Politik

Aussage vor Parlamentarischem Kontrollgremium SPD übt scharfe Kritik an Pofalla

Was wusste Pofalla, was wusste die Kanzlerin über die Abhöraktionen der NSA und die Kooperation mit deutschen Geheimdiensten.

Was wusste Pofalla, was wusste die Kanzlerin über die Abhöraktionen der NSA und die Kooperation mit deutschen Geheimdiensten.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Lächerliche Auskünfte" habe Kanzleramtsminister Pofalla bisher in der NSA-Affäre gegeben, sagt SPD-Generalsekretärin Nahles. Sie sieht Klärungsbedarf. Derweil gibt es Berichte, dass auch die Bundesregierung abgehört wurde.

Bei der Aufklärung der NSA-Spähaffäre muss Kanzleramtsminister Ronald Pofalla an diesem Donnerstag Rede und Antwort stehen. Der CDU-Politiker ist Koordinator der Nachrichtendienste. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) befasst sich in der Sitzung vor allem mit der Geheimdienstkooperation zwischen Deutschland und den USA. Den Fragen der Abgeordneten stellen sich auch alle Geheimdienstchefs.

"O'zapft ist", heißt es in Anspielung auf die NSA-Affäre auf einem Plakat während eines Protests vor dem "Dagger Complex" in Griesheim.

"O'zapft ist", heißt es in Anspielung auf die NSA-Affäre auf einem Plakat während eines Protests vor dem "Dagger Complex" in Griesheim.

(Foto: REUTERS)

Brisant ist besonders die Frage, ob und in welchem Umfang die Bundesregierung von dem Ausspähen elektronischer Kommunikation von Bürgern und Unternehmen durch ausländische Geheimdienste wusste und ob möglicherweise auch deutsche Dienste daran beteiligt waren.

Vor der Sitzung des PKG erhöht die SPD den Druck auf Pofalla. Der für die Geheimdienste zuständige Minister habe bislang nur "lächerliche Auskünfte" gegeben und Urlaub gemacht, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles der "Frankfurter Rundschau". Es gebe jedoch "akuten Klärungsbedarf". Vor allem zwei Fragen müsse Pofalla beantworten, sagte Nahles: "Hat die Bundesregierung der Ausspähung zugestimmt und leugnet das jetzt, oder können die Geheimdienste einfach machen, was sie wollen?", formulierte sie.

Mutmaßungen, der frühere Kanzleramtschef und heutige Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, könne von der Ausspähung der Bevölkerung durch den US-Geheimdienst NSA gewusst haben, bezeichnete Nahles als grotesk. "Das ist ein plumpes Ablenkungsmanöver"", sagte sie. Das Programm Prism sei erst im Jahr 2007 auf den Weg gebracht worden, als der heutige Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière von der CDU das Kanzleramt geleitet habe, führte Nahles aus.

Bericht: Auch Regierung abgehört

Neue vom US-Informanten Edward Snowden veröffentlichte NSA-Geheimdokumente legen unterdessen laut "Bild"-Zeitung den Schluss nahe, dass die Bundesregierung von der NSA abgehört wurde. Das berichtet das Blatt unter Berufung auf mehrere US-Quellen. Belege dafür wurden jedoch nicht genannt, ebenso blieb unklar, wer konkret im Regierungsapparat ausgespäht wurde.

Das streng geheime NSA-Dokument trage die Geheimhaltungsstufe "SI", berichtete die "Bild". Dieses Kürzel stehe bei den US-Geheimdiensten für "Special Intelligence" - und bedeute, dass der Bericht mindestens teilweise auf abgefangenen Mails oder Telefonaten beruhte. Mehrere US-Quellen hätten dies bestätigt.

Seit Wochen ist bekannt, dass der US-Geheimdienst NSA wohl im großen Stil die Kommunikation von Bürgern und Politikern in Deutschland auskundschaftet. Details und Umfang sind aber nach wie vor unklar. Zudem sollen US-Geheimdienstler gezielt die Europäische Union ausgespäht haben. Die diplomatischen Vertretungen der EU in Washington und bei den UN in New York seien mit Wanzen versehen worden. In Deutschland sei der US-Geheimdienst besonders aktiv, hieß es bereits Ende Juni. Die Opposition wirft der Regierung - und Pofalla - vor, nicht genug für die Aufklärung der Affäre zu tun. Zweifel gibt es auch an der Darstellung von Regierung und Geheimdiensten, sie hätten nichts von der Datenüberwachungspraxis der USA gewusst.

FDP fordert neue Kompetenzen

Als Konsequenz aus der Spähaffäre fordert die FDP eine Bündelung der Zuständigkeiten für den Datenschutz im Bundesjustizministerium. Beim Datenschutz habe "die schwarz-gelbe Koalition auf Drängen der FDP bereits einiges erreicht", sagte Generalsekretär Patrick Döring der "Leipziger Volkszeitung". "Um den Datenschutz weiter zu verbessern, wollen wir, dass dafür das Bundesministerium der Justiz zuständig ist, das wäre sachgerecht und würde eine klare Zuordnung ermöglichen", fügte er mit Blick auf die bisherige Kompetenzverteilung auf Innen-, Justiz- und Verbraucherschutzministerium hinzu.

Die Präsidentin des niedersächsischen Verfassungsschutzes, Maren Brandenburger, warnte derweil vor Wirtschaftsspionage ausländischer Geheimdienste in Deutschland. Der jährliche Schaden liege bundesweit bei mehreren Milliarden Euro, sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Ihre Behörde, die sich seit dem Jahr 2000 schwerpunktmäßig um den Bereich des Wirtschaftsschutzes kümmere, bearbeite bis zu zehn Fälle im Jahr. Besonders aktiv spionieren nach Brandenburgers Worten China und Russland die deutschen Unternehmen aus.

Das US-Repräsentantenhaus lehnte unterdessen mit knapper Mehrheit eine deutliche Einschränkung der Befugnisse des Geheimdienstes NSA per Gesetz ab. Einem entsprechenden Antrag einer kleinen Gruppe von Parlamentariern stimmten 205 Abgeordnete zu, 217 sprachen sich dagegen aus. "Die Regierung sammelt verdachtsunabhängig Telefonaufzeichnungen von jedem einzelnen Amerikaner in den Vereinigten Staaten", prangerte der republikanische Abgeordnete Justin Amash, einer der Initiatoren des Vorhabens, in der Debatte an. Dem müsse ein Riegel vorgeschoben werden.

Der unter anderem von Amash eingebrachte Antrag sah vor, dem Geheimdienst die Ausforschung von Telefonaten und E-Mails künftig nur noch im Zuge konkreter Ermittlungsverfahren zu gestatten. Außerdem sah der Entwurf vor, Gerichte zur Überwachung der Geheimdienste zu verpflichten, ihre Entscheidungen dem Kongress zugänglich zu machen und Zusammenfassungen der Entscheidungen zu veröffentlichen. Das Weiße Haus sowie führende Senatspolitiker sprachen sich entschieden gegen die Vorlage aus. Sie bezeichneten die Kommunikationsüberwachung als nötig zur Verhinderung von Terroranschlägen. Selbst wenn das Vorhaben im Repräsentantenhaus jedoch eine Mehrheit gefunden hätte, wäre es voraussichtlich im Senat abgelehnt worden.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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