Politik

Wahlkommission bestreitet Betrug Staatsanwältin ermittelt gegen Maduro

"Betrug", skandierte das von der Opposition kontrollierte Parlament. Es ist unklar, ob es wieder zusammentreten können wird.

"Betrug", skandierte das von der Opposition kontrollierte Parlament. Es ist unklar, ob es wieder zusammentreten können wird.

(Foto: AP)

Am Freitag soll die Verfassungsgebende Versammlung in Venezuela nach der umstrittenen Wahl ihre Arbeit aufnehmen. Doch der Hersteller der Wahlcomputer ist vom Abstimmungsbetrug überzeugt und erstattet Anzeige. Es laufen Ermittlungen gegen die Regierung.

In Venezuela hat Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz wegen mutmaßlichen Wahlbetrugs Ermittlungen gegen die eigene Regierung und die Wahlbehörde eingeleitet. "Zwei Staatsanwälte ermitteln in diesem Betrugsfall zur Wahl der Verfassungsgebenden Versammlung, nach einer Anzeige von Smartmatic", teilte sie am späten Mittwochabend in Caracas mit.

Der Fall ist brisant: Ortega stand lange fest an der Seite der regierenden Sozialisten, hat inzwischen aber mit Präsident Nicolás Maduro gebrochen. Der Staatschef versucht derzeit, die Staatsanwältin aus ihrem Amt zu entfernen. Zuletzt wurde sogar ihr Pass eingezogen.

Mehrere Richter des venezolanischen Obersten Gerichts flüchteten in die chilenische Botschaft in Caracas.

Mehrere Richter des venezolanischen Obersten Gerichts flüchteten in die chilenische Botschaft in Caracas.

(Foto: REUTERS)

Die Verfassungsgebende Versammlung wurde am Sonntag gewählt und soll nach Wunsch von Maduro das von der Opposition dominierte Parlament ersetzen. Es sei bewiesen, dass es Manipulationen gegeben habe, hatte zuvor der Chef der für die Wahlcomputer zuständigen Firma Smartmatic, Antonio Mugica, in London mitgeteilt. Demnach sei die Zahl der abgegebenen Stimmen viel niedriger als von der Wahlbehörde angegeben. "Wir wissen, ohne jeden Zweifel, dass die Beteiligung bei der jüngsten Wahl für eine verfassungsgebende Versammlung manipuliert worden ist", sagte Mugica.

Damit bestätigte das Unternehmen die Angaben der venezolanischen Opposition. Die Europäische Union und die USA hatten schon vorher angekündigt, die Versammlung nicht anzuerkennen.

"Unverantwortlich" und "unbegründet"

Der Wahlbehörde zufolge haben am Sonntag rund 8,1 Millionen Menschen ihre Stimme bei der Wahl abgegeben. Andere Schätzungen gehen von maximal knapp vier Millionen Menschen aus, was einer Wahlbeteiligung von gerade einmal rund 20 Prozent entsprechen würde. Die Wahlbeteiligung ist entscheidend, weil sie Auskunft gibt über den Rückhalt für die Pläne des sozialistischen Staatschefs Nicolás Maduro.

Die Chefin der Wahlkommission wies den Vorwurf der Manipulation zurück. Die Anschuldigungen seien "unverantwortlich" und "unbegründet", erklärte Tibisay Lucena in Caracas.

Die konstituierende Sitzung der Verfassungsgebenden Versammlung verschob Präsident Nicolás Maduro auf Freitag. Die 545 Mitglieder sollen die aus dem Jahr 1999 stammende Verfassung reformieren und werden in der Nationalversammlung tagen. Dort hat das Parlament seinen Sitz, in dem das aus 20 Parteien bestehende Oppositionsbündnis "Mesa de la Unidad Democrática" über eine klare Mehrheit verfügt. Als eine Kandidatin für den Vorsitz gilt die Ehefrau des sozialistischen Staatschefs, Cilia Flores.

Opposition will Parlament verteidigen

Maduro hatte die Wahl trotz massiver Proteste im In- und Ausland abhalten lassen. Nach seinem Willen soll sie das ihm feindlich gesinnte Parlament ersetzen und eine neue Verfassung ausarbeiten, um Venezuela aus der seit Monaten anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Krise zu führen. Maduros Gegner werfen ihm hingegen vor, er wolle die Gewaltenteilung aufheben und dadurch diktatorische Vollmachten an sich reißen.

Die Opposition hatte die Wahl der Mitglieder boykottiert. Es standen praktisch nur Vertreter des Regierungslagers zur Wahl. Unklar ist, was mit den bisherigen Abgeordneten passieren soll. Die Opposition rief zu Massenprotesten und zur friedlichen Verteidigung des Parlaments auf - es gibt Sorgen vor blutigen Konflikten am Parlament.

Möglich ist, dass die Verfassungsversammlung ein Parallel-Parlament wird und die Versammlung als ein "Parlament des Volkes" die in einer regulären Wahl bestimmten Volksvertreter dauerhaft ersetzen könnte. Die Arbeit an der neuen Verfassung kann bis zu ein Jahr dauern. Währenddessen hätte Maduro dann freie Hand. Seit April starben bei Protesten gegen den venezolanischen Präsidenten über 120 Menschen.

Quelle: ntv.de, rpe/chr/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen