Politik

Opposition will Berlins Regierungschef stürzen Schwerer Gang für Wowereit

Klaus Wowereit steht im Zentrum der Kritik an den Verzögerungen am Großflughafen BER.

Klaus Wowereit steht im Zentrum der Kritik an den Verzögerungen am Großflughafen BER.

(Foto: dapd)

In Berlin muss sich der Regierende Bürgermeister Wowereit einem Misstrauensantrag stellen, die Abgeordnete stimmen heute darüber ab. Seine Zukunft ist wohl gesichert, die rot-schwarze Koalition hält zu ihm. Dennoch wird sich der SPD-Mann weitere peinliche Vorwürfe im Debakel um den verpatzten Großflughafen BER anhören müssen.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit muss sich an diesem Samstag wegen des Flughafen-Desasters einem Misstrauensantrag stellen - n-tv überträgt live. Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus aus Grünen, Linken und Piraten will den 59-Jährigen SPD-Politiker stürzen. Er war selbst am 16. Juni 2001 durch ein erfolgreiches Misstrauensvotum gegen seinen CDU-Vorgänger Eberhard Diepgen an die Macht gekommen. Außerdem stehen die umstrittenen Flugrouten wieder zur Debatte. Nach Bedenken aus Brüssel müssen sie möglicherweise neu geprüft werden.

Die Opposition lastet Wowereit als Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft eine Mitschuld an der erneut geplatzten Eröffnung des Hauptstadtflughafens sowie an der Kostenexplosion an. Er habe so das Ansehen Berlins auch international schwer geschädigt sowie das Vertrauen der Berliner in die Handlungsfähigkeit des Senats "irreparabel erschüttert", heißt es in dem Antrag. Er könne seinen Verfassungsauftrag - zum Wohle der Stadt zu wirken - "nicht mehr dadurch erfüllen, dass er im Amt bleibt. ... Berlin braucht einen Neuanfang."

Die Abwahl dürfte aber an der stabilen Mehrheit von SPD und CDU scheitern. Beide Regierungsfraktionen sprachen Wowereit geschlossen das Vertrauen aus. Für eine Abwahl müssen 75 der 149 Abgeordneten den Misstrauensantrag unterstützen. SPD und CDU verfügen über 85 Mandate. Die Opposition kommt auf 63 Stimmen. Außerdem gibt es einen fraktionslosen Abgeordneten.

Platzeck hat als Aufsichtsratschef Gegenwind

Zum ungewissen Eröffnungstermin für den Flughafen und stark gestiegenen Kosten kommt jetzt auch neuer Ärger um die Flugrouten. Die EU moniert, dass nach ihrer heftig umstrittenen Änderung die Folgen für Natur und Umwelt nicht untersucht worden seien. Das Umweltressort der EU-Kommission empfahl, gegen Deutschland vorzugehen. Das Bundesverkehrsministerium reagierte gelassen. Aus den EU-Richtlinien ergebe sich im Verfahren zur Festlegung von Flugrouten keine Pflicht zu einer solchen Umweltverträglichkeitsprüfung.

Auch die künftige Führung des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft bleibt ein Zankapfel. Wowereit will in der kommenden Woche den Chefposten an seinen Stellvertreter und Parteifreund, den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck abgeben. Dagegen regt sich politischer Widerstand. Mehrere Bundespolitiker bevorzugen einen unabhängigen Experten an der Spitze des Kontrollgremiums. Platzeck selbst rechnet mit seiner Wahl am kommenden Mittwoch. Deshalb stellt er selbst am Montag die Vertrauensfrage im Landtag.

Angeblich soll Platzeck den Aufsichtsrat dann nur vorübergehend leiten. Laut "Focus" haben sich Bund, Berlin und Brandenburg darauf bereits geeinigt. Man wolle dann diskret nach einem Experten suchen, der Platzeck ablösen soll. Zudem soll die Flughafengesellschaft laut "Focus" enger an die Kandare genommen werden - auch wenn akute Liquiditätsengpässe drohen. So seien am Freitag lediglich 191,6 der vereinbarten 325 Millionen Euro Finanzhilfen ausgezahlt worden. Künftig sollen dann die Ausgaben des Unternehmens viel stärker kontrolliert werden als bisher.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer sagte der "Bild am Sonntag", für Wowereits Rücktritt vom Aufsichtsratsvorsitz habe er "Respekt". Die Kritik aus der Union an der Berufung von Platzeck zum Nachfolger von Wowereit teile er nicht. Ramsauer kündigte zugleich an, dass externe Anwälte und Wirtschaftsprüfer prüfen sollen, wer für das Airport-Desaster verantwortlich ist. "Sämtliche Haftungsfragen und Verantwortlichkeiten werden geklärt. Das gilt auch für das Flughafenmanagement und den Aufsichtsrat." Bedeutsam sei für den Bund zudem die neue Geschäftsführung. "Es wird andere, kompetente Manager geben", sagte der Minister.

Quelle: ntv.de, jog/dpa

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