"Lena-Zirkus" Schäuble watscht Guttenberg ab
09.02.2011, 14:46 Uhr
Bundesfinanzminister Schäuble ist um keinen starken Vergleich verlegen. Und was seinen Haushalt angeht, da bleibt er eisern. Nimmt man beides zusammen, kommt dabei raus: Verteidigungsminister Guttenberg bekommt nicht das Geld, was er will. Der Baron sei schließlich auch nur ein "Phänomen" wie Lena Meyer-Landrut.
Finanzminister Wolfgang Schäuble bleibt im Streit mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg über Einsparungen bei der Bundeswehr bei seinem harten Kurs. Schäuble sagte der "Zeit", es bleibe bei der geltenden Finanzplanung. Im Rahmen des Sparpakets muss das Verteidigungsministerium bis Ende 2014 insgesamt 8,3 Milliarden Euro einsparen. Guttenberg zufolge ist das mit der politisch vereinbarten Zahl von 185.000 Soldaten aber nicht zu schaffen.
"Auch ich kann die Grundrechenarten nicht außer Kraft setzen", sagte Schäuble. Guttenberg habe ursprünglich mit der Vorstellung angefangen, die Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten auf 163.500 zu verringern. Dann seien 185.000 daraus geworden. Das sei politisch so gewollt gewesen, koste aber mehr: "Deshalb lautet unser gemeinsamer Beschluss: bis zu 185.000 Soldaten im Rahmen der geltenden Finanzplanung."
Auf die Frage, ob es ein Entgegenkommen für Guttenberg geben könne, antwortete Schäuble: "Die Koalition hat beschlossen, dass es bei der geltenden Finanzplanung bleibt." Auf keinen Fall könne die Nettoneuverschuldung erhöht werden, unterstrich er.
Die Sparziele gefährden nach Ansicht des Bundeswehrverbandes das internationale Ansehen Deutschlands und seien damit unseriös, sagte Verbandschef Ulrich Kirsch. Mit dem Geld könne man nur eine Armee mit 110.000 bis 120.000 Soldaten bezahlen. Auch mit Blick auf den gewünschten ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat würde sich Deutschland damit lächerlich machen, so Kirsch. Zudem müsse die deutsche Marine zur Sicherheit auf den Meeren beitragen. "Wir sind eine Handelsnation. Wir brauchen offene Seewege." Mit den Sparzielen werde eine Beteiligung an der Sicherung der See-Routen nicht möglich sein.
Kirsch verlangte von Guttenberg Klarheit über den künftigen Kurs. So wüssten Wehrdienstberater nicht, was sie Interessenten für einen freiwilligen Dienst bei der Bundeswehr sagen sollten. Nach Auskunft von Kommandeuren werde es ab Mitte des Jahres Nachwuchsprobleme geben. Die Abschaffung der Wehrpflicht sei "mit heißer Nadel gestrickt".
"Lena-Zirkus" und "Guttenberg-Phänomen"
Schäuble zog bei der Gelegenheit Parallelen zwischen dem Erfolg von Grand-Prix-Siegerin Lena Meyer-Landrut und der Popularität Guttenbergs. Die Leute suchten sich ihre herausragenden Persönlichkeiten heute nach anderen Kriterien aus als früher, meint der Minister: "Gucken sie sich nur den Zirkus mit Lena auf der einen Seite oder das Phänomen Karl-Theodor zu Guttenberg auf der anderen Seite an."
"Da gibt es Parallelen", sagte der frühere CDU-Hoffnungsträger und Beinahe-Kanzlerkandidat der Union. "Aber die haben weniger mit den Personen zu tun als vielmehr mit den Medien." Guttenberg habe zwar etwas, das die Leute fasziniert, "aber ich finde nicht, dass er ein außer- oder überirdisches Phänomen ist."
Schäuble fügte hinzu, er schätze Guttenberg, weil er eine Menge auf den Weg gebracht habe wie die Grundentscheidung zur Bundeswehrreform. Zu seiner eigenen politischen Zukunft sagte Schäuble, weil er nichts mehr werden müsse, habe er ein größeres Maß an innerer Unabhängigkeit als andere: "Ich bleibe Finanzminister, solange ich davon überzeugt bin, dass ich der Verantwortung für dieses Land gerecht werde."
Der Gescholtene ist in Indien
Guttenberg weilt derzeit in Indien. Dort macht er sich während einer zweitägigen Reise für den Eurofighter und andere deutsche Rüstungsgüter stark. "Indien ist natürlich ein gewaltiger Markt, und diesen Markt gilt es auch von unserer Seite mitzubestellen", sagte er auf der Luftfahrtmesse Aero India in Bangalore. Die deutsche Industrie biete "erstklassige Produkte", befinde sich aber in einem "harten Wettweberb".
Die indische Regierung will für etwa 7 Milliarden Euro 126 Kampfflieger anschaffen. Der europäische Luftfahrtkonzern EADS hat den Eurofighter ins Rennen geschickt, konkurriert aber mit fünf weiteren Bewerbern, darunter die US-Konzerne Boeing und Lockheed Martin.
Quelle: ntv.de, fma/jmü/dpa/AFP/rts