CSU-Sprecher gibt Amt auf Seehofer: Rückzug war unvermeidlich
25.10.2012, 14:11 Uhr
Am Mittwoch hatte Seehofer gesagt, Versuche der Einflussnahme wären "vollkommen inakzeptabel". Am Donnerstag folgte die Kündigung.
(Foto: dapd)
Die CSU lässt ihren Sprecher fallen. Grund: Man könne den Widerspruch zwischen den Darstellungen von Hans Michael Strepp und dem ZDF nicht auflösen. Die SPD spricht von einem Bauernopfer, die FDP von einem "schweren Fall von Bedrohung der Rundfunkfreiheit".
CSU-Chef Horst Seehofer hat den Rückzug von Parteisprecher Hans Michael Strepp wegen der Medien-Affäre als unvermeidlich, notwendig und richtig bezeichnet. Es gebe, was den umstrittenen Anruf Strepps in der "heute"-Redaktion betrifft, weiterhin unterschiedliche Bewertungen vom ZDF auf der einen und von Strepp auf der anderen Seite, sagte Seehofer am Rande einer Landtagssitzung in München.
Weil man diesen Widerspruch nicht habe auflösen können, sei Strepps Rückzug unvermeidlich, so Seehofer. Strepp sei als Pressesprecher die Schnittstelle zu den Medien und hätte seine Aufgaben unter diesen Umständen nicht weiter fortführen können. Gleichzeitig sprach der Ministerpräsident von einem "schweren Schritt". Er habe mit Strepp in den vergangenen Jahren sehr gut zusammengearbeitet.
Noch am Mittwoch hatte Seehofer sich hinter Strepp gestellt - allerdings nur unter Vorbehalt. Strepps schriftliche Erklärung, er habe auf die Berichterstattung des ZDF weder Einfluss genommen noch nehmen wollen, sei für ihn "Realität", sagte Seehofer. "Ich muss mich auf eine solche schriftliche Stellungnahme verlassen." Alles andere - also der Versuch der Einflussnahme - "wäre völlig inakzeptabel und müsste auch entsprechende Konsequenzen zur Folge haben", so Seehofer am Mittwoch.
Nahles bringt Dobrindt ins Spiel
Nach Strepps Kündigung sprach SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles von einem Bauernopfer. "Es ist schwer vorstellbar, dass der Pressesprecher völlig eigenmächtig handelte", sagte sie. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt solle für "Transparenz im eigenen Laden" sorgen.
Strepp hatte am Wochenende in der "heute"-Redaktion angerufen. Dabei versuchte er nach Darstellung des ZDF, die Berichterstattung über den Parteitag der bayerischen SPD zu beeinflussen. Auf dem Delegiertentreffen am Sonntag wurde der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude zum Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2013 gekürt. Er will im nächsten Jahr Seehofer als Ministerpräsident in Bayern ablösen. Die CSU hatte zuvor einen zweitägigen Parteitag in München veranstaltet.
Strepp wies die Vorwürfe zurück. Er wolle klarstellen, dass er "selbstverständlich auf die Berichterstattung des ZDF weder Einfluss genommen habe noch dies vorhatte", schrieb er in einem Brief an den stellvertretenden ZDF-Chefredakteur.
Das ZDF blieb bei seiner Darstellung. "Der CSU-Pressesprecher hat am Sonntag auf verschiedenen Wegen versucht, die Berichterstattung des ZDF über eine andere Partei zu beeinflussen", sagte Chefredakteur Peter Frey. Intendant Thomas Bellut erklärte, der Vorgang werde im zuständigen Ausschuss des Fernsehrates behandelt.
"CSU sollte sich Bananenrepublik suchen"
Der medienpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Burkhardt Müller-Sönksen, sprach von einem "schweren Fall von Bedrohung der Rundfunkfreiheit". Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, nannte es "kaum vorstellbar, dass ein als besonnen und korrekt bekannter Parteisprecher einen solchen Anruf ohne Rückendeckung ausführt". Grünen-Geschäftsführer Volker Beck sagte, wenn die CSU glaube, dass eine "Staatspartei" dem "Staatsfernsehen" diktieren könne, was es berichtet, dann "sollte sie sich eine Bananenrepublik zum Regieren suchen".
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) forderte weniger Einfluss der Politik auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Politiker meinten, "ihnen gehört dieser Rundfunk, weil sie in den Gremien sitzen und dort entscheiden können", sagte der Verbandsvorsitzende Michael Konken der ARD. "Wir hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht hier über etwas mehr Staatsferne bald entscheiden wird, und die Politik zunehmend mehr aus diesen Gremien verschwindet." Der stellvertretende Chef der Gewerkschaft Verdi, Frank Werneke, verlangte von Seehofer ein Bekenntnis zur Pressefreiheit und zur Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Quelle: ntv.de, hvo/rts/dpa