Einfacheres Steuersystem Schäuble macht Zugeständnis
14.11.2010, 15:51 Uhr
Noch stärkt Merkel ihrem Finanzminister den Rücken. Doch auf dem Parteitag der CDU könnte sie dafür Kritik ernten.
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Finanzminister Schäuble geht nach der vielstimmigen Kritik an seiner oft unkommunizierten Steuerpolitik in die Offensive. Er wolle sich für eine Steuervereinfachung einsetzen, so Schäuble. Eine Forderung, die die FDP immer wieder auf den Tisch bringt. Und auch aus den Reihen der Union wird hier Bedarf gesehen. Das Thema könnte beim CDU-Parteitag eine größere Rolle spielen.
Vor dem CDU-Bundesparteitag hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Koalitions-Streit über seine Steuerpolitik Entgegenkommen signalisiert. "Selbstverständlich wird das Steuerrecht in Abstimmung mit den Koalitionsfraktionen weiter entwickelt", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag". "Das Ziel der Steuervereinfachung hat auch für mich hohe Bedeutung." Schäuble war vorgeworfen worden, die Fraktionen von Union und FDP nicht genug einzubinden beim Ziel, das Steuerdickicht zu lichten.
Die CDU trifft sich von Sonntagnachmittag an bis Dienstag in Karlsruhe. Neben Vorstandswahlen dürften auch die Aussetzung der Wehrpflicht und die Steuerpolitik im Fokus stehen. Nach der Erholung der Wirtschaft machte Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel klar, dass sie auch weiterhin keine Spielräume für Steuersenkungen sieht. Damit dürfte es vorerst auch nicht wie von der FDP gewünscht Maßnahmen zum Abbau der schleichenden Steuererhöhung für mittlere Einkommen, der sogenannten kalten Progression geben. "Aber natürlich bleibt das Thema für die Zukunft auf der Tagesordnung", sagte Merkel.
Einig seien sich die Koalitionsparteien bei dem Ziel, die Steuererklärung wesentlich zu vereinfachen. "Wir planen eine deutliche Steuervereinfachung, die die Bürger um etwa eine halbe Milliarde Euro entlastet, ihnen aber vor allem bürokratischen Aufwand erspart." So solle nur noch alle zwei Jahre eine Steuererklärung ausgefüllt werden müssen.

Für Westerwelle ist der Kampf gegen die kalte Progression ein Herzstück gelber Politik.
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Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) mahnte die Union, den Einkommenssteuersatz für kleine und mittlere Einkommen zu senken. "Noch in dieser Legislaturperiode" müssten die Steuern gesenkt werden, sagte Brüderle dem "Tagesspiegel". Das betreffe zwar nicht das Jahr 2011. Die drei Parteien hätten aber einen Koalitionsvertrag unterschrieben, in dem Steuersenkungen in der laufenden Legislaturperiode vorgesehen seien. Brüderle sagte, er habe "keinen Zweifel daran, dass sich auch CDU und CSU an das halten werden, was sie unterschrieben haben". Eine Anhebung des Spitzensteuersatzes zur Finanzierung einer Entlastung kleinerer Einkommen, wie sie in Teilen der Union diskutiert wird, lehnte der Wirtschaftsminister ab.
Unmittelbar vor Beginn des CDU-Parteitags drohten Finanzexperten der Partei damit, Schäuble notfalls durch einen Initiativantrag zu umfangreichen Steuervereinfachungen zu zwingen. Der CDU-Finanzexperte Christian von Stetten sagte: "Wenn wir kein Steuervereinfachungsgesetz umsetzen, das seinen Namen verdient, dann nehmen uns unsere Wähler nicht mehr ernst. Notfalls muss der Bundesparteitag darüber entscheiden."
Großen Streit habe es bei einer Sondersitzung der Arbeitsgruppe Finanzen und des Ministeriums gegeben, wo die Fachpolitiker angeblich 18 Steuervereinfachungsvorschläge aus Schäubles Haus nur abnicken sollten. Nach massivem Protest sei die Sitzung nach zwei Stunden ohne Ergebnis abgebrochen worden. Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sagte, die Gesetzentwürfe Schäubles entsprächen nicht dem Wunsch und Willen der Fraktion.
Der finanzpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Leo Dautzenberg (CDU), wies die Kritik an Schäuble zurück. "Unsere steuerpolitische Bilanz ist absolut positiv, und auch das von uns vereinbarte steuerpolitische Programm für die nächsten Monate steht", sagte er dem "Handelsblatt". Die Kritik Einzelner entbehre jeder Grundlage.
"Bis Weihnachten"
Schäuble war zuletzt auch wegen des rüden Umgangs mit seinem Sprecher in die Kritik geraten, der daraufhin zurücktrat. Kanzlerin Merkel und Unions-Fraktionschef Volker Kauder stellten sich vor dem CDU-Parteitag demonstrativ vor ihn. "Wolfgang Schäuble macht hervorragende Arbeit. Er hat den Sparkurs durchgesetzt. Das soll ihm erst einmal jemand nachmachen", sagte Kauder.
Laut "Focus" schließt Schäuble trotz aller anderslautenden Erklärungen einen Rückzug zum Jahreswechsel nicht aus. Er wolle aber zunächst um sein Amt kämpfen und könne auf die uneingeschränkte Unterstützung der Bundeskanzlerin zählen. "Keiner gibt ihm länger als bis Weihnachten", sagte ein ungenannter Bundesminister dem Magazin. Auch in der Fraktionsspitze gelte der 68-Jährige nach den Worten eines Vorstandsmitglieds als "Minister auf Abruf".
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte Schäuble für unverzichtbar im Kabinett. "Er ist ein unersetzlicher Anker für Verlässlichkeit und gutes Regierungshandeln", sagte sie. "Er ist ein begnadeter Europäer und ein wichtiger Mentor, der jungen Kabinettskollegen mit klugem Rat weiterhilft."
Quelle: ntv.de, dpa