Erneute Gewalt in der Ostukraine Steinmeier lädt zum Krisentreffen nach Berlin
01.07.2014, 22:04 Uhr
Steinmeier ist besorgt über die Lage in Osteuropa.
(Foto: dpa)
Erneute Gewalt in der Ost-Ukraine: Die brüchige Waffenruhe hat nicht lange gehalten. Statt Frieden zu schließen, bekämpfen sich Armee und Separatisten wieder bis aufs Blut. Außenminister Steinmeier ergreift die Initiative und lädt seine Kollegen kurzfristig zum Krisengipfel nach Berlin ein.
Angesichts der Eskalation des Konflikts hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier seine Amtskollegen aus der Ukraine, Russland und Frankreich für Mittwoch zu einem kurzfristigen Treffen nach Berlin eingeladen. Russland begrüßt die Initiative, die eine abermalige Eskalation des Konflikts verhindern soll.
Aus diplomatischen Kreisen in Paris verlautete, Steinmeier werde sich mit seinem ukrainischen Kollegen Pawel Klimkin, Sergej Lawrow aus Russland und Laurent Fabius aus Frankreich am Mittwochnachmittag in Berlin treffen. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" soll es dabei vor allem darum gehen, vertrauensbildende Maßnahmen auszuhandeln, mit denen eine neue Waffenruhe in der Ukraine möglich werden könnte.
Schwere Gefechte im Osten der Ukraine
Nach dem offiziellen Ende der Waffenruhe in der Ostukraine hat die Armee ihren Einsatz gegen die prorussischen Separatisten wieder aufgenommen. Im Zuge der "Antiterror-Operation" lieferten sich Luft- und Bodenstreitkräfte schwere Gefechte mit den Aufständischen. Die Europäische Union zögert trotz der jüngsten Verschärfung der Krise mit neuen Sanktionen gegen Russland, das in Brüssel als Hauptverantwortlicher für den Konflikt betrachtet wird.

Zwei Männer betrauern völlig fassungslos den Tod ihres Freundes. Der Polizist war nur Minuten zuvor beim Sturm prorussischer Rebellen auf eine Regierungseinrichtung von Donezk tödlich verwundet worden.
(Foto: AP)
Präsident Petro Poroschenko verkündete einen ersten Erfolg der ukrainischen Armee. Den Soldaten sei es gelungen, in der Region Lugansk einen bislang von prorussischen Kämpfern kontrollierten Posten an der Grenze zu Russland zurückzuerobern, erklärte der Staatschef.
Sowohl Kiew-treue als auch prorussische Kräfte berichteten außerdem von schwerem Artilleriefeuer und Luftangriffen in den wirtschaftlich bedeutsamen Grenzregionen Lugansk und Donezk. Nach Angaben der Russland zugeneigten Stadtverwaltung von Donezk wurden dabei vier Zivilisten getötet und fünf verletzt, als ihr Bus nahe Kramatorsk ins Kreuzfeuer geriet. Laut Aussagen von Anwohnern wurden in der Stadt am Morgen außerdem fünf Menschen durch Mörsergranaten getötet. Beide Seiten bestätigten zudem schwere Panzergefechte bei den Ortschaften Karliwka und Marinka.
Ukraine "jederzeit bereit", zur Waffenruhe zurückzukehren
Poroschenko hatte die Waffenruhe für den Osten des Landes vor zehn Tagen ausgerufen, in der Nacht zum Dienstag jedoch für beendet erklärt. In einer emotionalen Ansprache an das Volk begründete er dies damit, dass sein Versuch zur Entschärfung der Lage von den Aufständischen ausgenutzt worden sei, um sich neu zu gruppieren und mit zusätzlichen Waffen aus Russland zu versorgen. Die Staatsführung sei aber bereit, "jederzeit" zur Waffenruhe zurückzukehren, wenn alle Parteien "die wesentlichen Punkte" des nach wie vor gültigen Friedensplans beachteten.
Zu diesem Plan zählen unter anderem eine Dezentralisierung der Macht und die Verabschiedung eines Verfassungszusatzes zum Schutz der russischen Sprache. Die Separatisten sollen im Gegenzug ihre Geiseln freilassen, alle besetzten Regierungsgebäude räumen und von einer Amnestie-Regelung profitieren. Zudem müsse Moskau "den Saboteuren und Waffenlieferanten" Einhalt gebieten und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa die Grenzen zwischen Russland und der Ukraine kontrollieren, forderte Poroschenko.
EU bereitet weitere Sanktionen vor
Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte in einer Rede vor Diplomaten in Moskau, Poroschenko trage ab sofort "die vollständige Verantwortung" für neue Gewalt in der Ostukraine. Die Schuld für die Gewalteskalation in der Ukraine wies er erneut dem Westen zu, der versuche, Russlands Einfluss in der Region einzudämmen. Putin verlangte Beziehungen auf Augenhöhe, die auf "gleichen Rechten und gegenseitigem Respekt" gründeten. Nach Angaben des Kremls rief der Staatschef seine Berater zusammen, um mit ihnen die "rasante Verschlechterung" der Lage in der Ukraine zu erörtern.
Die Europäische Union hatte Moskau eine Frist bis Montag gesetzt, um offene Fragen zu klären - und mit neuen Strafmaßnahmen gedroht. Am Dienstag beauftragten die EU-Botschafter nun Experten damit, "weitere Sanktionen vorzubereiten", wie EU-Diplomaten in Brüssel sagten. Bei einem erneuten Sondertreffen wollen die EU-Botschafter dann voraussichtlich am kommenden Montag entscheiden, ob die Strafmaßnahmen auch verhängt werden. Zur Debatte stehen offenbar auch diesmal wieder weitere Einreiseverbote und Kontosperren, vor Wirtschaftssanktionen schreckt die EU hingegen weiter zurück.
Quelle: ntv.de, fma/jve/AFP/dpa