Politik

Praxisgebühr wird nicht zum Keil Schwarz-Gelb wehrt Angriff ab

Die Sitze waren wegen des Hammelsprungs verwaist.

Die Sitze waren wegen des Hammelsprungs verwaist.

(Foto: dapd)

In der Union gibt es Widerstand gegen ein Aus für die Praxisgebühr - die FDP will es ebenso wie die Opposition abschaffen, kann aber nicht gemeinsam mit ihr gegen das Vorhaben der Union stimmen. Dies käme einem Koalitionsbruch gleich. Die Union sieht Verhandlungsbedarf. Die Grünen meinen, die FDP wolle die Menschen im Land "veräppeln".

Rösler muss wieder eine Menge Häme über sich ergehen lassen.

Rösler muss wieder eine Menge Häme über sich ergehen lassen.

(Foto: dpa)

Opposition und Koalition haben sich im Bundestag einen Schlagabtausch über die Praxisgebühr geliefert. Die Opposition scheiterte dabei mit der Forderung nach einer Abstimmung über die Gebühr. Die FDP ist gegen die Gebühr, wollte aber nicht mit der Opposition stimmen. Die Union will den Zehn-Euro-Aufschlag tendenziell behalten.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte: "Bei uns gibt es heute die Abschaffung der Praxisgebühr pur - ein Kuhhandel ist bei uns nicht nötig." Anders, als dies die Koalition vorsehe, müsse die FDP für die Abschaffung der Praxisgebühr nicht dem von der CSU geforderten Betreuungsgeld zustimmen. "Die Praxisgebühr gehört abgeschafft, dies bleibt eine richtige Entscheidung, selbst wenn die FDP sich dafür einsetzt."

Hammelsprung wird nötig

Nach der Debatte über die Praxisgebühr gab es einen Hammelsprung im Bundestag. Dabei ging es darum, ob über Oppositionsanträge für eine Abschaffung - wie von der SPD gefordert - abgestimmt wird oder ob sie in die Ausschüsse zur weiteren Beratung überwiesen werden sollten. Bei der Abstimmung per Handzeichen konnte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) keine Mehrheit ermitteln. Deshalb forderte er die Parlamentarier auf, den Plenarsaal zu verlassen und durch getrennte Türen wieder einzutreten, um eine Mehrheit ermitteln zu können. In der Koalition ist die Abschaffung der Praxisgebühr strittig. Am Ende stand eine Mehrheit von 297 Stimmen für eine Überweisung in die Ausschüsse. Dagegen stimmten 225 Parlamentarier.

FDP erinnert an schwarz-rote Politik

Die FDP hielt der SPD Doppelmoral vor. In der Großen Koalition habe sie 2008 der Einführung eines Betreuungsgeldes ab 2013 zugestimmt und nun bekämpfe sie diese von Schwarz-Gelb geplante Leistung, sagte der FDP-Abgeordnete Patrick Meinhardt im Bundestag. Ohne näher auf die widersprüchlichen Äußerungen von FDP-Chef Philipp Rösler und dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Rainer Brüderle einzugehen, kündigte er an, im Kern werde es zu dem vereinbarten Betreuungsgeld kommen.

Rösler hatte gesagt, das Betreuungsgeld koste viel Geld, sei nicht gegenfinanziert und habe keine Bildungskomponente. Brüderle hatte betont, die FDP sei vertragstreu und werde die Leistung mittragen. Die Union will Eltern, die ihre Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr Zuhause betreuen, langfristig 150 Euro pro Monat zahlen. Die endgültige Entscheidung soll der Koalitionsausschuss fällen.

SPD war 2008 in der Pflicht

Die SPD-Politikerin Caren Marks sagte, die SPD habe 2008 einem Betreuungsgeld zugestimmt, weil sie dafür mit der Union den Ausbau der Kindertagesstätten mit vier Milliarden Euro vereinbaren konnte. "Wer es jetzt einführt, ist dafür verantwortlich." SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte über Röslers Haltung zum Betreuungsgeld: "Hier hat er Recht! (...) Es taugt nichts."

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast meinte, die FDP wolle die Menschen im Land wohl "veräppeln". Brüderle springe Rösler in den Nacken, und die FDP erkläre dann, beide hätten Recht. Der Vorsitzende der Linksfraktion, Gregor Gysi, beklagte, die Union habe ein völlig veraltetes Frauenbild. Laut Umfragen wollten selbst 62 Prozent der Unions-Anhänger das Betreuungsgeld nicht. Der CSU-Politiker Norbert Geis sagte, in Frankreich bekämen die Eltern je nach Einkommen zwischen 300 und 700 Euro Betreuungsgeld.

Betreuungsgeld auf ein Sperrkonto?

Mit Blick auf das von der FDP eigentlich abgelehnte Betreuungsgeld sagte Brüderle, seine Partei versuche noch, mit einer Bildungskomponente "etwas Vernünftiges" hineinzuverhandeln. Die FDP möchte das Betreuungsgeld mit einem sogenannten Bildungssparen verknüpfen. Danach könnte das Geld direkt auf ein Konto überwiesen werden, das später zur Ausbildung oder Studium der Kinder eingesetzt werden soll.

Für das Entgegenkommen beim Betreuungsgeld hatte die FDP gefordert, die Kassenpatienten zu entlasten. Dazu könnte entweder die Praxisgebühr abgeschafft oder der Kassenbeitrag gesenkt werden. Denkbar sei auch eine Kombination aus beidem.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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