Politik

Angst vor einer Welle der Gewalt Simbabwe fürchtet "Afrikas Hitler"

Robert Mugabe ist mittlerweile 88 Jahre alt, er regiert Simbabwe seit 1980 mit brutaler Hand.

Robert Mugabe ist mittlerweile 88 Jahre alt, er regiert Simbabwe seit 1980 mit brutaler Hand.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Als historisch rühmt die Welt die Verurteilung des früheren kongolesischen Rebellenführers Lubanga. Doch für die Bewohner Simbabwes hat die Entscheidung des internationalen Strafgerichtshofs auch eine andere Dimension: Sie befürchten, dass der Herrscher ihres Landes Robert Mugabe sich nun noch brutaler an seine Macht klammert.

Das Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den kongolesischen Ex-Rebellenführer hat für Afrika überragende Bedeutung. Kriegsverbrecher und Despoten müssen mehr denn je damit rechnen, für ihre Untaten bestraft zu werden. Deshalb löst das Urteil von Den Haag in Simbabwe auch schlimmste Befürchtungen aus.

Denn für Robert Mugabe, der mit seiner Partei Zanu-PF seit 1980 das Land mit brutaler Hand kontrolliert, könnten Alpträume Realität werden. Dem 88-Jährigen drohen beim Machtverlust internationale Anklagen.

Als Oppositionsführer besucht Morgan Tsvangirai ein Parteimitglied, das nach den Wahlen 2008 angegriffen wurde.

Als Oppositionsführer besucht Morgan Tsvangirai ein Parteimitglied, das nach den Wahlen 2008 angegriffen wurde.

(Foto: REUTERS)

Mugabes trägt den Spitznahmen "Hitler Afrikas". Und für Mugabe selbst ist das noch eine Untertreibung. Er sei "Hitler hoch zehn", sagte er einmal. Mugabes Herrschaft wird von einer blutigen Spur von Verbrechen begleitet: angefangen von den Massakern an den Angehörigen des Ndebele-Stammes in den 80er Jahren bis hin zu Folterungen, Vergewaltigungen und Morden vor der Wahl 2008. Rassistische Motive sind ein fester Bestandteil seiner Ideologie.

Doch trotz Volkszorn, Wahlpleiten und Sanktionen überlebte der selbst ernannte "Freiheitskämpfer" im Präsidentenpalast. Gewalt, Manipulationen und ein allgegenwärtiger Sicherheitsapparat sicherten ihm die Macht. Wie schlimm es um Simbabwe bestellt ist, zeigt, dass in dem maroden, heruntergewirtschafteten Staat kaum etwas besser funktioniert als der Geheimdienst.

Simbabwe stehen Wahlen bevor

"Bitte nehmen Sie die Batterie aus dem Handy!" Diese Aufforderung erhalten in Harare ausländische Journalisten und Politiker oft, wenn sie Oppositionelle oder Bürgerrechtler treffen möchten. "Der Geheimdienst verfolgt mit allen technischen Mitteln jeden Gegner, jeden Verdächtigen", sagt entschuldigend der Kirchenvertreter. Er und seine Mitstreiter haben schon viele bittere Erfahrungen mit den Schergen Mugabes gemacht. "Die Behörden sind ein Desaster, aber der Spionageapparat ist effizient, unglaublich brutal und menschenverachtend."

Simbabwe ist nicht nur reich an unberührter Natur, wie im Naturschutzgebiet Kaza, sondern auch an Bodenschätzen.

Simbabwe ist nicht nur reich an unberührter Natur, wie im Naturschutzgebiet Kaza, sondern auch an Bodenschätzen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Simbabwe steht vor einem Verfassungsreferendum und später, Anfang 2013 vor Wahlen. Ist die Macht Mugabes bedroht, fließt in Simbabwe erfahrungsgemäß Blut. "Wir fürchten uns sehr vor einer neuen Welle der Gewalt", sagt Abel Chikomo, Direktor der Menschenrechts-Dachorganisation "Human Rights Forum". Vieles spricht dafür, dass Chikomos Befürchtungen wahr werden.

"Mugabe weiß genau, dass er bei freien Wahlen keine Chance hätte", sagte der Sprecher der wiedererstarkten Partei Zapu, Mjobisa Noko. Umfragen bestätigen diese Auffassung.

Also schürt das Regime ein Klima der Angst. Der "marxistisch-leninistisch geschulte Greis im Präsidentenpalast" fördere ein "undurchdringliches System von Missinformationen, Spekulationen und Verschwörungstheorien", um die Menschen zu verunsichern und in Angst zu halten, schrieb der deutsche Afrikaexperte Helmut Orbon.

Ohnehin müssen die meisten Menschen täglich ums Überleben ringen. Etwa zwei der zwölf Millionen Simbabwer hängen von internationaler Nahrungsmittelhilfe ab. Noch vor 15 Jahren galt das ehemalige Rhodesien als Kornkammer Afrikas. Erst vertrieb Mugabe, der sich als "anti-kolonialer Freiheitskämpfer" versteht, die weißen Farmer, dann verkamen und verrotteten viele Felder und Plantagen. Etwa drei Millionen Simbabwer flohen aus dem geschundenen Land.

Mysteriöse Unfälle von Politikern

Seinen Oberlippenbart trägt Mugabe schon seit seiner Machtübernahme. Auch ihm dürfte er seinen Spitznamen "Afrikas Hitler" zu verdanken haben.

Seinen Oberlippenbart trägt Mugabe schon seit seiner Machtübernahme. Auch ihm dürfte er seinen Spitznamen "Afrikas Hitler" zu verdanken haben.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Dabei hat Simbabwe noch immense Reichtümer. Aber niemand weiß zum Beispiel, profitiert. Die Kontrolle haben das Militär und die Polizei. Sicher ist nur, dass die Milliardenerlöse nicht der verkommenen, dreckigen Hauptstadt oder den überbevölkerten Townships mit ihrer schreienden Armut zu Gute kommen.

Auch der mysteriöse Tod vieler Menschen verunsichert die Menschen. Ex-Armeechef Solomon Mujuru kam im August 2011 beim Brand seiner Farm unter merkwürdigen Begleitumständen ums Leben. Ein oppositioneller Stadtrat aus Mbare starb jüngst bei einem "Autounfall". In seiner Umgebung glaubt keiner an diese Version. Zu oft werden Gegner und Rivalen Mugabes Opfer eines "Unfalls". Seit 2001 starben mehrere Kabinettsmitglieder bei ominösen Karambolagen.

Auch Ministerpräsidenten Morgan Tsvangirai, lange Jahre Oppositionschef und Herausforderer Mugabes, wurde . Er überlebte schwer verletzt, seine Frau starb.

Über Tsvangirais Rolle gibt es sehr unterschiedliche Einschätzungen. Der 60 Jahre alte Führer der Partei MDC hatte sich nach der Wahl 2008 auf Druck vor allem des mächtigen Nachbarn Südafrika . Nun dient Tsvangirai als Regierungschef dem Mann, der ihn früher mehrfach schon hat festnehmen lassen. Polizisten misshandelten den Ex-Gewerkschaftsboss schwer, 2007 erlitt er dabei einen Schädelbruch. Aber Tsvangirai bleibt trotz vieler Demütigungen in der Regierung, in der Mugabes Zanu-PF alle sicherheitsrelevanten Ressorts führt. Der 60-Jährige hofft ungebrochen, dass Verfassungsreform und Wahlen ihm noch einem späten Triumph bescheren.

"Viele verstehen Tsvangirai nicht, aber er spielt klug seine Karten, er zwingt Mugabe in den Demokratisierungsprozess", meinte ein hoher europäischer Diplomat. "Tsvangirai ist eine Geisel Mugabes, er würde sterben, wenn er sich wehrt", meinte dagegen der Ökonom John Robertson. "Tsvangirai hat Angst, so wie alle hier". Der zusätzliche Druck, der nun durch das Lubanga-Urteil auf Mugabe lastet, vergrößert diese Angst nur.

Quelle: ntv.de, ieh/dpa

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