Politik

Versuch der Deeskalation Streit um Kameras am Tempelberg entbrannt

Bei Ramallah kam es zu Wochenbeginn zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Truppen.

Bei Ramallah kam es zu Wochenbeginn zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Truppen.

(Foto: REUTERS)

Es klang nach einem Kompromiss, der die Lage beruhigen könnte. Doch die Installation von Videokameras auf dem Jerusalemer Tempelberg bringt neue Auseinandersetzungen hervor. Die Welle von Messerattacken reißt nicht ab.

Die angestrebte Entspannung der Lage auf dem Jerusalemer Tempelberg durch permanente Videoüberwachung hat zu neuem Streit geführt. Die für die Verwaltung des Geländes zuständige islamische Stiftung beschuldigte die israelische Polizei, die Anbringung von Kameras zu verhindern. Mit zwei erneuten Messerattacken auf Israelis ging die insbesondere durch den Streit um den Tempelberg ausgelöste Gewaltserie weiter.

Mitarbeiter der Frommen Stiftung (Wakf) hätten "am Montagmorgen mit der Installation der Kameras begonnen, aber die israelische Polizei schritt ein und stoppte die Arbeiten", erklärte die Wakf in einer Protestnote. Zwei Tage zuvor hatte US-Außenminister John Kerry in Amman angekündigt, die Konfliktparteien seien sich einig, mittels Videoüberwachung die Spannungen auf dem Hochplateau abzubauen. Dort stand bis zur Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 der Zweite Jüdische Tempel. Vor 1300 Jahren wurden der islamische Felsendom und die Al-Aksa-Moschee errichtet.

Vorschlag von Jordaniens König

"Wir verurteilen entschieden die israelische Einmischung in die Arbeit der Wakf und werten dies als Beweis dafür, dass Israel nur eigene Kameras zulassen will, die lediglich seinen Interessen und nicht der Wahrheit und Gerechtigkeit dienen", heißt es in der Erklärung weiter. Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu erklärte dazu, es sei abgesprochen, dass jordanische und israelische Fachleute koordiniert über Technik und Positionierung der Kameras entscheiden. Israel sei bereit, diesen Prozess unverzüglich zu beginnen.

Der Vorschlag zur 24-stündigen Videoüberwachung des Geländes kam von Jordaniens König Abdullah II., dessen Aufsicht die Fromme Stiftung für die muslimischen Stätten in Jerusalem unterstellt ist. Die Kameras sollen als Abschreckung dienen, um auf dem Tempelberg Provokationen sowohl von radikalen Palästinensern als auch von nationalreligiösen Juden zu unterbinden, die das für Nicht-Muslime geltende Gebetsverbot missachten. Der Direktor der Wakf, Scheich Asam al-Chatib, sagte, die Entscheidung, bereits am Montag Kameras anzubringen, sei von König Abdullah selbst gekommen.

Weitere Messerangriffe

Der Konflikt um den Tempelberg ist einer der Auslöser der seit Monatsbeginn nahezu täglichen Attacken von Palästinensern auf Israelis mit Messern und in Einzelfällen mit Schusswaffen. So verletzte am Morgen bei Hebron ein etwa 20-jähriger Palästinenser einen 19-jährigen Israeli mit einem Messer schwer im Nacken, bevor er nach Armeeangaben von Soldaten erschossen wurde. Am Nachmittag wurde laut Armee in Hebron ein 19-jähriger Palästinenser nach einem versuchten Messerangriff auf einen Soldaten erschossen. Dieser Vorfall ereignete sich in der Altstadt am Grab der Patriarchen, wo bereits am Vortag eine 17-jährige Angreiferin erschossen worden war. In der Nähe von Hebron erschossen Soldaten außerdem einen 17-jährigen Palästinenser bei gewaltsamen Zusammenstößen.

Seit Monatsbeginn wurden acht Israelis bei Anschlägen getötet. Im gleichen Zeitraum starben bei Attacken oder Protesten 55 Palästinenser und ein arabischer Israeli. Etwas mehr als die Hälfte von ihnen waren erwiesene oder mutmaßliche Attentäter. Zugleich wurden laut einer Statistik des Palästinensischen Gefangenen-Klubs bei Razzien seit dem 1. Oktober mehr als tausend Palästinenser und arabische Israelis festgenommen, die meisten zwischen 15 und 25 Jahren alt. Im Zuge der Unruhen seien in Israel selbst 160 Angehörige der arabischen Minderheit festgenommen worden, heißt es.

Quelle: ntv.de, mli/AFP

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