Schrumpft rot-grüne Mehrheit? SPD verliert Direktmandat
20.09.2011, 18:00 Uhr
Alles offen? Wowereit spricht mit CDU und Grünen.
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Im Berliner Stadtteil Lichtenberg stimmt das bisherige Wahlergebnis offenbar nicht: Die Stimmen müssen neu ausgezählt werden, nach einem Medienbericht verliert die SPD ein Direktmandat an die Linke. Welche Folgen das hat, ist noch nicht ganz klar. Eine mögliche rot-grüne Mehrheit könnte schrumpfen - oder drei Parteien Überhangmandate verlieren.
Die Mehrheit für eine mögliche rot-grüne Koalition in Berlin könnte schrumpfen. Nach einem Bericht des "Tagesspiegel" geht wegen eines Fehlers bei der Auszählung im Wahlbezirk Lichtenberg das Direktmandat nicht an die SPD, sondern an die Linkspartei. Eine Sprecherin der Landeswahlleiterin wollte den Bericht noch nicht bestätigen, erklärte aber, wegen Unregelmäßigkeiten würden die Stimmen in Lichtenberg neu ausgezählt.
Welche Konsequenzen sich aus dem Verlust des Direktmandats ergeben, ist noch unklar. Rot-Grün könnte durch den Verlust nur noch eine Mehrheit von zwei Stimmen im Abgeordnetenhaus haben, heißt es. Der "Tagesspiegel" berichtete dagegen, dass sich nichts an der rot-grünen Mehrheit ändern würde, weil das Direktmandat ein Überhangmandat gewesen sei. Deshalb müssten neben der SPD auch Grüne und Linke jeweils ein Überhangmandat abgeben. Die Zahl der Abgeordnetensitze würde von 152 auf 149 reduziert. Ein mögliches rot-grünes Bündnis hätte demnach 76 Sitze - einen mehr als für die absolute Mehrheit nötig.
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis nach der Berlin-Wahl vom Sonntag stehen SPD und Grünen bislang noch 78 der 152 Sitze im neuen Abgeordnetenhaus zu. Damit hätten sie eine Mehrheit von vier Stimmen.
Gespräche beginnen
Der wiedergewählte Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit will mit Grünen und CDU die Bildung einer Koalition sondieren, hat aber bereits Vorlieben für die Grünen erkennen lassen. Die CDU kann nach dem vorläufigen Ergebnis 30 Parlamentarier ins Abgeordnetenhaus schicken. Rot-Schwarz hätte damit eine deutlich bequemere Mehrheit als Rot-Grün.

Plötzlich Abgeordneter: Ein Großteil der Piraten, die nun im Berliner Parlament sitzen.
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Bereits heute trifft sich eine SPD-Delegation unter Führung des Regierenden Bürgermeisters Wowereit mit den Grünen im Roten Rathaus zu einem ersten Sondierungsgespräch. Die CDU wurde von den Sozialdemokraten für Donnerstagvormittag eingeladen.
Die Grünen hatten mehrfach betont, sie wollten mitregieren. "Wir sind bereit", sagte Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. Ihre strikte Ablehnung, die umstrittene Stadtautobahn A 100 weiterzubauen, wiederholten die Grünen nach der Wahl nicht mehr so deutlich. Die Sondierungskommission der Grünen wird von der Spitzenkandidatin Renate Künast angeführt, auch wenn sie bereits angekündigt hatte, in den Bundestag zurückzukehren.
Piraten sortieren sich
Nach ihrem Überraschungserfolg bemüht sich die Piratenpartei derweil darum, im parlamentarischen Leben anzukommen. Die neu gewählten Abgeordneten sowie neue Vertreter in den Bezirksparlamenten hatten sich schon am Montagabend zu einer ersten ausführlichen Besprechung getroffen. Ganz einig sind sie sich noch nicht, wie sie mit dem selbst auferlegten Gebot der Transparenz umgehen werden. Das geht aus dem Protokoll ihres Treffens hervor, das die Piraten ins Internet stellten.
Einige Piraten-Politiker lehnten es in einer längeren Debatte ab, auch alle internen Sitzungen der 15 künftigen Abgeordneten öffentlich abzuhalten oder mit Bild und Ton im Internet live zu übertragen. So forderte der Abgeordnete Christopher Lauer: "Ich halte es für wichtig, einmal ein Treffen zu haben, wo wir wirklich wissen, da können wir offen miteinander reden."
Quelle: ntv.de, tis/rts/dpa