Neue Aufnahmen nach Explosion Startrampe im russischen Weltraumbahnhof nur noch Asche
23.09.2024, 19:36 Uhr Artikel anhören
Vom Startsilo im Weltraumbahnhof ist im Vergleich zur Aufnahme zwei Wochen zuvor (unten) nicht mehr viel übrig.
(Foto: via REUTERS)
Der russische Weltraumbahnhof Plessezk unweit der Skandinavischen Halbinsel ist um einen großen Krater reicher. Berichten zufolge explodierte eine Interkontinentalrakete vom Typ RS-28 Sarmat im Startsilo. Letzteres wurde dabei, wie neue Satellitenaufnahmen zeigen, vollkommen zerstört.
Ein Vorfall im russischen Weltraumbahnhof Plessezk hat, wie auf neuen Satellitenbildern zu sehen ist, ein Startsilo regelrecht dem Erdboden gleichgemacht. Mehrere Medien hatten bereits über einen weiteren fehlgeschlagenen Test mit der Interkontinentalrakete RS-28 Sarmat, die von Experten oft als "Weltzerstörer-Rakete" bezeichnet wird, gemutmaßt - samt ersten Aufnahmen vom Unfallort. Neue Vorher-Nachher-Aufnahmen des US-Unternehmens Maxar Technologies zeigen nun das verheerende Ausmaß der Zerstörung.

Im Vergleich zum Bild oben: Die noch unversehrte Abschussrampe Anfang diesen Monats.
(Foto: via REUTERS)
Es handelt sich um zwei Bilderpaare. In jedem Bilderpaar zeigt eine Aufnahme die betreffende Abschussrampe am 7. September dieses Jahres. Sie liegt im Komplex des Weltraumbahnhofs im Nordwesten Russlands - unweit der Skandinavischen Halbinsel. Eine zweite Aufnahme zeigt dann, wie derselbe Ort aus gleicher Perspektive am 21. September aussah - hochauflösend aus dem All fotografiert.
Das zweite Bilderpaar (weiter unten) zeigt die Szenerie näher. Auf der Aufnahme vom 21. September scheint vom einstmals klar zu erkennenden Startsilo nicht mehr viel übrig zu sein. Es gibt einen massiven Krater. Die Gebäudestrukturen wirken stark beschädigt. Mehrere rote Einsatzfahrzeuge sind zu erkennen, womöglich von Lösch- oder Bergungskräften.
Waffe noch nicht bereit?
Von offizieller russischer Seite gibt es bislang keine Informationen dazu, welcher Waffen- oder Raketentyp sich zum Zeitpunkt der Explosion im Startsilo befand und was zu dieser führte. Mehrere Medien, darunter die "Welt" und "Ukrinform", gehen unter Berufung auf pro-ukrainischen Experten von einem Unfall mit der Sarmat aus, die potenziell mehrere Nuklearwaffen tragen kann.
Oberst Markus Reisner sagt im Interview mit ntv.de, dass die Aufnahmen des letzten Tests gestochen scharf zeigen würden, dass die Rakete im Silo oder beim Heraustreten aus dem Silo detoniert sei. "Damit ist klar, dass der Test gescheitert ist", so Reisner. "Für die russische Seite ist das eine Blamage." Der gescheiterte Test konterkariere die immer wiederkehrenden Drohungen, womöglich Nuklearwaffen einzusetzen, wenn irgendeine "rote Linie" überschritten wird.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte die Sarmat einst als "Wunderwaffe" gepriesen. Laut "Welt" soll der Vorfall in Plessezk der mindestens vierte Fehlschlag innerhalb der Entwicklung der Interkontinentalrakete sein. Und das, obwohl Russland die Waffe vor rund einem Jahr offiziell in den Dienst gestellt hatte - zumindest vorübergehend.
Der bislang einzige Flugtest des Gesamtsystems - allerdings mit Sprengkopfattrappen - fand am 20. April 2022 statt, kurz nach der Invasion Russlands in der Ukraine. Putin kündigte eine "wirklich einzigartige Waffe" an. Er behauptete, dass die Sarmat-Rakete mit 18.000 Kilometern Reichweite und mehr als 200 Tonnen Gewicht "unvergleichbar" sei und die Atomsprengköpfe Abwehrsysteme überwinden könnten. Der Anflug, etwa auf US-Großstädte, könnte auf Flugrouten über den Nord-, aber auch über den Südpol erfolgen, heißt es. Experten schätzen, dass zehn bis zwölf Atombomben in der Raketenspitze transportiert werden könnten.
Das Vorgängermodell R36-M (NATO-Code Satan) ist laut "Welt" pikanterweise eine vornehmlich ukrainische Entwicklung, allerdings noch aus Zeiten der Sowjetunion. Allerdings strebte Putin eine ausschließlich von russischen Ingenieuren gebaute Interkontinentalrakete an.
Für den Münchner Raketenspezialisten und -analysten Markus Schiller ist der mögliche aktuelle Unfall mit der Sarmat-Rakete ein Beleg, "dass sie noch nicht zuverlässig ist". Offensichtlich gebe es tiefergehende Probleme in Russlands Raketenindustrie, sagte Schiller der "Welt". Ob der Fehlschlag beim Betanken mit Flüssigtreibstoff oder bei einem Sarmat-Startversuch passierte, lasse sich aktuell jedoch nicht mit Sicherheit sagen.
Russland nutzt bei der Rakete wohl sogenannte hypergole Treibstoffe, die sich direkt und selbstständig entzünden, wenn sie miteinander in Kontakt kommen. Die USA verwenden dagegen Feststofftriebwerke bei ihren aus Silos abgefeuerten Interkontinentalraketen.
Quelle: ntv.de, mpe