MI5 "nicht involviert" Spurensuche im Dubai-Thriller
19.02.2010, 16:21 UhrDer Polizeichef von Dubai nennt die Ermordung von Hamas-Funktionär Mabhuh ein "international organisiertes Verbrechen" und kündigt "weitere Überraschungen" bei der Aufklärung an. London weist Berichte zurück, wonach der Auslandsgeheimdienst MI5 vom israelischen Mossad vorab Hinweise erhielt. Derweil beschäftigt sich auch die EU mit der Affäre.
Im Thriller um den Mord an einem hochrangigen Hamas-Funktionär hat die Polizei in Dubai eine internationale Untersuchung gefordert. Der Mordfall sei zu einer weltweiten Angelegenheit geworden, sagte Polizeichef Dahi Tamim dem Sender Dubai TV.
Tamim kündigte an, dass er einen internationalen Haftbefehl gegen den Direktor des israelischen Geheimdienstes Mossad, Meir Dagan, beantragen werde, falls Israel zweifelsfrei hinter dem Attentat auf den Hamas-Funktionär Mahmud al-Mabhuh stehen sollte. Dies sei nahezu sicher, sagte Tamim.
Nach Angaben der in Dubai erscheinenden Tageszeitung "Gulf News" hat der Polizeichef für die kommenden Tage "weitere Überraschungen" bei der Aufklärung der Tat angekündigt. "Neue Elemente und weitere Untersuchungen werden jeden noch bestehenden Zweifel an den gefährlichen Verdächtigen beseitigen", sagte Tamim. Der Polizeichef sprach von einem "international organisierten Verbrechen".
In Frankreich werde derzeit ein gerichtsmedizinisches Gutachten erstellt. Mit den Ergebnissen rechnet Tamim in wenigen Tagen.
"Red Notice" von Interpol

Ein internationaler Haftbefehl gegen Mossad-Chef Meir Dagan hätte allenfalls symbolische Bedeutung.
(Foto: REUTERS)
Interpol veröffentlichte die Passfotos und Namen der elf Verdächtigen im Internet und stellte eine "Red Notice" aus. Dabei handelt es sich nicht um einen internationalen Haftbefehl. Interpol hilft damit nach eigenen Angaben lediglich der Polizei der Vereinigten Arabischen Emirate, die von ihr per Haftbefehl gesuchten Personen zu identifizieren und aufzuspüren.
Elf Verdächtige mit europäischen Pässen
Al-Mabhuh war am 19. Januar in einem Luxushotel in Dubai ermordet worden. Die Polizei von Dubai verdächtigt zehn Männer und eine Frau, die mit europäischen Pässen unterwegs waren. Darüber hinaus sind nach Presseberichten zwei Palästinenser festgenommen worden, die mit den Tätern zusammengearbeitet haben sollen. Die internationale Polizeibehörde Interpol leitete die Fahndung nach elf Verdächtigen ein.
Der Fall hat international großes Aufsehen erregt, weil gefälschte Pässe aus Großbritannien, Irland, Deutschland und Frankreich benutzt worden sind. Der israelische Außenminister Avigdor Lieberman hatte erklärte, es sei nicht fair, automatisch den Mossad zu verdächtigen und keinen anderen Geheimdienst.
Berlin hat ein "Aufklärungsbedürfnis"
Die Regierungen in London, Dublin, Paris und Berlin bestellten israelische Botschaftsverterter ein. Bei einem Gespräch im Auswärtigen Amt in Berlin versicherte der israelische Botschaftsgesandte, die israelische Seite werde sich bemühen werde, dem deutschen "Aufklärungsbedürfnis" nachzukommen, wie Ministeriumssprecher Andreas Peschke sagte. Der israelische Gesandte habe dem Nahost-Beauftragten Andreas Michaelis bereits weitere Auskünfte zugesagt.
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm erklärte, die Prüfung des Falls sei noch nicht abgeschlossen. Die deutschen Behörden gingen aber weiterhin allen Hinweisen mit einem Bezug zu Deutschland nach.
Drahtzieher mit französischem Pass?
Bei dem aufwendig inszenierten Mord soll ein Verdächtiger mit einem französischen Pass möglicherweise der Drahtzieher gewesen sein. Der Mann, der laut Pass Peter Elvinger heißt und auf dem Foto Vollbart, rasierte Glatze und Brille trägt, sei einer der Hauptverantwortlichen, schreibt die Zeitung "Le Parisien" unter Berufung auf Ermittler.
Zeitung: MI5 hatte Hinweise
Die britische Regierung bestreitet, schon länger gewusst zu haben, dass die mutmaßlichen Täter gefälschte britische Pässe benutzten. "Wir haben Informationen darüber wenige Stunden vor der Pressekonferenz erhalten, die die Polizei in Dubai gehalten hat", zitierte die BBC einen Sprecher des Außenministeriums.
Die britische Zeitung "Daily Mail" dagegen schrieb, der Auslandsgeheimdienst MI5 habe schon vor dem Mord von einem israelischen Geheimagenten Hinweise auf eine bevorstehende Operation erhalten. "Großbritannien war nicht involviert (...), aber ihnen wurde mitgeteilt, dass diese Leute mit britischen Pässen reisen", berichtete das Blatt unter Berufung auf Geheimdienstquellen.
Hamas-Mord wird EU-Thema
Die Äffäre wird nun auch die EU-Außenminister beschäftigen. Mehrere Minister wollen am Montag am Rande eines Treffens in Brüssel mit dem israelischen Außenminister Avigdor Lieberman über die Ermordung Mabhuhs sprechen, sagten EU-Diplomaten.
Lieberman hält sich am Montag in Brüssel zu einem seit längerem geplanten Besuch auf. Er nimmt jedoch nicht an den EU-Beratungen teil. Im Kreis der EU-Außenminister steht der Mord zwar nicht offiziell auf der Tagesordnung, doch könne keineswegs ausgeschlossen werden, dass darüber geredet werde, hieß es in Brüssel.
Der britische Außenminister David Miliband und sein belgischer Amtskollege Steven Vanackere bestätigten bereits, dass sie mit Lieberman reden wollten. Auch andere Minister wollten von Lieberman Auskunft verlangen.
Quelle: ntv.de, hdr/dpa/AFP