Komplizierte Dreiecksbeziehung mit USA und Karsai Taliban strotzen vor Selbstbewusstsein
26.06.2013, 09:53 Uhr
Die Taliban sind vom einst geächteten Feind wieder zum Verhandlungspartner der USA geworden.
(Foto: REUTERS)
Die Taliban nutzen jede Gelegenheit zur Provokation. Die eine Gruppe tötet Bergsteiger am Nanga Parbat, um US-Angriffe zu rächen, eine andere überfällt den Präsidentenpalast und ein CIA-Büro in Kabul. Doch sie können sich ihrer Bedeutung sicher sein - die Amerikaner wollen Frieden.
Die Taliban strotzen vor Selbstbewusstsein. An ihnen führt in Afghanistan kein Weg mehr vorbei, sie selbst wissen das am besten. Dass die US-Amerikaner nun mit ihnen verhandeln wollen, wäre vor einigen Jahren noch ein Tabubruch gewesen. Doch längst ist klar, dass ohne die Islamisten kein Frieden in Afghanistan möglich ist.
Sie können es sich erlauben, zu provozieren. Erst am Dienstag griffen sie Karsais Präsidentenpalast in Kabul an. Ihr Angriff galt aber nicht nur dem afghanischen Präsidenten, sondern auch einem Büro der CIA. Am Wochenende ermordet eine Talibangruppe mehrere ausländische Bergsteiger am Nanga Parbat. Das Motiv: Rache für US-amerikanische Drohnenangriffe. Trotz dieser Provokation wollen die US-Amerikaner noch immer mit den Taliban über Frieden reden. Denn Washington will raus aus Afghanistan und das Land einigermaßen friedlich hinterlassen.
Es ist eine äußerst komplizierte Dreierbeziehung, die sich da zwischen den USA, den Taliban und der Karsai-Administration entwickelt hat. Heimlich, still und leise soll nun ein Frieden hergestellt werden, der es US-Präsident Obama ermöglicht, den Afghanistan-Feldzug noch als Erfolg hinzustellen.
Großes Ego der Taliban
Denn nur wenn das Land am Hindukusch auch ohne Isaf-Schutzmacht einigermaßen zur Ruhe kommt, ließe sich der Truppenabzug rechtfertigen. Falls dies nicht passiert, hätten die US-Amerikaner und ihre Verbündeten über ein Jahrzehnt Krieg geführt, ohne allzu viel zu erreichen. Sie wären gescheitert. Danach sieht es schon jetzt aus – von Frieden ist Afghanistan weit entfernt.
Das große Ego der Taliban zeigt sich auch in einer Posse um ein Verbindungsbüro in Doha. Von diesem Büro im Emirat Katar wollen sie die Friedensgespräche mit den USA führen. Doch statt einfach nur ein neutrales Türschild aufzuhängen, stellten sie das Büro als Sitz einer Exilregierung dar. So hissten sie die alte Flagge Afghanistans aus der Zeit ihrer Herrschaft in dem Land und bezeichneten das Büro als Vertretung des "Islamischen Emirats Afghanistans" – der offiziellen Bezeichnung des Staates unter ihrer Herrschaft zwischen 1996 und 2001.
Karsai schäumte vor Wut, als er davon erfuhr, sogleich intervenierten die USA bei der Regierung Katars und erreichten, dass die Taliban ihre Vertretung neutraler gestalteten. Nun haben Karsai und Obama miteinander telefoniert. Der US-Präsident überzeugte den Afghanen offenbar, das Büro der Taliban anzuerkennen. Diese Kuh ist also erst einmal vom Eis. Damit können die Gespräche mit den Taliban beginnen.
Nächste Provokation Frage der Zeit
Die Gespräche könnten das Verhältnis zwischen Karsai und den US-Amerikanern weiter belasten. Denn der afghanische Präsident ist äußerst erbost darüber, dass Washington selbst die Führung bei den Verhandlungen der Taliban übernehmen will, denn die beansprucht Karsai für sich. Das stärkt nicht gerade seine Autorität.
Folgerichtig hat er Gespräche mit den USA über ein Sicherheitsabkommen abgebrochen. Angesichts solcher Unstimmigkeiten wirkt die Allianz zwischen den USA und Afghanistan alles andere als unverbrüchlich. All das dürfte das Selbstbewusstsein der Taliban weiter in die Höhe treiben. Sie lauern auf ihre Chance. Ihre nächste Provokation ist nur eine Frage der Zeit.
Quelle: ntv.de, mit AFP/dpa