"Informelles Gespräch" zwecklos Snowden lehnt Befragung in Moskau ab
20.06.2014, 21:27 Uhr
Die Opposition hält einen Besuch Snowdens in Moskau für eine sinnlose "Kaffeefahrt".
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Die Bundesregierung will Edward Snowden nicht nach Deutschland holen - und dieser sich nicht von ihr in Moskau befragen lassen. Eine Befragung "in der gewünschten Form" sei laut dem Ex-Spion im Exil nicht möglich. Dabei habe er noch einiges zu erzählen.

Unions-Obmann Kiesewetter beklagte, dass Snowden nicht zu ausgewählten Fragen des NSA-Ausschusses Stellung nehmen wolle.
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Der ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden hat ein informelles Treffen in Moskau mit dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages abgelehnt. "Für ein mündliches, 'informelles' Gespräch in Moskau besteht (...) derzeit weder Raum noch Bedarf", heißt es einem Schreiben von Snowdens Berliner Anwalt Wolfgang Kaleck, das bei dem Ausschuss im Bundestag einging.
Weder Kaleck noch seinem Mandanten erschließe sich die Notwendigkeit eines solchen Gespräches, schreibt der Anwalt in dem zweiseitigen Brief. Eine Vernehmung "in der gewünschten Form" sei nur in Deutschland möglich. Union und SPD hatten gegen den Willen der Opposition ein Treffen in Moskau beschlossen.
Vor rund einem Jahr hatte Snowden ans Licht gebracht, dass der US-Geheimdienst NSA und andere ausländische Nachrichtendienste im großen Stil deutsche Daten abschöpfen. Er hatte vertrauliche Dokumente der National Security Agency (NSA) an Journalisten übergeben und die Überwachungspraxis so öffentlich gemacht. Die USA suchen ihn seither per Haftbefehl, bis mindestens Ende Juli genießt er noch Asyl in Russland.
Sinnlose "Kaffeefahrt"
Der NSA-Ausschuss des Bundestages soll die Spähaffäre aufarbeiten. Grüne und Linke fordern seit langem, Snowden regulär als Zeugen in Deutschland zu befragen. Die Bundesregierung müsse dafür die Voraussetzungen schaffen, verlangen die Oppositionsparteien.
Die Regierung ist allerdings nach wie vor gegen eine Vernehmung des Amerikaners auf deutschem Boden. Anfang Juni hatten Union und SPD gegen die Stimmen von Linkspartei und Grünen beschlossen, Snowden zunächst für ein informelles Gespräch in Moskau zu treffen - möglichst noch Anfang Juli. Aus der Opposition kam der Vorwurf, es handele sich um eine sinnlose "Kaffeefahrt".
Wie er nun über seinen Anwalt mitteilen ließ, ist auch Snowden von der Idee nicht angetan. Es erschließe sich nicht, welche Themen, Fragen oder Zielsetzungen eine solche informelle Zusammenkunft in Moskau haben sollte, heißt es in dem Brief. Kaleck betont darin erneut, auch eine Zeugenvernehmung in Moskau komme nicht in Betracht. Eine Befragung müsse in Deutschland stattfinden. Die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen dafür seien bislang aber nicht geschaffen.
Snowden verspricht "wertvolle Hinweise"
Der Unions-Obmann Roderich Kiesewetter sagte, der Ausschuss müsse Snowdens Entscheidung respektieren. Der CDU-Politiker beklagte, der "Whistleblower" wolle nicht zu den Fragen des Gremiums im Einzelnen Stellung nehmen, sondern sehe seine Rolle nur als die eines Sachverständigen. Mehrere Unions-Politiker hatten mit Verweis auf die bisherigen Äußerungen Snowden den Erkenntnisgewinn durch eine Zeugenaussage angezweifelt. Der Amerikaner hatte dem jedoch widersprochen und für den Fall einer Vernehmung wertvolle Hinweise in Aussicht gestellt.
In Kalecks Brief heißt es dazu, Snowden habe sich bislang gegenüber dem Europaparlament und der Parlamentarischen Versammlung des Europarats als Sachverständiger geäußert - ein Mal schriftlich, das andere Mal in einem 30-minütigen mündlichen Beitrag. Eine Zeugenvernehmung würde "ungleich ausführlicher" ausfallen und sich auf "Wahrnehmungen zu konkreten Tatsachen und Ereignissen" beziehen. Dieser evidente Unterschied werde "von unterschiedlichen Akteuren entweder in rechtlicher oder tatsächlicher Unkenntnis völlig verkannt oder aus politischen Gründen geleugnet".
Quelle: ntv.de, bwe/dpa