USA befürchten Massaker in Aleppo Syrien-Krieg vor neuer Eskalation
26.07.2012, 22:29 Uhr
In Assas, nur wenige Kilometer vor Aleppo, haben die Kämpfe deutliche Spuren hinterlassen.
(Foto: REUTERS)
In der syrischen Wirtschaftsmetropole Aleppo bereiten sich Assads Truppen offenbar darauf vor, die Rebellion mit aller Härte niederzuschlagen. Nach US-Informationen konzentrieren die Regierungstruppen massiv ihre Kräfte vor der Stadt. Derweil versucht ein übergelaufener General, die zerstrittene Opposition zu einen.
Die USA befürchten, dass Assad den Aufstand in Aleppo blutig niederschlagen wird. "Wir machen uns Sorgen, dass wir in Aleppo ein Massaker erleben werden, und es scheint, dass sich das Regime dafür in Stellung bringt", sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Victoria Nuland. Sie verwies auf Berichte über Panzerkolonnen, die sich auf Aleppo hinbewegten, sowie Angriffe durch Hubschrauber. Dies stelle eine ernste Eskalation der Bemühungen der syrischen Regierung dar, die Rebellion niederzuschlagen. "Wir machen uns große Sorgen, zu was sie in Aleppo fähig sind."
Zugleich schloss die Sprecherin ein militärisches Eingreifen der USA aus. Die Lösung sei nicht mehr Gewalt, sondern ein Ende der Gewalt und der Beginn eines politischen Übergangsprozesses. Die syrische Armee hat in der Wirtschaftsmetropole Aleppo wie auch in der Hauptstadt Damaskus ihren Druck auf die Rebellen massiv erhöht.
Tlass verhandelt in der Türkei
Derweil traf mit Brigadegeneral Manaf Tlass einer der ranghöchsten Überläufer der syrischen Armee in der türkischen Hauptstadt Ankara ein. Nach Angaben des dortigen Außenministeriums traf er sich mit Außenminister Ahmet Davutoglu. Inhaltliche Details über das Treffen wurden zunächst nicht bekannt.
In einem Interview kündigte Tlass zuvor an, die zersplitterte und zerstrittene Opposition Syriens einigen zu wollen. Nach eigener Aussage ist er mit Regierungsgegnern innerhalb und außerhalb des Landes mit dem Ziel eines Machtwechsels im Gespräch. Er bemühe sich außerdem um die Unterstützung Saudi-Arabiens und anderer Länder, sagte der einst mit Präsident Baschar al-Assad befreundete Offizier in einem Zeitungsinterview.
"Ich bin bereit zur Zusammenarbeit mit jeder ehrenwerten Person, die Syrien wiederaufbauen will - sei es im Nationalrat, sei es in der Freien Syrischen Armee", sagte Tlass der saudiarabischen Zeitung "Aschark al-Awsat". Der Sunnit gehörte zum zumeist aus Alawiten bestehenden inneren Zirkel um den Staatschef. Der zur Republikanischen Garde zählende hohe Offizier war Anfang Juli außer Landes gegangen. Er sehe seine Rolle nicht darin, Syrien für eine Übergangsperiode zu führen, wandte sich Tlass gegen entsprechende Spekulationen.
Süden von Damaskus heftig umkämpft
Die Möglichkeit, Assad durch Kräfte im Inneren zu stürzen, schätzte Tlass als gering ein. "System und Struktur des Regimes machen einen Putsch sehr schwierig." Allerdings habe Assad in Syrien keine Zukunft.
Die Großstädte Damaskus und Aleppo lagen derweil weiter unter Feuer der Regierungstruppen, die zur Gegenoffensive gegen die Rebellen übergegangen sind. Allein in Aleppo kamen nach Angaben von Regierungsgegnern 24 Menschen zu Tode. Landesweit waren es am Donnerstag 121.
In Damaskus konzentrierten sich die Kämpfe auf den Süden der Hauptstadt. Dort seien Granaten im Minutentakt eingeschlagen, berichteten Anwohner. Am Himmel kreisten Hubschrauber. Den Truppen von Präsident Assad ist es offenbar gelungen, die Rebellen in Damaskus zurückzudrängen. Die Aufständischen haben dagegen nach eigener Aussage die Hälfte Aleppos unter Kontrolle, was aber von unabhängiger Seite nicht nachgeprüft werden kann. Das staatliche Fernsehen berichtete, die Armee stelle in und um Aleppo Sicherheit und Ordnung wieder her.
Flüchtlinge leiden
Frankreich forderte Russland und China indessen wegen der Kämpfe in Aleppo zum Einlenken im UN-Sicherheitsrat auf. Er hoffe, dass beide Mächte den weltweiten Ruf vernähmen, das Töten zu beenden, sagte Außenminister Laurent Fabius in Warschau. Die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats müssten ihre Verantwortung wahrnehmen. Russland und China hatten in dem Gremium drei Syrien-Resolutionen mit ihrem Veto zu Fall gebracht.
Die Türkei hat wegen der Intensität der Kämpfe die Grenze nach Syrien für den Wirtschaftsverkehr geschlossen, lässt aber Flüchtlinge weiter ins Land. Regierungschef Recep Tayyip Erdogan droht mit einem Militäreinsatz gegen Mitglieder der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) auf syrischem Boden. Assad habe den an die Türkei grenzenden Norden des Landes PKK-Kämpfern "anvertraut", sagte Erdogan im Fernsehsender Kanal 24. Erdogan hält es für eine "Selbstverständlichkeit" und Teil der Verteidigungsstrategie seines Landes auch dort gegen die Arbeiterpartei vorzugehen.
Die Situation in den Flüchtlingslagern wird wegen der Sommerhitze und des Fastenmonats Ramadan derweil immer schwieriger. Viele Syrer klagen über schlechte Lebensbedingungen und Misshandlungen durch die türkischen Behörden. Vereinzelt kam es bereits zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Derzeit leben 46.000 Flüchtlinge in acht Zeltlagern, 12.000 sind in Fertigbauten untergebracht.
Quelle: ntv.de, rts