.
In diesem Jahr geht die SPD nun mit der amtierenden Sozialministerin Heike Taubert ins Rennen. Die 55-Jährige war Ende Januar auf einem Sonderparteitag mit rund 98 Prozent zur Herausforderin von CDU-Regierungschefin Christine Lieberknecht gewählt worden. Taubert gilt als offen für ein Bündnis mit der Linken. Allerdings wolle sie nicht "Wasserträger für Bodo Ramelow sein", sondern selbst in die Staatskanzlei einziehen.
Zusätzliche Spannung erhält die Wahl in Thüringen durch die Annährung von CDU und Grünen in den vergangenen Wochen.
In einer repräsentativen Umfrage der "Thüringischen Landeszeitung" Ende Januar erhielt die CDU 27 Prozent der Stimmen, Für die Linke wollten damals sogar 28 Prozent votieren, auf die SPD entfielen 22 Prozent. Die Grünen könnten demnach elf Prozent der Stimmen einsammeln. Die FDP würde aus dem Landtag fliegen. Auch NPD und AfD scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde.
Drittes ostdeutsches Bundesland mit Landtagswahlen ist Sachsen. Dort sind die Bürger am 31. August zum Urnengang aufgerufen. Im Freistaat ringt das bundesweit letzte schwarz-gelbes Bündnis um eine Fortsetzung der Regierung.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP