"Das war Kalkül", "grob falsch" Seehofer wütet gegen Merkel
24.10.2011, 07:21 Uhr
Horst Seehofer ist bedient.
(Foto: dapd)
Steuersenkungen? Aber ja, sagen CDU und FDP. Irgendwo sollen die offenbar erwarteten 10 Milliarden Euro Mehreinnahmen des Bundes auch hin. Die CSU ist dagegen, Parteichef Seehofer fühlt sich übergangen. "Das war Kalkül", wütet er, und bezeichnet die Vorgehensweise als "grob falsch". Das Verhältnis der Koalitionspartner sei schwer belastet.
Im schwarz-gelben Streit um Steuerentlastungen kartet CSU-Chef Horst Seehofer nach: Bei der Vorstellung von Steuererleichterungen in der vergangenen Woche sei die CSU bewusst übergangen worden. "Das war keine Panne", sagte Seehofer der "SZ". "Die Bayern werden das schon schlucken - das war das Kalkül. Und das war grob falsch", sagte der CSU-Vorsitzende. Seehofer war über diese Präsentation vorab von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtschef Ronald Pofalla informiert worden, hatte dem Vorhaben aber eigenen Angaben zufolge klar widersprochen.
Die Pläne für eine Abschwächung der sogenannten kalten Progression mit Steuerentlastungen zwischen sechs und sieben Milliarden Euro hatten Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ohne Einbeziehung der CSU am vergangenen Donnerstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz vorgestellt.
"Keinen vernünftigen Grund"
Es habe "überhaupt keinen vernünftigen Grund" gegeben, "am Tag vor dem Koalitionsausschuss gegen den erklärten Willen eines Koalitionspartners ein Steuerreformkonzept in der Öffentlichkeit zu präsentieren", kritisierte Seehofer. Damit habe das Kanzleramt das Verhältnis zwischen den Koalitionspartnern unnötig schwer belastet.
Nach dem Willen Merkels sollen zwei Varianten geprüft werden: eine Senkung des Solidaritätszuschlags und Änderungen bei der Einkommensteuer. Eine Einigung wird bis zur nächsten Koalitionsrunde am 6. November angestrebt. Eine Aussprache im engsten Führungskreis von Union und FDP entspannte die Lage in der schwarz-gelben Koalition nicht.
"Mit mir wird es nur eine Steuerreform geben, die am Ende auch im Gesetzblatt stehen kann", hatte Seehofer zuvor gesagt. Damit dürften die Pläne von Rösler und Schäuble vom Tisch sein, weil für ihre Durchsetzung eine Zustimmung des Bundesrates nötig wäre. Dort haben Union und FDP keine Mehrheit mehr.
Zehn Milliarden Euro mehr
In Regierungskreisen war der Darstellung widersprochen worden, die CDU-Vorsitzende habe die Verantwortung für eine Kommunikationspanne übernommen und sich bei Seehofer entschuldigt. "Es hat keine Entschuldigung gegeben", hieß es. Der Auftritt am Donnerstag sei eine ganz bewusste Entscheidung gewesen, zu dem die Kanzlerin stehe. "Dies war der Türöffner für eine breite Diskussion über die gewünschte steuerliche Entlastung der Bürger."
Die Bundesregierung erwartet trotz eingetrübter Konjunkturaussichten auch im kommenden Jahr steigende Steuereinnahmen. In diesem Jahr könne allein der Bund im Vergleich zur Steuerschätzung vom Mai mit Mehreinnahmen von rund zehn Milliarden Euro rechnen, heißt es.
Quelle: ntv.de, rpe/dpa